Digitalisierung ist mehr als nur künstliche Intelligenz
Am Computational Life Sciences Day 2025 «Beyond Digitalization: Automation, Simulation and Robotics in Life Sciences» der ZHAW präsentierten Expertinnen und Experten aus den Disziplinen der künstlichen Intelligenz (KI), Digitalisierung und der Life Sciences neueste Entwicklungen und Anwendungen. Wichtiges Thema dabei waren digitale Zwillinge und Roboter.
Das Institut für Computational Life Sciences (ICLS) hatte am 8. Januar 2025 zum Computational Life Sciences Day eingeladen. Unter den über 150 Teilnehmenden waren Vertreter aus den Bereichen Gesundheitswesen, Pharmazie, Biotechnologie, Agro-Food, Umwelt sowie Hardware- und Softwareentwicklung. Institutsleiter Thomas Ott wies in seiner Begrüssung darauf hin, dass der Fokus auf KI – und insbesondere Large Language Models LLM – viel zu eng sei, und plädierte dafür, darüber hinauszuschauen. In diesem Sinne sei der Titel der Veranstaltung zu sehen. Zwei Themen spielten denn auch neben KI in vielen Referaten wichtige Rollen: Digitale Zwillinge, also digitale Abbildungen von realen Objekten oder Prozessen, und Roboter.
Modelle brauchen Pflege – durch menschliche Intelligenz
Lukas Hollenstein, Leiter des Forschungsschwerpunkts Digital Labs & Production an der ZHAW, sprach in seinem Keynote-Referat zu «Modelling Lab & Production Systems with Human and Artificial Intelligence» (Modellieren von Labor- und Produktionssystemen mit menschlicher und künstlicher Intelligenz) und nahm das Thema der digitalen Zwillinge gleich auf. Diese entwickeln sich immer weiter und sind sehr nützlich, z.B. für eine vorausschauende Wartung von Produktionssystemen. Konkret zeigte er an einem digitalen Zwilling eines Bioreaktors, woran die einzelnen Gruppen in seinem Forschungsschwerpunkt arbeiten. Dabei betonte er, dass immer ein Modell involviert sei und dieses gepflegt werden müsse. Dazu brauche es die menschliche Intelligenz. Neben dem Beispiel des Bioreaktors präsentierte Lukas Hollenstein auch Beispielprojekte aus dem Lebensmittelbereich, so zur Lieferkette von Kakaomasse oder von Weizen.
Im Anschluss an das Keynote-Referat kamen vier Vertreterinnen bzw. Vertreter aus der Industrie zu Wort. Im ersten Referat ging Thomas Zaugg von Roche auf die Herausforderungen für die Robotik ein, die sich bei einer fortschreitenden Automatisierung bis hin zum intelligenten Labor stellen. Heute gebe es noch zu viele Insellösungen, die verbunden werden müssten. Er beleuchtete auch den interessanten Aspekt, dass Roboter in Labors unterschiedlich im Einsatz sein können, ob nun tagsüber im Zusammenspiel mit Menschen oder nachts autonom. Alexander Blass von Neura Robotics präsentierte kognitive Roboter als Trumpfkarte für den Menschen. Denn diese würden im Unterschied zu anderen Robotern den Menschen nicht wie eine Maschine behandeln, sondern als Menschen.
Dabei stellte er die entscheidende Frage, was wir eigentlich von KI wollen, und beantwortete sie am plakativen Beispiel der Abfallentsorgung. Generative KI liefere nur Ratschläge. Gefragt wären aber intelligente Assistenten, die den Menschen überall und jederzeit unterstützen, also den Abfall dann auch gleich entsorgen. Mit Ahmad Asraf und Bruno Olivera von der Firma Bioengineering ging es in die Welt der Bioreaktoren bzw. dessen digitale Zwillinge. Unterstützung erhielten sie in ihrem Referat von Muriel Zumbihl, die im Rahmen ihrer ZHAW-Master-Arbeit an digitalen Zwillingen von Bioreaktoren und der Schnittstelle zum Prozess, der im Bioreaktor laufen soll, gearbeitet hat. Im letzten Referat präsentierte Angela Botros von DataHow ihren Ansatz des hybriden Modellierens. Biologische Prozesse sind sowohl zu komplex für reine Simulationen als auch zu aufwändig, um genügend Daten für datengetriebenes maschinelles Lernen zu nutzen. Deshalb kombinieren sie beides zu hybridem Modellieren.
Präsentation aus dem Institut und von seinen Studierenden
Präsentationen aus den Forschungsgruppen des Instituts für Computational Life Sciences beziehungsweise ihrer Forschungspartner bildeten den zweiten Teil des Symposiums. Dabei kamen auch zwei Studierende (Bachelor und Master), eine Doktorandin und zwei Alumni zu Wort. Die vorgestellten Arbeiten zeigten die Breite der Studiengänge – von Rasenmährobotern über computergestütztem Enzymdesign bis zu ereignisbasierten Kameras.
Bei den Forschungsgruppen startete Maria Anisimova vom Centre for Bioinformatics und stellte aktuelle Forschungsprojekte zu Biomarkern vor. Begleitet wurde sie von Julien Duc von Nexco Analytics, die Datenanalysen als Service anbieten. Er präsentierte mögliche gemeinsame Projekte für Studierende. Für das Centre for Computational Health referierte Sebastiano Caprara vom Universitätsspital Balgrist Zürich. Er zeigte, wie durch ein agiles Framework die klinische Forschung mit digitalen Zwillingen im Bereich der Orthopädie beschleunigt werden soll. Yulia Sandamirskaya vom Centre for Cognitive Computing beleuchtete die Fragen, wo wir bei Assistenzrobotern technologisch heute stehen und was für einen Durchbruch noch nötig ist. Für das Centre for Digital Labs and Production präsentierte Robert Vorburger, wie dank agentenbasierten KI-Systemen die Integration von generativer KI in Labor und Produktion gelingen kann. Der Forschungspartner PRORES gestaltete mit René Puls den Abschluss. Dieser wies auf die aufregenden Entwicklungen in der kommerziellen Raumfahrt hin. Starlab Space werde in Dübendorf einen von weltweit drei Science Parks aufbauen und unter anderem als kommerzielle Plattform für Forschung und Produktion im Life Science Bereich entwickelt.
Quelle: www.zhaw.ch