Nachhaltige Finanzanlagen: Bundesrat will mehr Transparenz
Der Finanzplatz Schweiz soll ein global glaubwürdiger Standort für Anlegerinnen und Anleger sein, die einen vergleich- und messbaren Beitrag zu Gunsten der Umwelt und Gesellschaft leisten wollen. Dafür hat der Bundesrat soeben verschiedene Massnahmen beschlossen.
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Finanzminister Ueli Maurer hat es an der Uno-Klimakonferenz in Glasgow verkündet: Der Schweizer Finanzplatz solle bezüglich Nachhaltigkeit eine führende Rolle einnehmen. Deshalb empfiehlt der Bundesrat jetzt den Finanzmarktakteuren, mit Hilfe von vergleichbaren und aussagekräftigen Klimaverträglichkeits-Indikatoren Transparenz bei allen Finanzprodukten und Kundenportfolien zu schaffen. Dies könne beispielsweise mit impliziten Temperatur-Kennzahlen erfolgen: Dabei werden die Produktionspläne der in den Portfolien enthaltenen Firmen mit einer Entwicklung verglichen, die nötig ist, um die maximale Erwärmung auf 1,5°Grad Celsius zu begrenzen. Solche Indikatoren vermitteln Anlagekundinnen und -kunden in einfacher Weise, wie Finanzprodukte punkto Klimawirkung einzustufen sind, wie es in der bundesrätlichen Mitteilung heisst. Zudem legt der Bundesrat der Finanzbranche nahe, internationalen «Netto-Null Allianzen» beizutreten; dahingehende Branchenvereinbarungen seien anzustreben. Netto null bedeutet, dass global nicht mehr Treibhausgase ausgestossen werden dürfen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können.
Einheitliche Definitionen fördern
Wenn Kundinnen und Kunden von Finanzinstituten bezüglich nachhaltiger Eigenschaften von Finanzprodukten und Beratungsprozessen wissentlich oder unwissentlich getäuscht oder irregeführt werden, wird von Greenwashing gesprochen, wie der Bundesrat ferner betont. Deshalb sei es sinnvoll, einheitliche Definitionen von Nachhaltigkeitswirkungen zu fördern. Dabei solle die subsidiäre Rolle des Staates möglichst bestehen bleiben. Da die Schweiz im Klimabereich mit dem Übereinkommen von Paris Verpflichtungen für den Finanzmarkt eingegangen sei, sei ein initialer Fokus auf Klimawirkungen sinnvoll. Dieser Fokus stehe im Einklang mit internationalen Entwicklungen, beispielsweise der G20 und der EU.
Allenfalls Finanzmarktrecht anpassen
Der Bundesrat hat ferner das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, ihm in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) bis Ende 2022 darzulegen, inwiefern die Finanzbranche die oben erwähnten Empfehlungen umgesetzt hat und ihm bei Bedarf Vorschläge für Massnahmen zu unterbreiten. Schliesslich wurde das EFD beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Uvek und der Finanzmarktaufsicht Finma bis Ende 2022 gegebenenfalls vorzuschlagen, wie das Finanzmarktrecht – insbesondere bezüglich Transparenz – angepasst werden könnte, um Greenwashing zu vermeiden.
Grundsätzlich positiv, aber …
Und was sagt Greenpeace Schweiz zu den bundesrätlichen Massnahmen? Larissa Marti, Greenpeace-Expertin Klima und Finanzwirtschaft, sagt: «Der Bundesrat anerkennt die Wichtigkeit des Schweizer Finanzplatzes im Kampf gegen die Klimakrise und zeigt mögliche Massnahmen auf, wie der Finanzmarkt nachhaltiger werden kann. Er anerkennt zudem, dass die Finanzinstitute konkreter und ganz gezielt auf die Erreichung der Pariser Klimaschutzziele hinarbeiten müssen. Ebenso ortet er Handlungsbedarf bezüglich Transparenz und Vergleichbarkeit von Finanzprodukten. Dies alles ist positiv zu werten. Doch der Bundesrat verpasst es, das Zepter in die Hand zu nehmen und die als am wirksamsten identifizierten Massnahmen rasch umzusetzen und verbindlich zu erklären. Damit sendet er ein falsches Signal. Die Dringlichkeit der Klimakrise erfordert sofort wirkungsvolle Massnahmen. Der Schweizer Finanzplatz ist den Beweis bisher schuldig geblieben, dass er fähig ist, seine Geschäfte mit dem erforderlichen Tempo freiwillig auf Klimakurs zu bringen. Es braucht eine regulierende Politik.»
Regelmässiger Klimatest für den Schweizer Finanzmarkt
Eine wichtige Grundlage des Berichts (siehe unten) bildet der freiwillige PACTA-Klimatest für Finanzinstitute. PACTA steht für «Paris Agreement Capital Transition Assessment», das ist ein international abgestimmtes Testmodell. Zuletzt hat sich 2020 der gesamte Schweizer Finanzmarkt auf Initiative des Bundesamts für Umwelt und in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen auf Klimaverträglichkeit testen lassen. Der Klimatest habe gezeigt, dass es noch mehr konkreter Massnahmen der Finanzbranche bedürfe, damit der Finanzplatz seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leiste. Der nächste freiwillige PACTA-Klimatest wird im Frühjahr 2022 lanciert.
Siehe auch Bundesratsbericht „Wie kann die Schweiz die Finanzmittelflüsse klimaverträglich ausrichten?“