Coronavirus im Abwasser: Entdeckung könnte zu Frühwarnsystem führen
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet haben niederländische Wissenschaftler Coronaviren im Abwasser von Amersfoort nachgewiesen – und das noch bevor man dort die ersten Infektionen in der Stadt südöstlich von Amsterdam gemeldet hat. Das deute darauf hin, dass das Abwasser als Frühwarnsystem für die Krankheit COVID-19 dienen könnte.
Wie das Schweizer Radio und Fernsehen SRF heute in einer Meldung berichtet, untersucht auch die Eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, schon seit dem ersten Tag der Verbreitung des Sars-VoV-2 Abwasser für die Entwicklung eines Frühwarnsystems:
Am 24. Februar wurde bekannt, dass im Tessin die erste Person an einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus erkrankt war. Noch am selben Tag startete das Forscherteam um Christoph Ort mit seiner Arbeit. Seither hätten die neun grössten Kläranlagen im Tessin täglich eine Wasserprobe von einem Liter entnommen, sagt der Umweltingenieur der Eawag, «Jetzt lagern schon mehr als 300 Proben in unseren Gefrierräumen.»
Die Schweizer Forscher sind zuversichtlich, dass es gelingt, das Virus nicht nur im Wasser festzustellen, sondern dass es sich auch quantifizieren lässt. Im Idealfalls könnte noch 2020 abgeschätzt werden, wie viele Menschen in etwa mit Sars-CoV-2 infiziert sind. Allerdings bräuchte man hier ein offizielles, schweizweites Messsystem. Laut Eawag bräuchte es für ein Sars-CoV-2-Frühwarnsystem ein Netz von 19 grossen Kläranlagen, die in der ganzen Schweiz verteilt sind.
So erhielte man Auskunft über die Ausscheidungen von 2,5 Millionen Menschen in der Schweiz.
Wie gelangt das Virus ins Abwasser?
Eine infizierte Person scheidet das Virus mit ihrem Stuhl aus. Die rasche Verbreitung des Virus werde demnach auch die Menge in Kanalisationen erhöhen. Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass sich das Abwasser zu einem wichtigen Übertragungsweg der Krankheit entwickelt, erklären Mikrobiologe Gertjan Medema und seine Kollegen vom Wasserforschungsinstitut KWR in Nieuwegein gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Bloomberg.
Abwasserüberwachung als Frühwarnsystem möglich?
“Es ist wichtig, Informationen über das Auftreten und den Verbleib dieses neuen Virus im Abwasser zu sammeln, um zu verstehen, ob kein Risiko für die Abwasserarbeiter besteht, aber auch, um festzustellen, ob die Abwasserüberwachung zur Überwachung der Zirkulation von Sars-CoV-2 in unseren Gemeinden genutzt werden könnte“, erklärte Medema zudem in einem veröffentlichten Bericht.
Er fügte hinzu: “Das könnte die derzeitige klinische Überwachung ergänzen, die auf die Covid-19-Patienten mit den schwersten Symptomen beschränkt ist.“ Forscher vermuten nämlich schon lange, dass die Dunkelziffer der Coronavirus-Infizierten weitaus höher ist als man durch Testungen bestätigen kann.
Der Bericht der niederländischen Forscher sei der erste über den Nachweis von Sars-CoV-2 in Abwässern, hiess es ausserdem. Die Abwasserüberwachung funktioniert aber bereits bei der Überwachung von anderen Viren wie etwa dem Poliovirus. So könne das Abwasser als Frühwarnsystem für das Auftauchen und Wiederauftauchen des Coronavirus in Städten dienen, erklärten die Wissenschaftler.
Bereits Schnelltests entwickelt
Die Erkenntnis haben sich auch englische und chinesische Wissenschaftler zunutze gemacht. Sie entwickelten nämlich einen Schnelltest, mit dem sich Coronaviren im Abwasser nachweisen lassen. Wie scinexx berichtet, möchten Zhugen Yang von der Cranfield University in Großbritannien und seine Kollegen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften damit ermitteln, ob es Covid-Patienten in einem Gebiet gibt und damit schnell weitere Tests, Quarantäne und andere Gegenmassnahmen ermöglichen.