Mit Pflanzenkohle CO2 im Boden speichern
Bauern sollen Pflanzenresten verkohlen und als Bodenverbesserer nutzen. Damit wird die Fruchtbarkeit der Erde erhöht und Kohlenstoff dauerhaft im Boden eingelagert. Zwei KMU stellen ihre Prototypen von Verkohlungsanlagen vor, welche die Bedürfnisse der Schweizer Landwirtschaft decken sollen.
Ein Fass mit Kamin – so sieht der Prototyp aus, mit dem André Van der Veken die Schweizer Landwirtschaft revolutionieren will. «Er ist nicht schön, aber er funktioniert», sagt der Gründer der Firma Carboforce stolz. Das Fass ist in seinem Innenleben einiges komplexer als es aussieht. Es ist ein hoch moderner Ofen, der gemischte Pflanzenabfälle ohne Sauerstoff verkohlt und kaum Abgase produziert.
Das Verfahren nennt sich Pyrolyse und erlebt im Bereich der Pflanzenkohle derzeit einen grossen Aufschwung. Ziel von André Van der Veken und seiner Firma Carboforce ist die Entwicklung einer kostengünstigen Pyrolyse-Anlage für Landwirtschaftsbetriebe. Nun gilt es, die Handhabung des Prototypen zu vereinfach und ein Gehäuse zu entwerfen, welches das Fass als Hülle des Ofens ersetzt. Finanzielle Unterstützung erhält das KMU im neuenburgischen Cernier von der Klimastiftung Schweiz.
Dreifache Verwendung
Pflanzenkohle ist porös wie ein Schwamm. Verbrannt wird sie nicht. Stattdessen findet sie in der Landwirtschaft mehrfache Verwendung: Erstens mischen Bauern Pflanzenkohle dem Tierfutter bei – das erleichtert den Tieren die Verdauung. Zweitens wird der Einstreu in den Ställen und der Gülle Kohle zugefügt, damit weniger Ammoniak und Methangas entweicht. Drittens wird Pflanzenkohle in die Erde gepflügt, wodurch der Boden mehr Wasser und Nährstoffe aufnehmen kann.
Kohlehaltige Erde ist sehr fruchtbar und war bereits den Ureinwohnern im Amazonasgebiet vor über 1000 Jahren bekannt. Sie konnten dank der sogenannten «Terra Preta» ihre Erträge wesentlich steigern. In einigen afrikanischen Ländern wird Kohle bis heute erfolgreich als Bodenverbesserer eingesetzt.
Altes Wissen neu entdeckt
Die westliche Welt entdeckt die Kohle zusammen mit dem modernen Pyrolyse-Verfahren neu. Universitäten auf der ganzen Welt erforschen das Thema Pflanzenkohle oder englisch «Biochar». Im Bundesstaat Oregon in den USA startet am 22. August eine viertägige Biochar-Konferenz. Im Oktober ist in Südkorea bereits die dritte asiatisch-pazifische Pflanzenkohle-Konferenz geplant.
Auch in der Schweiz vernetzen sich Forschung, Entwicklung und Landwirtschaft: Im November 2015 wurde am Ökozentrum in Langenbruck das «CharNet» gegründet, ein Netzwerk von Akteuren, die im Bereich der Pflanzenkohle tätig sind. Die Bundesämter für Landwirtschaft und Umwelt planen im September 2016 einen runden Tisch mit Wissensträgern zum Thema.
Bereits 2010 wurde das Biochar Science Netwok vom Delinat-Institut im Wallis und der Universität Zürich gegründet. Weitere Hochschulen und Forschungsinstitute in Europa haben sich dem Netzwerk angeschossen. Dieses hat sich massgeblich daran beteiligt, in Europa Richtlinien für die Qualität von Pflanzenkohle zu etablieren. Die Sicherstellung der Qualität ist denn auch eines der Hauptthemen bei der Diskussion um die Pflanzenkohle in der Schweiz. Ausserdem im Fokus stehen die Lancierung neuer Forschungsprojekte und die Bewilligungspraxis für den Einsatz der Pflanzenkohle in der Landwirtschaft.
Chance für Klimaschutz und Wirtschaft
Die Klimastiftung Schweiz unterstützt KMU, die etwas für den Klimaschutz tun. Seit fünf Jahren gehören dazu auch Projekte im Bereich der Pflanzenkohle. Im Zuger Berggebiet haben sich beispielsweise mehrere Landwirte zusammengeschlossen, um in einer grösseren Anlage Pflanzenkohle herzustellen. Die Stiftung beteiligte sich an den Investitionen.
«Die Herstellung der Pflanzenkohle auf dem eigenen Hof ist für viele Bauern noch zu teuer», sagt Vincent Eckert, Geschäftsführer der Stiftung. Die Nachfrage nach guten und kostengünstigen Anlagen sei gross. Von der Klimastiftung Schweiz unterstützt werden deshalb auch Schweizer KMU, die Pyrolyse-Anlagen entwickeln. Die Stiftung ist eine freiwillige Initiative von renommierten Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz und in Liechtenstein. Ihr Ziel ist, gleichzeitig den Klimaschutz zu fördern und die einheimische Wirtschaft zu stärken.
Herstellung direkt auf dem Hof
Für die Schweizer Landwirtschaft sind kleinere Geräte gefragt als im Ausland, damit Pflanzenkohle dezentral auf den Bauernhöfen direkt hergestellt werden kann. Neben Carboforce von André Van der Veken unterstützt die Klimastiftung Schweiz auch die Firma Kaskad-E in Basel bei der Entwicklung eines Prototypen für Bauernhöfe.
Der Geschäftsleiter Stephan Gutzwiller verkauft bereits seit einigen Jahren kleine Pyrolysegeräte für den Hobby-Gebrauch. Nun hat er grössere Pläne: «Meine Vision ist, dass jeder Schweizer Bauernhof selber Pflanzenkohle herstellt», sagt er. Sein Prototyp ist mit einem Wärmetauscher verbunden, der die Abwärme der Kohleproduktion zum Heizen nutzbar macht. Eine Erweiterung, die beim Projekt Carboforce ebenfalls geplant ist. Stephan Gutzwiller von Kaskad-E sucht nun einen Landwirtschaftsbetrieb, der seinen Prototypen unter realen Bedingungen testet.
Boden als Kohlenstoff-Speicher
Die Klimastiftung Schweiz sieht in der Pflanzenkohle ein grosses Potenzial für den Kampf gegen den Klimawandel. «Der Boden ist der grösste Kohlenstoff-Speicher der Erde und damit ein sehr wichtiger Faktor beim Klimaschutz», erklärt Vincent Eckert. Mit dem Klimawandel verändert sich aber auch der Boden. Die Humusschicht nimmt ab, Kohlenstoff entweicht und der Boden kann weniger Wasser speichern. Pflanzenkohle wirkt diesen Tendenzen entgegen. «Ein Teil des Kohlenstoffs, den die Pflanzen aus der Luft gefiltert haben, bleibt gebunden und kann dauerhaft im Boden eingelagert werden», sagt Vincent Eckert und ergänzt: «Gleichzeitig verbessert sich die Fähigkeit des Bodens, Wasser und Nährstoffe aufzunehmen, was den Bauern einen direkten Nutzen bringt.»
(Text: Klimastiftung Schweiz)