SCSD 2025: Quantensicherheit und Jugendschutz im Fokus
Am 18. und 19. Februar 2025 fanden in Bern die Swiss Cyber Security Days (SCSD) statt. Das Motto lautete: „Eye of the Cyber“. Eine jährlich durchgeführte Auswertung der Cybersicherheitslage in der Schweiz zeigte erneut: Es ist noch viel Arbeit nötig.

Manch ein Besucher könnte die diesjährigen Swiss Cyber Security Days mit einem mulmigen Gefühl verlassen haben: Sind meine Passwörter noch sicher? Kann ich dem E-Banking noch vertrauen? Und welche Tinder-Profile sind echt und welche fake? Die Bedrohungslage ist im Vergleich zu früheren Jahren noch vielfältiger geworden. Programmdirektor Nicolas Mayencourt betonte bei seiner Eröffnungsrede, dass die Cybersicherheitslage alarmierend ist: «Die Technologie entwickelt sich exponentiell, unser Denken ist linear. Wir müssen dringend handeln und die digitale Zukunft mutig gestalten – ein sicherer Cyberraum und souveräner Umgang mit Technologie werden zum entscheidenden Erfolgsfaktor.»
«Demokratisierung» von neuen Technologien
Dass der Umgang mit Technologie längst nicht so souverän ist, wie es scheint, untermauerte etwa Jean-Marc Rickli vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik. Er zeigte, wie der Segen der technologischen Entwicklung unschwer auch zu einem Fluch werden kann. 3D-Druck? Eine tolle Sache für das Prototyping oder die Herstellung spezieller Bauteile für die Industrie. Aber auch ein Weg, um mal schnell eine funktionstüchtige Waffe aus Kunststoff herzustellen, die jeden Metalldetektor überlistet und «nach Gebrauch» leicht wieder entsorgt werden kann. Oder eine Drohne mit Gesichtserkennungssoftware auszurüsten und diese auf ein entsprechend «personalisiertes» Ziel loszulassen, auch das ist mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich. Kriegsführung ist auf diese Weise nicht mehr allein eine Sache von Armeen geworden.
Ähnlich auch im Cyberspace: Da geht es längst nicht mehr nur um Phishing-Mails oder andere Betrugsmaschen. Die KI eröffnet neue Möglichkeiten, vor allem auch für die Desinformation. Die Fortschritte bei sog. Deep Fakes sind immens und führen zu einem immer hemmungsloseren Einsatz – sowohl von Kleinkriminellen als auch von staatlichen Institutionen, wie Beispiele aus dem Ukraine-Krieg oder dem Konflikt im Gazastreifen zeigen. Jean-Marc Rickli ortet eine grosse Gefahr darin, dass Menschen letztlich keinen Informationen mehr trauen könnten. «Der Sozial-Vertrag zwischen Bürgern und der Demokratie ist bedroht», so der Experte. «Weapons of Mass Distruction» würden von «Weapons of Mass Disinformation» abgelöst.
Kinder und Jugendliche besser schützen
Eine eher dystopische Welt, in der auch die junge Generation aufwachsen muss. Kinder und Jugendliche sind immer mehr Gefahren im Cyberraum ausgesetzt, hielten Regula Bernhard Hug, Leiterin der Geschäftsstelle Kinderschutz Schweiz, und Christian Brenzikofer, Kommandant der KAPO Bern an einer Medienkonferenz vor Ort fest. Die zunehmende Onlinesucht von Jugendlichen aber auch die steigenden Fälle von Sextortion und Pädokriminalität, beschäftigt die Fachstelle und auch die Behörden. «Im Kanton Bern bearbeitet die KAPO Bern zwischen 200 und 250 Verdachtsfälle im Bereich Pädokriminalität», so Christian Brenzikofer. Wichtig seien weiterhin grosse Anstrengungen bei der Prävention und Sensibilisierung für dieses Thema. Eltern und Schulen sind da die wichtigsten Partner, um junge Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit Online-Medien zu zeigen. Aber es ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wie Regula Bernhard Hug betonte. Einbezogen werden müssen da auch die Hersteller von Geräten und Anbieter von Social Media-Portalen, indem sie Safety-by-Design-Standards und datenschutzkonforme Altersverifizierungen einrichten. Ein generelles Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren wäre als letzte Konsequenz zu sehen.

Cyberraum Schweiz: Immer noch leicht verwundbar
Ein Highlight der SCSD 2025 war auch die Analyse der Cybersicherheitslage der Schweiz, durchgeführt von Dreamlab Technologies. Jährlich scant das Unternehmen mit einer eigens dazu entwickelten Software die mit dem Internet verbundene Infrastruktur in der ganzen Schweiz. Es geht da um über 3,2 Millionen Ports, davon sind über 2 Millionen verwundbar, über eine Million Ports sind sogar offen und könnten ohne besondere IT-Kenntnisse missbraucht werden. Über 250’000 Hosts arbeiten zudem ohne verschlüsselte Kommunikation. Es bestehen also sehr viele kritische Verletzlichkeiten. «Da sind wir alles andere als gut unterwegs», wie Nicolas Mayencourt und Prof. Dr. Marc K. Peter, welche die Resultate präsentierten, feststellen mussten. Keine Ausnahme davon würden auch regierungsnahe IT-Infrastrukturen bilden, wie die beiden darlegten. So gebe es beim Bund immer noch einige Schwachstellen, die seit Jahren zwar bekannt, aber noch nicht eliminiert worden seien. Als problematisch zu sehen sei auch die grosse Abhängigkeit von ausländischen Anbietern, was die eigene digitale Souveränität gefährde. Insgesamt sei für die Cybersicherheitslage der Schweiz ein ernüchterndes Fazit zu ziehen. «Trotz angespannter Grosswetterlage sind keine grossen Verbesserungen erkennbar», hielt Nicolas Mayencourt fest. Dies sei umso bedauerlicher, weil 80 Prozent der Verwundbarkeiten durch einfache Massnahmen vermeidbar wären. Es zeigt sich auch, dass die meisten KMU technisch gesehen zwar gut unterwegs sind, organisatorisch aber noch viel Nachholbedarf besteht. «Cybersicherheit ist Chef-Sache», so Mayencourt.
Verschlüsselung muss neu quantensicher sein
Weiteres Ungemach für die Cybersicherheit droht von der Quantencomputer-Technik. Die immens schnelleren Rechenleistungen von Quantencomputern führen dazu, dass dereinst sämtliche konventionellen Verschlüsselungen geknackt werden können. Experten gehen davon aus, dass dieser «Q Day» genannte Augenblick im Jahr 2030 stattfinden wird. Aber unabhängig davon werden ohnehin alle heute eingesetzten Verschlüsselungssysteme spätestens dann obsolet sein, weil auch die konventionelle Computertechnik immer fortschrittlicher wird. Das heisst, zukunftssichere Verschlüsselungssysteme müssen in jedem Fall «quantensicher» sein. Gemäss der Analyse von Dreamlab Technologies könnten in der Schweiz bereits rund 85 Prozent der Server heute schon quantensichere Kommunikation gewährleisten, doch erst etwa 10 Prozent tun dies bereits aktiv. Die gute Nachricht ist aber: Die Schweiz spielt bei der Entwicklung neuer Post-Quantum-Cryptography-Standards eine führende Rolle. So war etwa das IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon an der Ausarbeitung neuer Algorithmen, welche die konventionelle 2048-Bit-Verschlüsselungstechnologie ablösen können, entscheidend mitbeteiligt.
Zufriedene Aussteller und Veranstalter der SCSD 2025
Neben diesen erwähnten Fokus-Themen verzeichneten die SCSD 2025 noch einige weitere Höhepunkte: So gab es interessante Einblicke der Cyber Division des FBI, und auch die Ausführungen von Korpskommandant Thomas Süssli sowie Panels zu Desinformation oder Radikalisierung im Internet stiessen auf grosses Interesse bei den insgesamt rund 2500 Besucherinnen und Besuchern. Ein Novum war die interdisziplinäre Ausstellung «Alternate Realities». Diese wurde in Zusammenarbeit mit dem Museum für Kommunikation, der gibb Berufsfachschule Bern sowie den Berner Motion-Designern Kaspar Kilchenmann und Yan Hirschbühl umgesetzt und setzte die kreativen Möglichkeiten der KI eindrucksvoll in Szene.
Insgesamt zogen auch die rund 90 Ausstellenden zusammen mit dem Veranstalter eine positive Bilanz. Zum zweiten Mal in Folge fanden die SCSD auf dem BERNEXPO-Areal statt und knüpften an den Erfolg des letzten Jahres an. «Gerade in der aktuellen, von protektionistischen Entwicklungen geprägten Zeit, zeigen die Swiss Cyber Security Days eindrücklich, wie wichtig Zusammenarbeit und Austausch sind, um den Herausforderungen der digitalen Welt zu begegnen», lässt sich Tom Winter, CEO der BERNEXPO AG, zitieren. Zum ersten Mal als Aussteller mit dabei war Hornetsecurity, ein führender Anbieter für Lösungen im Bereich Cyber-Bedrohungen. Der Country Manager Schweiz, Roger Staub, spricht von einem vollen Erfolg: «Mit unseren Produktelösungen konnten wir zeigen, wie Unternehmen sich umfassend vor Cyber-Bedrohungen schützen können. Stolz sind wir auf die Networking-Party, die eine grossartige Plattform für den fachlichen Austausch und neue Kontakte geschaffen hat. Unser Engagement für eine sicherere digitale Zukunft geht weiter – daher werden wir voraussichtlich 2026 wieder an den SCSD dabei sein.» Die nächste Ausgabe der SCSD ist am 17. und 18. Februar 2026.
Weitere Informationen: www.scsd.ch
Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf m-q.ch - https://www.m-q.ch/de/scsd-2025-quantensicherheit-und-jugendschutz-im-fokus/