Studie: Nur 20 Prozent aller Apps sind barrierefrei

In der Schweiz leben gemäss Bundesamt für Statistik mehr als 1,8 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, ist diese Bevölkerungsgruppe unter anderem auf barrierefreie Technologie angewiesen. Es ist wichtig, dass die auf dem Smartphone laufenden Apps für alle nutzbar und zugänglich sind. Diese Zugänglichkeit hat die Stiftung «Zugang für alle» in der aktuellen Accessibility-Studie geprüft.

Bei Medieninhalten ohne Textalternativen für gesprochene Informationen entstehen bei hörbehinderten Menschen Informationsdefizite. (Bild: www.depositphotos.com)

Die «Schweizer Accessibility-Studie 2023 – Mobile Apps» ist die sechste Ausgabe der vielbeachteten Accessibility-Studien, welche die Stiftung «Zugang für alle» seit 2004 publiziert. Es ist die erste breit angelegte Bestandsaufnahme in der Schweiz über die Barrierefreiheit von Smartphone-Apps. In der Studie wurde untersucht, welche Nutzungserfahrung Menschen mit Behinderung oder Einschränkungen machen, wenn sie eine Auswahl von in der Schweiz beliebten Apps nutzen. Der Fokus lag dabei auf Apps, die zur Bewältigung des Alltags relevant sind.

Das Resultat zeigt ein Spektrum von sehr guter bis sehr schlechter Zugänglichkeit. 80% der Apps weisen Barrieren auf, mit denen viele Nutzer:innen ausgeschlossen werden aus diesem gesellschaftlich wichtigen Ökosystem aus Kommunikation, Produktivität und Information. Mehr als 60% der Apps sind ungenügend zugänglich. Nur eine App, die SBB Inclusive, erreichte die maximale Punktzahl und ist somit vollständig barrierefrei.

Vielfältige Barrieren

Wenn sich Apps nicht mit der Tastatur ansteuern lassen, sind alle Menschen benachteiligt, die keine Touchscreen bedienen können, beispielsweise wegen motorischer Behinderungen wie Tetraplegie, Multipler Sklerose, Tremor oder Muskelzittern. Ungenügende Kontraste von Navigations- oder Bedienelementen verunmöglichen oder erschweren Menschen mit Sehbehinderungen die Nutzung. Wenn Informationen nur in Form von Bildern vorliegen, was leider häufiger der Fall ist, werden blinde Menschen benachteiligt. Bei Medieninhalten ohne Textalternativen für gesprochene Informationen entstehen bei hörbehinderten Menschen Informationsdefizite. Komplexe Sprache und Struktur sind eine Barriere für Menschen mit kognitiven Behinderungen. Und animierter oder unruhiger Inhalt erschwert zum Beispiel für Menschen mit einem Aufmerksamkeitsdefizit die Nutzung unnötig. 

Das breite Spektrum der Hürden zeigt, dass viele Menschen und damit auch viele potenzielle Kunden von barrierefreien Apps profitieren würden.

Massnahmen sind erforderlich

Aus dem ernüchternden Resultat der Studie lässt sich schliessen, dass die Anforderungen an die Barrierefreiheit bei Apps zwingend in der Breite umgesetzt werden müssen. Entsprechendes Fachwissen muss zu den Agenturen, Designer- und Entwicklerteams kommen, die entsprechende Sensibilisierung zum Thema muss bei den Projektleitenden ankommen.

Die Situation um die Zugänglichkeit muss für alle Stakeholder besser sichtbar gemacht werden, um Massnahmen zur Verbesserung gezielter angehen zu können. «Zugang für alle» empfiehlt zudem, im Rahmen der Evaluation der UN-BRK gute Accessibility auch von privatwirtschaftlichen Anbietern zu fordern.

Zudem arbeitet «Zugang für alle» zusammen mit Netzwerkpartnern an einer Plattform, mittels derer die die verschiedenen Stakeholder direkt eingebunden und die Aspekte der Zugänglichkeit für ein spezifisches Projekt besser sichtbar und in Echtzeit nachverfolgbar gemacht werden können.

Barrierefreiheit bringt auch Vorteile

Mit barrierefreien Apps erreichen die Anbieter Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen und können somit die potenzielle Kundschaft signifikant vergrössern. Dies ist vor allem im Hinblick auf die sich verändernde Demografie von Belang. 

Massnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit verbessern allgemein die Nutzbarkeit der Apps. Von einer barrierefrei auf die Bedürfnisse der Kundschaft ausgerichteten App profitieren neben den Anbietern die Nutzenden der Apps, ohne dass dabei ökonomische Interessen tangiert würden.

Quelle: www.access-for-all.com

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