SIMF 2023: «Wir sind in einen neuen Marketingzeitgeist eingetreten»
Im Interview sprechen Dominique Hufschmid und Fabian Plüss über den neuen Marketingzeitgeist, in dem Authentizität und Digital Influence zentral sind. Sie geben Einblicke in die Entwicklung des Influencer-Marketings und blicken auf das Swiss Influence Marketing Forum (SIMF) sowie den Smile Swiss Influence Award am 25. Oktober 2024.
In diesem Interview mit Dominique Hufschmid (Kingfluencers) und Fabian Plüss (Swiss Creator Academy) wird die aktuelle Bedeutung des Influencer- und Digital-Influence-Marketings beleuchtet. Die beiden Expert:innen geben Einblicke in die Dynamik und Herausforderungen dieses stetig wachsenden Marktes in der Schweiz, der mittlerweile Umsätze von bis zu 100 Millionen Franken erreicht. Im Fokus steht das Swiss Influence Marketing Forum (SIMF) 2023, das in Kombination mit dem Smile Swiss Influence Award am 25. Oktober 2024 stattfindet. Diese Veranstaltungen fördern den Austausch und die Weiterentwicklung der Branche, unterstützt durch die Plattform swissinfluence.ch, die Influencer, Brands und Creators vernetzt. Das Interview gibt es schriftlich und als Video-Cast.
m&k: Wie habt Ihr Euren Weg ins Influencer-Marketing gefunden?
Fabian Plüss: Ich komme aus der Medizinalbranche. Dort ist das Opinion Leader Marketing tief verwurzelt. Wir haben damals mit Zahnärzten, Apothekern und Drogisten ein Referral-Programm entwickelt und Dentalprodukte integriert. Die Empfehlung durch Opinion Leader, wie etwa Zahnärzte, führte dazu, dass der Preis kaum noch eine Rolle spielte – Vertrauen war das A und O. Innerhalb von sechs Jahren konnten wir in über 100 Länder expandieren.
Dominique Hufschmid: Ich habe als Designerin und Creator gearbeitet, war in vielen Agenturen tätig und habe Marken aufgebaut. Besonders bei meiner Arbeit für Energy und den FC Basel bin ich intensiv mit Influencern und Creators in Berührung gekommen. Es ist spannend zu sehen, wie man über sie eine Community erreichen und starke Markenbotschaften platzieren kann.
m&k: Und, hat sich der Weg gelohnt?
Fabian Plüss: Absolut. Influencer-Marketing ist in den letzten zehn Jahren enorm gewachsen. Wir verzeichnen in der Schweiz jährliche Wachstumsraten von etwa 40 bis 45 Prozent. Insgesamt liegt der Umsatz in diesem Bereich zwischen 50 und 100 Millionen Franken pro Jahr, abhängig davon, wie man den Markt betrachtet – sei es über Agenturen wie Kingfluencers oder Marken, die Influencer-Marketing in-house betreiben.
Warum verlagern Marken ihre Budgets zunehmend ins Influencer-Marketing?
Dominique Hufschmid: Influencer-Marketing ist dynamisch, authentisch und vor allem unterhaltsam. Menschen erzählen die Geschichten der Marke auf ihre eigene Weise und integrieren sie in ihr Leben. Es fühlt sich für die Zielgruppe natürlicher an, wenn die Marke von jemandem erzählt wird, dem sie vertrauen, als wenn sie klassische Werbung sieht.
Welche Plattformen sind derzeit in der Schweiz besonders stark?
Dominique Hufschmid: Instagram und TikTok dominieren in der Schweiz. Instagram bietet für Marken sehr gut messbare Resultate und ist einfacher zu kontrollieren. TikTok hingegen ist unberechenbarer, da Inhalte schnell viral gehen können, aber es schwer vorherzusagen ist, was funktioniert. Viele Marken zögern daher noch, auf TikTok voll einzusteigen, weil sie die Kontrolle abgeben müssen.
Bei der Präsentation des IGM Digimonitors wurde deutlich, dass LinkedIn mittlerweile in der Schweiz auf Platz 3 der Social-Media-Plattformen rangiert und weiterhin wächst. Wie bewerten Sie die Rolle von LinkedIn im B2B-Bereich?
Fabian Plüss: LinkedIn ist definitiv auf dem Vormarsch, vor allem im B2B-Bereich. Die Plattform hat sich stark entwickelt und erinnert zunehmend an klassische Social Media Feeds. Es ist spannend zu sehen, wie Business Content Creators immer wichtiger werden und welche Möglichkeiten sich im B2B-Influencer-Marketing ergeben.
Welche Formate performen am besten auf Social Media?
Dominique Hufschmid: Kurze Videos, die unterhaltsam und humorvoll sind, funktionieren sehr gut. Gleichzeitig sind Inhalte, die tiefgehendes Wissen vermitteln, sehr erfolgreich. Entscheidend ist nicht das Format an sich, sondern die Authentizität, Kreativität und Originalität des Contents, die die Zielgruppe ansprechen.
Wo informiert ihr euch über die neuesten Trends im Influencer-Marketing?
Fabian Plüss: Wir orientieren uns stark an Märkten wie Deutschland, den USA und Großbritannien. Diese Märkte sind oft zwei bis drei Jahre voraus. Asien ist ebenfalls sehr spannend, aber aufgrund der kulturellen Unterschiede nicht immer eins zu eins übertragbar.
Dominique Hufschmid: Ich tauche selbst tief in die digitale Kultur auf TikTok ein und beobachte, was dort passiert. Man muss ganz nah dran sein, um die relevanten Trends und Formate zu erkennen und zu verstehen, wie sie sich in eine Marketingstrategie einfügen lassen.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Influencer-Kampagne in der Schweiz?
Dominique Hufschmid: Ein großartiges Beispiel ist die Zusammenarbeit von On mit dem Influencer Aditotoro. ON steht vor der Herausforderung, dass ihre Marke und Produkte auf dem Schweizer Markt vor allem bei älteren Zielgruppen beliebt sind, aber noch keinen starken Zugang zu den jüngeren Generationen, insbesondere zu Gen Z, haben. Um diese Zielgruppe zu erreichen, entschied sich ON, Creators und Ambassadors einzubinden. Aditotoro hat auf Instagram dokumentiert, wie er von einer unsportlichen Person zu einem Marathonläufer wurde. Die Marke On wurde subtil in seine Geschichte integriert, und so wurde Storytelling genutzt, um die Runner-Community anzusprechen. Eine authentische und humorvolle Kampagne, die besonders bei jungen Leuten gut ankam.
Was ist mit Kampagnen, die sich eher an ältere Zielgruppen richten?
Fabian Plüss: Ein neues Format, das sich stark an ältere Zielgruppen richtet, ist das Digital Influence Programm auf LinkedIn. Hier werden C-Level-Führungskräfte zu Markenbotschaftern, die auf LinkedIn ihre Expertise teilen und so die Arbeitgebermarke stärken. Diese Programme sind tiefgehend und umfassen eine Vielzahl von Zielen.
Worauf kommt es bei einer idealen Influencer-Kampagne an?
Dominique Hufschmid: Es ist wichtig, dass Marken ihre Identität und Zielgruppen genau verstehen, bevor sie Influencer auswählen. Die Creators müssen zur Marke passen, und die Marken müssen den Creators kreativen Freiraum lassen, um authentische und spannende Inhalte zu entwickeln. Kontrolle loszulassen ist hier entscheidend.
Ein Begriff, der immer mehr in den Alltag von Marketern und Werbern Einzug hält: „Digital Influence“. Was bedeutet dieser Begriff, und wie ist er im gesamten Spektrum des Marketings einzuordnen?
Dominique Hufschmid: Mit dem Aufstieg von Social Media und dem zunehmenden Einfluss digitaler Plattformen ist das Umfeld für Marken komplexer geworden. Früher konnten Marken selbst bestimmen, welche Botschaften sie senden wollen, und Medienhäuser fungierten als Gatekeeper. Heute entscheiden die Communities selbst, was sie konsumieren und von wem. Das ist ein massiver Wandel. Wir sind in einen neuen Marketingzeitgeist eingetreten. Marken müssen nicht mehr nur informieren, sondern sich aktiv an der Gestaltung der Kommunikation beteiligen.
Das bedeutet, dass es nicht mehr nur um die reine Werbung geht, sondern um den Aufbau einer echten Verbindung zu den Communities. Der Begriff „Digital Influence“ beschreibt genau diese Entwicklung: Marken müssen sich an Gesprächen beteiligen, die Relevanz der Themen erkennen, die die Menschen beschäftigen, und sich authentisch einbringen. Es ist ein vielschichtiges Konzept, das von der Arbeit mit Influencers bis hin zu interner Kommunikation, wie etwa durch Corporate Influencers, reicht.
Fabian Plüss: Influencer-Marketing ist dabei nur ein Teil des Ganzen. Digital Influence umfasst viel mehr. Marken müssen verstehen, dass es heute nicht nur darum geht, mit externen Influencern zu arbeiten, sondern auch ihre eigenen Mitarbeiter als Markenbotschafter aufzubauen. Die Themenführerschaft darf nicht nur von einzelnen Personen abhängen, sondern auch die Marke selbst muss ihre Leidenschaft und Expertise auf den sozialen Kanälen zum Ausdruck bringen. Mit ganzheitlichen Digital-Influence-Strategien kann man enorm viel erreichen – sei es im Aufbau von Kundenvertrauen oder auch direkt beim Verkauf.
Antizipiert ihr diese Entwicklung, insbesondere den Bedeutungszuwachs des Influencer-Marketings, mit der Plattform, die ihr aufgebaut habt?
Fabian Plüss: Wir haben die Plattform «Swiss Influence» ins Leben gerufen, um die Weiterentwicklung von Influence Marketing in der Schweiz abzubilden. Diese Plattform ist eine Drehscheibe für alles, was mit digitalem Einfluss zu tun hat. Sie besteht aus dem Smile Swiss Influence Award, dem Swiss Influence Marketing Forum und der Swiss Creator Academy. Diese drei Bereiche decken das gesamte Spektrum des Influence Marketings ab, von der Auszeichnung der besten Influencer über das Netzwerken und den Wissensaustausch bis hin zur Ausbildung der nächsten Generation von Creators.
Was genau bietet die Swiss Creator Academy?
Fabian Plüss: Die Swiss Creator Academy ist ein Weiterbildungsprogramm, das sich an Content Creators richtet. In Zusammenarbeit mit der HWZ (Hochschule für Wirtschaft Zürich) und verschiedenen Professoren, Experten sowie den Creators selbst bieten wir Kurse und Schulungen an. Ziel ist es, die Fähigkeiten der Creators weiterzuentwickeln und ihnen zu zeigen, wie sie ihre Inhalte professionell und nachhaltig gestalten können. Es geht um Themen wie Storytelling, Community-Management und die Entwicklung einer klaren Markenidentität. Die Creator Academy ist eine Investition in die Zukunft der Creator-Economy in der Schweiz.
Das nächste Swiss Influence Marekting Forum findet am 25. Oktober in «The Hall» in Dübendorf statt. Was erwartet uns da?
Dominique Hufschmid: Beim Swiss Influence Marketing Forum entschlüsseln wir die Facetten des Brand Influence und bieten Einblicke, wie man diesen erfolgreich kultiviert und einsetzen kann. Dem Fachpublikum werden Keynotes, Panel-Diskussionen und Workshops präsentiert. Die Veranstaltung präsentiert Insights, Trends und Projekte in den Bereichen Social Media, Influencer Marketing, Digital Culture, Content Creation, KI, Community Building und Brand Influence.
Welche Bedeutung hat der Smile Swiss Influencer Award?
Fabian Plüss: Der Smile Swiss Influence Award hat eine besondere Bedeutung, weil er die besten digitalen Meinungsführer der Schweiz ehrt. Damit bringen wir Influencers und Creators ins Rampenlicht, die durch ihre Arbeit einen echten Einfluss auf ihre Communities haben. Gleichzeitig wird mit dem Award das Bewusstsein für die wachsende Bedeutung des Influencer-Marketings in der Schweiz gestärkt.
Besonders stolz sind wir darauf, dass wir den Award in diesem Jahr weiter ausgebaut haben. Wir sind von 10 auf 18 Kategorien gewachsen, um den breiteren Markt besser abzubilden. Neben den klassischen Influencer-Kategorien haben wir auch Themen wie „Brands of Influence“ und „B2B-Influencer“ integriert. Damit wollen wir zeigen, dass Influencer-Marketing weit mehr ist als nur die Arbeit mit bekannten Gesichtern. Es geht darum, wie Marken ihre Botschaften in einem digitalisierten Umfeld erfolgreich platzieren und Einfluss nehmen können.
Was hat sich im Vergleich zu früheren Jahren bei der Preisvergabe geändert?
Fabian Plüss: Der wichtigste Aspekt ist, dass wir das Influencer-Marketing viel ganzheitlicher betrachten. Es geht nicht mehr nur um den klassischen Influencer, wie man ihn kennt, sondern auch um „Brands of Influence“ und „Media of Influence“. Wir wollen das gesamte Spektrum des digitalen Einflusses abbilden. Wer versteht, wie man diese Einflusskraft auf den sozialen Medien nutzt, kann das Vertrauen der Kunden aufbauen und letztlich den Verkauf positiv beeinflussen.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf markt-kom.com - https://www.markt-kom.com/de/markom/awards/simf-2023-wir-sind-in-einen-neuen-marketingzeitgeist-eingetreten/