Was bedeutet eigentlich… «ETA»?

Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er den Begriff «ETA».

Nach-Sommerferien-Alltag

Willkommen zurück. Die ersten Mitarbeitenden beginnen wieder einzutrudeln in die Agenturen und Marketing- und Kommunikations-Abteilungen. Der Alltag in der Branche könnte also wieder beginnen. Könnte. Denn meist bestehen die ersten Tage nach den Sommerferien aus Übersicht verschaffen, Mails mit verstrichenen Deadlines löschen und dem Austausch über allerlei ausführliche Ferien- und Reiseberichten.

Kurz: Es herrscht Nach-Sommerferien-Alltag. Ein Zustand, wunderschön beschrieben am Anfang des Buches 39,90 (Originaltitel: 99 Francs) von Frédéric Beigbeder. Der Autor hatte seine Erfahrungen vom ersten Arbeitstag als Werber bei Young & Rubicam in Paris nach den Sommerferien (was in Frankreich, wohlbemerkt, erst Anfang September ist) zum Einstieg in einen seichten Roman genutzt. Nach einer endlosen Sommerpause (grandes vacances) war die ersten Tage an Arbeit nicht zu denken, was den Neuling doch arg erstaunte. Das Buch ist zwar nicht gerade Pflichtlektüre für junge Werberinnen und Werber, aber auch nach über 20 Jahre nach Erstpublikation noch lesenswert. Vielleicht in den nächsten Sommerferien.

Die charmante Schwester von asap

Sommerferien sind eine organisatorische Herausforderung. Nicht nur in Frankreich, Italien oder Spanien, wo lange Sommerferien Tradition haben. Auch in der arbeitsamen Schweiz dauern die Sommerferien immer länger. Ein Projekt oder einen Auftrag termingerecht zu platzieren während den über die Kantone gestaffelten Schulferien ist mittlerweile zu einer Herkules-Aufgabe geworden. Vor den Ferien wird alles noch in die Agenturen abgeschoben, im gespielten Unwissen, dass da ja auch niemand arbeiten wird. Und wehe die Agentur hätte noch eine Rückfrage an den Auftraggeber, dann erfolgt meist eine Minute nach Versand des Auftrages bereits eine Abwesenheitsmeldung. Die Quote solcher Abwesenheitsmeldungen lag 2024 bei gefühlten 80 Prozent und die Wenigen, die noch den Arbeitsalltag bestreiten mussten, waren die letzten Wochen komplett unter Wasser. Kein Wunder taucht in solchen Zeiten dieses neue Akronym im Dialog zwischen den zu Hause, bzw. bei der Arbeit gebliebenen auf: ETA. Das klingt wie ein solidarischer Hilfeschrei nach Verbindlichkeit. Aber was bedeutet das?

Nicht gemeint ist damit die separatistische baskisch-nationalistische Untergrundorganisation, welche das Ferienland Spanien lange mit ihren Anschlägen in Schrecken versetzt hat. ETA steht für Estimated Time of Arrival. Und das klingt sogar auch für die Daheimgebliebenen etwas nach Ferien. «Hast du bereits eine ETA für mich?» Charmanter kann kaum eine Anfrage lauten, wann denn endlich die längst überfällige, schon vor dem Sommer erwartete Arbeit geliefert wird.

Eine richtige Wohltat, nachdem «asap» doch schon längst niemand mehr ernst nahm. Und wohlbemerkt auch immer eher einen leicht aggressiven Unterton hatte. Die Folge davon war über die Jahre: das «s» von «soon» wurde meist nie possible gemacht. Bei der charmanten Frage nach der ETA ist das schwieriger. ETA bedeutet wörtlich übersetzt «geschätzte Ankunftszeit». Das Akronym stammt aus Logistik und Transport sowie der Aviatik. ETA ist ein Hinweis auf die Zeit, zu der ein Flugzeug, Fahrzeug oder ein Lieferobjekt am Zielort erwartet wird. Mit dem Online-Handel hat es der Begriff auch in die Stuben der Bestellerinnen und Besteller geschafft und von dort in die Offices. Statt: Termin asap. Heisst es neu: wann denkst du ist die ETA? So wird der Wiedereinstieg nach den Ferien nicht einfacher, aber wenigstens charmanter.

Weitere Beiträge zum Thema