«Kümmert euch um euren Ruf, bevor es andere tun»

Diana Brasey ist Reputations- und Transformationsexpertin – und weiss, wie wichtig ein guter Ruf und dessen aktives Managen ist. Im Interview erklärt sie, welche Chancen darin liegen, und warum ein Reputationsbericht heute längst unverzichtbar ist.

Purpose MarketingWerbewoche.ch: Wie wichtig ist ein guter Ruf für Unternehmen heute – und inwieweit lässt er sich durch gezieltes Purpose-Marketing erreichen?

Diana Brasey: Dein guter Ruf – your Value! Ein Unternehmen, das sich auf Purpose Marketing konzentriert, hat einen klaren Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern. Purpose Marketing ist eine Strategie, die darauf abzielt, die Werte nach innen zu leben und nach aussen zu kommunizieren, und damit eine starke Vertrauensbasis sowie Kundenbindung schafft. Dies führt dazu, dass die Kunden das Unternehmen bevorzugen, auch wenn es teurer ist als die Marktbegleiter. Es zeigt, dass es mehr ist als nur ein profitables Geschäft, dass es sich um seine Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft als Ganzes kümmert. Und zufriedene Kunden, Mitarbeiter und Investoren sind die Grundlage für ein erfolgreiches Unternehmen. Konzerne wissen, dass es nicht genug ist, nur Profit zu machen – man muss auch etwas Gutes tun, um langfristig erfolgreich zu sein.

Welche Rolle spielt Social Media in Sachen Reputation, und ist es eher eine Chance oder ein Risiko?

Social Media kann für Unternehmen ein sehr grosses Reputationsrisiko darstellen. Shitstorms erfreuen sich grosser Beliebtheit. Mittels Social Media können in Sekundenschnelle massive Reputationsschäden entstehen. Die Verluste können geradezu verheerend sein. Social Media ist aber auch eine Chance, z.B. in der Talentrekrutierung. Jedoch ist es sehr wichtig, seine Reputation aktiv zu steuern. Und den guten Ruf zu bewahren. Dazu gehört das aktive Monitoring auf allen Kanälen und eine dementsprechende Kommunikation mit allen Akteuren.

Warum ist das aktive Managen des guten Rufs so wichtig – und welche Fehler machen Unternehmen dabei?

In der heutigen Zeit kann man es sich nicht mehr leisten, seinen Ruf nicht aktiv zu managen. Nehmen wir das Beispiel des Vermögensverwalters. Würde dieser bei einem Investment für seine Klienten zu 90 Prozent auf gutes Glück setzen? Nein. Da kommt das Research zum Zuge. Genauso lesen die Stakeholdergruppen Rezensionen, informieren sich im Internet über eine Dienstleistung oder ein Produkt, bevor sie dieses erwerben oder beziehen. Alles ist heute online verfügbar und einsehbar.

Und ja, Sie werden es nicht glauben, aber nur gerade mal einer von drei CEOs hat das verstanden. Das heist, dass zwei Drittel ihre Reputation dem Zufall überlassen!

Wie kann das Konzept der Reputation den Marktwert eines Unternehmens beeinflussen?

Wenn Konzerne verstehen, dass das Konzept der Reputation – also immaterielle Werte – 90 Prozent des Marktwerts eines Unternehmens ausmachen, dann ist es fahrlässig, dieses wichtige Asset nicht für sich zu nutzen. Was für eine verpasste Chance – eine Chance gegenüber den Mitbewerbern! Denn ein guter Ruf ermöglicht

– höheres immaterielles Vermögen
– höhere Kapitalrendite
– niedrigeren Verschuldungsgrad
– höhere Wachstumsraten
– bessere Chancen im Kampf um Talente
– viel höheren emotionalen Wert als der reine Buchwert – die Marke mit gutem Ruf!

Warum ist eine (gute) Selbsteinschätzung heute so wichtig – und wie kann man sich damit von der Konkurrenz abheben?

Mit einer Selbsteinschätzung gewinnen Sie das Vertrauen aller Stakeholder. Vertrauen sowie Glaubwürdigkeit sind die Grundbausteine für einen guten Ruf. Disruptive Unternehmen setzen schon jetzt freiwillig darauf. Denn wer länger über dieses Asset schweigt, stellt einen Teil seiner Managementqualitäten in Frage.

Ich sage: Kümmert euch um euren Ruf, bevor es andere tun. Und dazu gehört als erstes, sich richtig einzuschätzen. Denn dann können wir Experten euch das grosse „ungenutzte“ Potenzial aufzeigen. Und dies ist eine immer wiederkehrende Gedankenübung, um eine holistische Unternehmensreputation anzustreben.

Warum ist ein Reputationsbericht für alle Unternehmen ein wichtiges Instrument?

Die Reputationsberichterstattung gibt zum einen im Kern perspektivisch Auskunft über den Zustand, über die Möglichkeiten und das Potential der Gesamtreputation in der Zukunft. Gleichzeitig erklärt der Reputationsbericht im Detail, in 16 verschiedenen Kapiteln, wie die Ausprägungen entstanden sind und wie diese begründet werden. Mit diesem freiwilligen Report wird die Reputation nicht nur aktiv als immaterieller Wert verwendet, sondern auch gleichzeitig gesteuert und regelmässig dargestellt. Damit bekommen alle Stakeholder-Gruppen eine 360-Grad-Übersicht, als Grundlage für individuelle Entscheidungsprozesse.

Offiziell ist eine Art Lagebericht der Reputation noch nicht Pflicht als Teil der Rechnungslegung. Das ist schade und liegt wohl an der Tatsache, dass der Begriff Reputation generell eher im Dunkeln liegt. Genau gleich erging es vor Jahren dem Begriff Nachhaltigkeit. Es dauert gefühlt ewig, bis sich Organisationen dazu bereit erklärten, über die finanzielle Berichterstattung hinaus eine Art freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht zu publizieren. Heute wäre es allein aus Marketing- und Kommunikationsgründen für viele Unternehmen schlicht undenkbar, darauf zu verzichten.

Wer jetzt zwei Schritte weiterdenkt, verwendet den Begriff Reputationsberichterstattung besser heute schon als freiwilliges Instrument, um Vertrauen über Transparenz vorzuleben.

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