Marken-Check «Lancia»: Un Colpo di Lancia
Totgesagte leben länger. Dies gilt immer mal wieder auch für Automarken, auch wenn die meisten Wiederbelebungsversuche scheitern – erinnern wir uns an Borgward oder DeLorean. Der Brand, um den es in diesem Artikel geht, stellt mittlerweile nur noch ein Fahrzeug her und ist auf dem besten Weg zum nächsten Marken-Zombie mit glamouröser Geschichte zu werden: […]
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Totgesagte leben länger. Dies gilt immer mal wieder auch für Automarken, auch wenn die meisten Wiederbelebungsversuche scheitern – erinnern wir uns an Borgward oder DeLorean. Der Brand, um den es in diesem Artikel geht, stellt mittlerweile nur noch ein Fahrzeug her und ist auf dem besten Weg zum nächsten Marken-Zombie mit glamouröser Geschichte zu werden: Lancia.
In den Ohren vieler automobiler Liebhaber hat dieser Name immer noch einen guten Klang und erinnert an Klassiker wie den Aurelia, Flaminia oder die Rallye-Legende Stratos. An diese grosse Tradition möchte der Stellantis-Konzern nun wieder anknüpfen und präsentierte Ende 2022 zur Wiederauferstehung der Marke eine skulpturenhafte Design-Studie, die vor allem eines hatte: keine Räder. Auch sonst erinnerte sie eher an eine Computermaus aus den 2010ern – soll sie doch die zukünftige Formensprache der neuerdings reinen Elektro-Marke (natürlich!) Lancia vorwegnehmen. Die ersten neuen Fahrzeuge mit Rädern sind frühestens 2024 zu erwarten. Wir dürfen gespannt sein, geistern doch bereits einige (nicht-autorisierte) Bilder durchs Netz.
Neben der Skulptur wurde auch ein ganz neues Corporate Design präsentiert, welches sich an seinen Logo-Vorgängern aus erfolgreichen Tagen orientieren soll – aber dennoch sehr «pur und radikal» – so nennt Lancia sein neues Konzept «PuRa» – daherkommt. Soweit die offizielle Diktion, gespickt mit allerhand aufwändigen 3D-Videos und leicht klischeehafter italienischer Lebensart in bewegten Bildern.
Das Logo selbst stellt eine Rückkehr zu seiner semantischen Herkunft dar – und schafft es dennoch, alles falsch zu machen. Die Lanze mit der Fahne ist praktisch nicht zu dekodieren, ausserdem weist die Gestaltung erhebliche formale Mängel auf, wie die schwarzweiss-Darstellung zeigt, die vor allem digital eingesetzt werden soll. Sie ist in kleinen Grössen praktisch nicht zu erkennen. Warum in unserer digitalen Zeit ein solch eher unbeholfenes 3D-Logo alter Schule präsentiert wird, wissen wahrscheinlich nur die Entwerfer selbst. Besser ist da alles andere, was sich im Marken-Baukasten befindet.
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In jedem Fall ist ihnen hier gelungen, dass man sich bei der Marke sofort in einer eleganten, italienischen Premium-Welt wähnt: Die Lancia-Typografie, Farben, Materialien und Grafiken sprechen allerdings eher eine Sprache, die im heutigen Automobil-Umfeld weniger modern als vielmehr nostalgisch daherkommt. Sieht so eine so eine Automobil-Renaissance für das 21. Jahrhundert aus? Man fragt sich, wen diese Marke in Zukunft begeistern soll. Die Gen Z oder Millennials sicherlich nicht. Da schon eher die deutlich älteren Semester, sofern diese sich von ihren hochmodernen Mercedes, Ferrari oder Porsche Modellen abbringen lassen.
Man darf in jedem Fall hoffen, dass die angekündigten aufregenden, neuen Lancias in den Verkauf gehen, bevor die tatsächlich erinnernde Zielgruppe das Zeitliche segnet.
* Heinrich Paravicini ist Gründer und Kreativchef von Mutabor.