Was bedeutet eigentlich… «EVP»?

Rechtzeitig zu den Wahlen treibt ein Kürzel sein Unwesen in den Marketing-Abteilungen und Agenturen, beziehungsweise vor allem in den Personalabteilungen dieser Unternehmen: EVP. Während die grosse Schwester CVP ihren Namen längst auf Mainstream getrimmt hat und sich schlicht Die Mitte nennt, bleibt die 1917 gegründete EVP (Evangelische Volkspartei) ihrer reformiert christlichen Ausrichtung und Namensgebung treu. […]

EVP Rechtzeitig zu den Wahlen treibt ein Kürzel sein Unwesen in den Marketing-Abteilungen und Agenturen, beziehungsweise vor allem in den Personalabteilungen dieser Unternehmen: EVP. Während die grosse Schwester CVP ihren Namen längst auf Mainstream getrimmt hat und sich schlicht Die Mitte nennt, bleibt die 1917 gegründete EVP (Evangelische Volkspartei) ihrer reformiert christlichen Ausrichtung und Namensgebung treu. Beide Wege führen bislang jedoch zu weiterhin mässigem Wahlerfolg. Aber darum geht es hier nicht. Mit EVP ist die Employee Value Proposition gemeint, die aktuell in aller Munde ist.

Geld und Ruhm allein machen nicht glücklich

Früher reichten ein sattes Salär und die Aussicht auf den Gewinn von ein paar Marmor-Würfeln, um gute Leute anzulocken. Heute muss schon das ganze Package – die EVP also – stimmen, wenn ein Unternehmen hochspezialisierte Fachkräfte für sich gewinnen will. Natürlich gibt es immer noch Leute, die schnell viel Geld verdienen und Awards gewinnen wollen, aber die Gattung stirbt langsam aus. Die heutige Workforce verlangt von Unternehmen andere Incentives. «What’s in for me?» fragt sie sich und meint damit Geld als einen Aspekt unter vielen (und einen, der im Wohlstandsland Schweiz weniger wichtig ist als anderswo). Vielmehr zählen heute Flexibilität in der Wahl von Zeit, Ort und Pensum der Arbeit sowie die Grösse des Raumes zur Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Persönlichkeit. Damit das alles gewährleistet ist, nimmt ein Grossteil im Package die Firmenkultur ein. Das heisst, Werte und Wertschätzung durch das Team und die Führungskräfte sind wichtiger als die Höhe des Lohnes. Keine leichte Aufgabe, vor allem für jene Führungskräfte, die ihr Selbstverständnis über Letzteres definieren. Und in einer Branche, in der – lässiger verpackt zwar – Hierarchie und Titel fast so tief verankert sind wie in der konservativen Finanzindustrie, ist die gelebte EVP schwieriger zu etablieren als auf ein paar Slides runterzubeten. Da reicht es auch nicht, ein paar Rooftop-Partys zu schmeissen und zu meinen, das sei damit getan. Nein, eine attraktive Employee Value Proposition verlangt von einem Unternehmen und deren Organisation alles ab. Transparenz, Flexibilität und Neugier. Wer das nicht bietet, wird vielleicht noch Aufträge haben, aber keine Mitarbeitenden mehr, die sie ausführen. Gute Fachkräfte wählen heute eben ihre Arbeitgeber aus. Womit wir wieder bei der Politik wären: Das «Volk» wählt die Politiker – und nicht umgekehrt.
* Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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