Zahl der Zombie-Unternehmen nimmt weiter zu
Die steigende Zahl an Zombie-Unternehmen erhöht die Verlustrisiken für Kapitalgeber am Markt. Im Vergleich zu 2021 stieg ihre Zahl weltweit um 10% auf nun nahezu 2'000 Unternehmen an, wie die Managementberatung Kearney in ihrer finalen Analyse «The Walking Debt − Die wachsende Schar der Zombie-Unternehmen» zeigt. In der Schweiz trifft diese Entwicklung in erster Linie den Mittelstand im Gesundheitssektor.
Die Zahl jener Unternehmen, die drei Jahre in Folge nicht in der Lage sind, mit ihren operativen Ergebnissen die laufenden Zinsverbindlichkeiten zu decken, und somit über kein funktionierendes Geschäftsmodell verfügen, nimmt weltweit zu. Im Vergleich zur letztjährigen Studie steigt die Anzahl dieser sog. Zombie-Unternehmen um 10% auf nahezu 2’000 an. Zu diesem Ergebnis kommt die finale Analyse der globalen Unternehmensberatung Kearney, für die die Studienautoren auf zirka 4,5 Millionen Datensätze von etwa 70’000 börsennotierten Unternehmen aus 154 Branchen und 152 Ländern zurückgegriffen haben.
Zombie-Unternehmen haben zu leichten Zugang zu Kapital
«Wir beobachten, dass steigende Energie- und Rohstoffkosten, angespannte Lieferketten und Personalengpässe die Unternehmen belasten. Finanzierungsprobleme kommen für viele erschwerend hinzu», berichtet Nils Kuhlwein von Rathenow, Partner bei Kearney und einer der Autoren der Studie «The Walking Debt − Die wachsende Schar der Zombie-Unternehmen». «Nur wenige Unternehmen, die über kein nachhaltiges Geschäftsmodell verfügen, scheiden auch tatsächlich wegen Insolvenz aus den Märkten. Jedes Jahr werden mehr Unternehmen zu Zombies, als aus dem Markt ausscheiden, gekauft werden oder sich wieder erholen. Zombies haben einen allzu leichten Zugang zu Kapital, das hilft ihnen beim Überleben. Ein besonderes Risiko entsteht durch die aktuell steigenden Zinsen: Unsere Simulation zeigt, dass die Anzahl der Zombies dadurch nochmals um nahezu 40% zunehmen könnte.» Weltweit sind die meisten Zombie-Unternehmen im Mittelstand zu finden, wobei dies nur die Spitze des Eisbergs darstellen dürfte, da viele Mittelständler nicht börsennotiert sind und somit nicht in die Studienergebnisse eingeflossen sind.
Schweizer Zombies folgen weltweitem Muster
Die Studienautoren haben sowohl die verschiedenen Volkswirtschaften als auch Industrien im Einzelnen betrachtet. Ihre Analysen zeigen, dass sich die weltwirtschaftlichen Regionen allesamt ähnlich entwickeln. Sie alle weisen einen Zombie-Anteil zwischen 4% und 6% auf, allerdings mit deutlichen Unterschieden bei den Wachstumsraten: Während in Nordamerika die Anteile der Zombies zwischen 2010 und 2021 von 3,5% auf 5,7% gestiegen sind, gab es in Europa einen wesentlich stärkeren Anstieg, nämlich von 1,2% auf 5,5%.
In der Schweiz blieb die Zahl der Zombies zwischen 2015 und 2019 konstant. Die wenigen Zu- und Abgänge hielten sich die Waage. Nachdem 2018 die Rendite der Staatsanleihen bis 2020 sank, stieg mit einem Jahr Verspätung auch die Zahl der Zombies auf zunächst 10 im Jahr 2020 und schliesslich auf 12 im Jahr 2021 an. Die typischen Zombies in der Schweiz folgen dem weltweiten Muster: Es sind eher kleine Unternehmen. In der Schweiz haben 10 von 12 Zombies weniger als 50 Mio. US-Dollar Umsatz pro Jahr. Von den 12 Schweizer Zombies sind vier im Gesundheitssektor, drei im Immobiliensektor, zwei in der IT und jeweils ein Zombie aus den Sektoren Materialien, Konsumgüter und sonstige Industrie.
Jedem siebten Immobilienunternehmen droht die Zombifizierung
Es könnte sich sogar noch dramatischer entwickeln. Steigen die Zinsen weiter an, droht jedem siebten Immobilienunternehmen ein ähnliches Schicksal. «In dem Fall sehen wir weltweit jedes siebte börsennotierte Unternehmen im Immobiliensektor bedroht, als Zombie-Unternehmen eingestuft zu werden. Damit geht von der Immobilienbranche, wie in den Jahren vor der Finanzkrise 2008/2009, ein erhebliches Risiko für die Weltwirtschaft aus», erklärt Christian Feldmann, Partner bei Kearney und ebenfalls Autor der Studie. Er macht deutlich: «Zombies stellen eine Fehlallokation von Kapital dar, das anderweitig zu mehr Wachstum und mehr Ertrag führen könnte. Wir sehen einen Betrag von etwa 500 Milliarden US-Dollar fehlallokiert und somit unter erheblichem Ausfallrisiko. Vor diesem Hintergrund sind sowohl institutionelle als auch private Anleger, Gesetzgeber und Kapitalmarktaufsichten weltweit gefordert, indem sie das Kapital rechtzeitig effizient allokieren, die Gefahr von Zombies meiden und das Insolvenzrecht so ausstatten, dass kranke Unternehmen rechtzeitig aus dem Markt ausscheiden. Die Zahlen dazu liegen auf der Hand und lassen sich auf Basis der Jahresabschlüsse jederzeit transparent nachvollziehen.»
Quelle: Kearney