Aktienregister und Generalversammlungen digitalisieren

Die Corona-Pandemie hat einen Digitalisierungsschub ausgelöst – auch in Bereichen, die man bisher weniger im Fokus hatte. Ein Beispiel sind Aktionärsversammlungen, die im Zuge des Versammlungsverbots nicht physisch durchgeführt werden konnten. Ein Zürcher Start-up bietet dafür eine Lösung an; diese führt aber noch weiter und zielt im Kern auf die «digitale Aktie» ab.

Per Smartphone-App immer Zugriff auf das Aktienregister haben: So sieht Digitalisierung in der Wertschriftenverwaltung aus. (Bild: William Iven / Pixabay.com)

Das in der bundesrätlichen Covid-19-Verordnung 2 festgelegte Versammlungsverbot untersagte sämtliche öffentlichen oder privaten Veranstaltungen, einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten. Dazu zählten auch Aktionärs- bzw. Generalversammlungen mit mehr als fünf Personen. Mit diesem Versammlungsverbot kam es allerdings zu einem Widerspruch zum Obligationenrecht: Denn innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres muss die ordentliche Generalversammlung stattgefunden haben. Um trotzdem eine reibungslose Durchführung zu gewährleisten, hatte der Gesetzgeber in der Covid-19-Verordnung Folgendes vorgesehen: «Bei Versammlungen von Gesellschaften kann der Veranstalter ungeachtet der voraussichtlichen Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ohne Einhaltung der Einladungsfrist anordnen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich ausüben können: 1. auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form; oder 2. durch einen vom Veranstalter bezeichneten unabhängigen Stimmrechtsvertreter.» Viele Aktiengesellschaften – so auch die Galledia Group AG, der auch unsere Fachzeitschrift gehört – haben deshalb ihre Generalversammlungen auf postalischem Weg durchgeführt. Die manuellen Aufwände waren allerdings hoch, und Fehler in der Auszählung mussten peinlichst genau vermieden werden, damit Beschlüsse nicht anfechtbar wurden.

Generalversammlungen per Videokonferenz?

Wäre also eine Durchführung der GV per Videokonferenz eine bessere Alternative gewesen? Nicht unbedingt. Denn gerade bei einer Teilnahme von mehr als zehn Aktionären wären einige Hürden im Wege gestanden. Denn jeder Teilnehmende hätte identifiziert und authentifiziert werden müssen, damit er oder sie sich per Video zu Geschäften der GV hätte äussern bzw. sein Stimmrecht hätte ausüben dürfen. Das Zürcher KMU Aequitec AG hatte deshalb eine Lösung für diese Problematik parat: Mithilfe einer Smartphone-App konnten KMU mit nicht kotierten Namenaktien gleichwohl eine Generalversammlung durchführen, die mit der Covid-19-Verordnung und dem Obligationenrecht konform war. Und zwar setzte Aequitec auf die Möglichkeit der unabhängigen Stimmrechtsvertreter – gestellt durch Schweizer Kanzleien und Notariate, mit denen Aequitec schon länger zusammenarbeitet. «Das Abstimmungsverfahren haben wir jeweils durch eine Mobiltelefon- und Browserbasierte Lösung zur rechtlich sauberen Abwicklung der Covid-Generalversammlung begleitet», erläutert Christian Wilk, Mitgründer und Produktverantwortlicher bei der Aequitec AG.

Die Crux mit der Schriftlichkeit

Doch jetzt, wo wieder Versammlungen bis 300 Personen möglich sind, nimmt die Nachfrage nach dieser Lösung naturgemäss ab. Das Beispiel zeigt aber grundsätzlich auf, was dank der Digitalisierung heute möglich ist – zum Nutzen auch für die vielen KMU-Aktiengesellschaften. Denn damit eine Generalversammlung virtuell durchgeführt werden kann, sollten vorteilsweise auch die Aktien selbst virtuell vorliegen. Das entspricht ohnehin dem allgemeinen Trend: Dass Aktien physisch als Wertpapier greifbar sind, dürfte mittel- bis langfristig der Vergangenheit angehören. Heute werden Aktien – wie auch andere Wertrechte, Wertpapiere und zukünftig eventuell auch Registerwertrechte – immer mehr als Bucheffekten ausgegeben – also nicht mehr in Papierform. Doch auch da setzt der Schweizer Gesetzgeber immer noch Grenzen: Zum einen kann nur die SIX SIS AG Aktien als Bucheffekten ausgestalten und zusammen mit einer Verwahrstelle verwahren. Zum anderen kann eine digitale Übertragung der Aktien ebenfalls nur über die Verwahrstelle, beispielsweise eine Bank, erfolgen. Gesellschaften, die ihre Aktien nicht in Bucheffekten gekleidet haben, müssen für eine Aktienübertragung den Weg über eine Abtretung gemäss Obligationenrecht gehen. Und diese Abtretung muss handschriftlich erfolgen, denn die digitale Signatur hat sich hier nicht durchsetzen können. Kommt hinzu, dass solche Abtretungen anfällig für Fehler sind: Denn wurden schon vergangene Abtretungen nicht sauber dokumentiert, ist manchmal nicht einmal mehr klar, ob jemand, der sich als Besitzer einer Aktie bezeichnet, überhaupt noch Aktionär ist.

Eine «digitale Aktie» ist nicht gleich digital

Umso wichtiger ist die saubere Führung eines Aktienregisters – auch für KMU. Auch die Aequitec AG ist ein Registeranbieter für Namenaktien. «Unsere Zielkunden sind innovative Schweizer KMUs mit nicht-kotierten Namenaktien, welche für das kommende Jahr eine Kapitalerhöhung, eine Nachfolgeregelung planen oder Inhaberaktien in Namenaktien umwandeln müssen», erklärt Christian Wilk. Im Kern geht es natürlich auch hier um die digitale Aktie – verstanden als einfaches Wertrecht in Bucheffekten gekleidet. «Der Vorteil für KMUs bei der digitalen Aktie ist die Einbuchung der nicht-kotierten Aktien via ISIN-Nummer in die Wertschriftendepots bei der jeweiligen Hausbank des Anteilseigners, also des Aktionärs. Somit kann der nicht-kotierte Besitz dem ganzheitlichen Vermögen der Kunden zugerechnet werden», so Christian Wilk. «Dies ist beispielsweise für die Portfolio-Diversifikation wichtig, da ein Kunde ggf. einen deutlich höheren Aktienbesitz hat, als die Bank es heute in ihrer Kundenberatung erkennen kann.» Zudem würden sich für den Unternehmer neue Aktionärskreise erschliessen, da die digitale Aktie als Beimischung in bestehende Wertschriftendepots eingebucht werden kann.

Wenn Christian Wilk von der digitalen Aktie spricht, grenzt er sich klar ab von sogenannten «Tokens», die auf öffentlichen Blockchain-Technologien, beispielsweise Ethereum, beruhen. Der springende Punkt: Laut einer Mehrheit der Rechtspraktiker sind «Tokens » (einfache) Wertrechte und sind nicht in Bucheffekten gekleidet. Für diese Aktien-Tokens ohne Bucheffekten ist derzeit aber keine rechtlich saubere Eigentumsübertragung möglich, da keine verpflichtende schriftliche Abtretung («Zession») stattfindet (Pasquier & Ayer, Formungültige Aktienübertragung auf der Blockchain, 2019). Erst das sich in Revision befindende neue Aktienrecht soll hier entsprechende Klarheit schaffen.

Vom Excel-Sheet zur Smartphone-App

Die rechtlich saubere Eigentumsübertragung entpuppt sich also als «Gretchenfrage» für die digitale Aktie. Der Aequitec AG geht es deshalb weiterhin in erster Linie um die Verschlankung und Verbesserung der bisherigen, etablierten Prozesse – sei es bei der Aktienübertragung oder bei der Abhaltung von Generalversammlungen. Aequitec hat hierzu die oben erwähnte Smartphone-App entwickelt, die Formalaufgaben aus dem Bereich Corporate Governance einfach abwickeln lässt – «ein neuartiges Kundenerlebnis», wie Christian Wilk betont. Grundlage dafür ist und bleibt allerdings ein gepflegtes Aktienregister. Viele KMU führen dieses noch via Exceltabellen. Auf dem Weg zur digitalen Aktie oder für Smartphone-Anwendungen ist das ein entscheidendes Hindernis. Christian Wilk: «Weshalb die Sommermonate nicht dazu nutzen, um das Aktienregister mit uns für die Einführung der digitalen Aktie fit zu machen?»

So machen Sie Ihr Aktienregister fit

  • Überprüfung der Namen und Adressen, insbesondere von wirtschaftlich Berechtigten
  • Eintragung nicht nur des Eigentums, sondern auch der dazugehörigen Stimmrechte
  • Erfassung aller vertretungsberechtigter Personen, insbesondere von juristischen Personen
  • Überprüfung der Ablaufdaten der vorliegenden Vollmachten
  • Klare Trennung von Aktienregister und Aktionärsverzeichnis
  • Saubere Trennung von Aktien- und Partizipationskapital
  • Erfassung aller Bestandsveränderungen
  • Erfassung aller Aktientransfers (Anzahl der Aktien, Übernahmepreis und -termin, Vorgaben
    durch Statuten und Aktionärsbindungsvertrag)
  • Altaktionäre streichen, nicht löschen

Weitere Informationen: www.aequitec.ch

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