Gedämpfter Optimismus bei Grossunternehmen – Insolvenzängste bei KMU
Während die Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie allmählich gelockert werden, zeichnet sich ab, wie dramatisch die Folgen für die KMUs tatsächlich sind. Jedes fünfte Unternehmen in der Schweiz, Deutschland und Österreich sieht seine Existenz bedroht. Demgegenüber äussern sich CFOs grösserer Unternehmen weniger besorgt über die Folgen von Covid-19.
In einer Online-Blitzumfrage von Visable, dem Betreiber der B2B-Plattform «Wer liefert Was», gaben 8.7 Prozent der befragten KMUs an, dass sie bei einem noch längeren Lockdown insolvent wären, weitere 12.6 Prozent wissen nicht, wie lange sie ihr Geschäft noch aufrecht erhalten können. Kurz: Insolvenzängste nehmen zu. Immerhin ein Viertel der Unternehmen (26 %) setzt auf staatliche Unterstützung und hofft die Existenz durch die Inanspruchnahme von staatlichen Geldern sichern zu können. Dem stehen 40.1 Prozent der Betriebe gegenüber, die glauben, mit einem blauen Auge davon zu kommen und nach der Krise weiter bestehen zu können.
Vermehrt Kurzarbeit und Produktionsstillstand
Die erneute Befragung, die zwischen 21. und 26. April durchgeführt worden ist macht deutlich, dass sich die Situation für die KMU in der DACH-Region seit Anfang März zugespitzt hat: Die Anzahl an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, hat sich im Vergleich mehr als verdoppelt: 40.5 Prozent der Befragten geben jetzt an, in Kurzarbeit zu arbeiten. Anfang März waren es in der Schweiz noch 20.7 Prozent der Unternehmen.
Mehr als jedes vierte Unternehmen (25.5 %) ist ausserdem von der kompletten Schliessung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnungen betroffen. In rund acht Prozent der befragten Unternehmen steht die Produktion still. Mehr als zwei Drittel (37.6 %) erleiden enorme Umsatzeinbussen. In einigen Unternehmen herrscht trotz allem Arbeitsalltag: 22.4 Prozent der Unternehmen arbeiten mit Atemschutzmasken im Normalbetrieb. Vom Homeoffice aus arbeiten 28.9 Prozent.
Keine Insolvenzängste bei CFOs grösserer Unternehmen
Gemäss einer von PwC durchgeführten Befragung machen sich hingegen die Schweizer CFOs immer weniger Sorgen über die Auswirkungen von COVID-19. In der aktuellen Befragungswelle äusserten gemäss PwC nur 47% der Befragten grosse Besorgnis, verglichen mit 58% und 75% in den beiden vorangegangenen Runden der sog. CFO-Puls-Umfragen, die das Wirtschaftsprüfungsunternehmen seit Beginn der Corona-Krise alle zwei Wochen durchgeführt hat. Die Schweizer Finanzchefs (zusammen mit ihren Kollegen in Deutschland und Dänemark) scheinen immer noch weniger besorgt über die COVID-19-Krise zu sein als ihre globalen Kollegen. Nur 47% der Befragten in der Schweiz glauben nun, dass der Ausbruch das Potenzial hat, ihre Geschäftstätigkeit erheblich zu beeinträchtigen, verglichen mit 70% der Befragten in allen untersuchten Gebieten.
Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Befragungswellen ist die Zahl der CFOs in der Schweiz, die eine Erholung innerhalb von drei Monaten erwarten, aber deutlich zurückgegangen – von 90% in der ersten Welle und 72% in der zweiten auf nur noch 50% in der letzten Runde. Interessanterweise haben die CFOs in Deutschland eine optimistischere Erwartungshaltung, dass sich die Wirtschaft «erholt», wobei über 70% der Befragten mit einer Erholung innerhalb von drei Monaten rechnen.
Verschiedene Auswirkungen der Krise
Die Corona-Pandemie wirkt sich als Beschleuniger der Digitalisierung aus, vor allem auch in Beschaffungsprozessen. Visable berichtet von deutlich höheren Zugriffszahlen auf ihre Plattformen. «Der momentane Ausnahmezustand ist Beleg dafür, dass sich Einkauf, Beschaffung aber auch Marketing und Vertrieb langfristig völlig neu aufstellen und digitaler werden müssen, um für die Zukunft gewappnet zu sein», sagt Peter F. Schmid, CEO von Visable.
In ihrer Existenz bedrohte KMU könnten aber Rettung in einer Akquisition durch ein grösseres Unternehmen finden. So berichten von PwC befragte CFOs von einem «zunehmenden Appetit auf M&A-Aktivitäten» (17 % in der Schweiz gegenüber 11 % der weltweiten Stichprobe. Die Schweizer CFOs bringen auch eines der höchsten Vertrauensniveaus in die langfristige Stabilität ihrer M&A-Strategie in der gesamten Stichprobe zum Ausdruck. Ob nun wirklich eine Übernahmewelle folgt, bleibt abzuwarten, zumal viele KMU, die aktuell unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, in Sektoren tätig sind, die wirtschaftlich ohnehin unter Dauerdruck – geringe Margen, gesättigte Märkte – stehen.