Coronavirus: Arbeitsrechtliche Fragen

Das Coronavirus hält die Wirtschaft in Atem. Für manche Unternehmen stellen sich aktuell verschiedene Fragen, auch rechtliche. Ein paar wichtige Punkte aus dem Arbeitsrecht haben wir hier zusammengestellt.

Der Umgang mit der Corona-Krise zieht zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen nach sich. (Bild: Pixabay.com)

Die Arbeitgeber haben gegenüber ihren Arbeitnehmenden gemäss OR ein Weisungsrecht, aber auch eine Fürsorgepflicht. Dies gilt es im Zusammenhang mit der Corona-Krise erst recht zu beachten.

Zumutbare Massnahmen für Mitarbeitende finden

Aufgrund der Fürsorgepflicht (OR 328 Abs. 2) hat die Arbeitgeberin zumutbare Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen. Darunter fällt auch die Selbstquarantäne, sollte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sein. Gestützt auf das Weisungsrecht (OR 321d) kann die Arbeitgeberin Telearbeit oder Homeoffice anordnen. Die Arbeitnehmenden haben in diesem Fall eine solche Weisung zu befolgen. Möglich ist auch die Anordnung, dass Überstunden oder Überzeit kompensiert oder Ferien (OR 359c) bezogen werden müssen, wobei beim Zwangsferienbezug die Interessen des oder der Mitarbeitenden durch die Arbeitgeberin zu berücksichtigen sind. In diesen Fällen ist der volle Lohn geschuldet (OR 324 Abs. 1). Bei Kompensation von Überstunden und Überzeit ist das Einverständnis des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin vorausgesetzt. Die Arbeitszeiten gelten grundsätzlich gemäss Gesetz. Die Arbeitgeberin kann grundsätzlich auch ein Ferienverbot anordnen, da sie den Zeitpunkt der Ferien bestimmen kann. Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin ist anzuhören und auf seine bzw. ihre Wünsche ist Rücksicht zu nehmen. Die Verschiebung von bereits vereinbarten Ferien ist aber nur aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt. Ein Zwang zum unbezahlten Urlaub ist nichtig. Denkbar sind ausserdem Betriebsferien, wobei diese frühzeitig (mindestens 14 Tage) im Voraus angekündigt werden müssen.

Arbeitsrechtliche Fragen rund um die Lohnfortzahlung

Erkrankt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, trifft die Firma eine Lohnfortzahlungspflicht (OR 324 Abs. 1). Verfügt die Firma über eine Krankentaggeldversicherung (KTG), greift diese nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartefrist (üblicherweise 30, 60 oder 90 Tage). Ist keine Krankentaggeldversicherung vorhanden, richtet sich die Dauer der Lohnfortzahlung nach den bestehenden Skalen (Berner, Basler, Zürcher Skala). Verzichtet die Arbeitgeberin auf die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden, ist der vereinbarte Lohn weiter zu entrichten. Eine angeordnete Selbstquarantäne kann nicht über die Krankentaggeldversicherung abgerechnet werden, da kein Krankheitsfall vorliegt. Das gleiche ist der Fall, wenn die zuständige Behörde gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a EpiG (Epidemiegesetz) gegen eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter eine Quarantänemassnahme verfügen sollte. Will die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb der Arbeit fernbleiben, besteht für die Fehlzeit kein Lohnanspruch.

Ebenfalls in folgenden Fällen ist der Lohn (während beschränkter Zeit, OR 324a) geschuldet:

  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien und ist deshalb nicht reisefähig.
  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien am Coronavirus und ist deshalb nicht reisefähig.
  • Der Betrieb muss aufgrund Lieferengpässen des Zulieferers eingestellt werden.
  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin betreut ein am Coronavirus erkranktes Kind zu Hause (Art. 36 ArG).
  • Die Arbeitgeberin schickt den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin vorsichtshalber nach Hause bzw. schliesst den Betrieb.
  • Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber verweigert Schutzmassnahmen und die Anwendung von Hygienevorschriften.
  • Schulen und Kindergärten werden behördlich geschlossen. Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin muss die Kinder betreuen (ZGB 276).
  • Der Betrieb wird auf behördliche Anweisung geschlossen. Der Arbeitnehmer kann allerdings auf Grund seiner Treuepflicht dazu verpflichtet werden die «verpassten» Arbeitszeiten nachzuholen.

In folgenden Fällen ist der Lohn nicht geschuldet:

  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin kann nicht aus den Ferien zurückkehren, weil die am Ferienort zuständige Behörde die Ausreise nicht erlaubt bzw. die Grenze schliesst (höhere Gewalt).
  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin ist eine ängstliche Person und verweigert die Arbeit aus Vorsicht, weil er bzw. sie angesteckt werden könnte (Arbeitsverweigerung).
  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin kann nicht zur Arbeit erscheinen, weil der öffentliche Verkehr reduziert oder eingestellt wird (andere Verkehrsmittel nehmen). Kann die Arbeit aber von zu Hause erledigt werden (Telearbeit), ist der Lohn geschuldet.
  • Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin schickt aus Angst sein Kind nicht in die Krippe, sondern betreut es zu Hause und muss deshalb der Arbeit fernbleiben.
  • Der (ganze) Wohnort des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin wird unter Quarantäne gestellt.

Kurzarbeit

Das SECO hat die Kantone angewiesen, Gesuche um Kurzarbeit bezüglich Covid-19 zu prüfen. Ordnet die zuständige Behörde eine Schliessung des Betriebes an oder verbietet sie den Zutritt zu bestimmten Gebäuden bzw. Arealen, ist zu prüfen, ob Kurzarbeitsentschädigung gefordert werden kann. Kurzarbeit ist vor allem auch von jenen Unternehmen zu prüfen, die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit keine Telearbeit anordnen können. Zu beachten ist zudem, dass bei Gleitzeit ein entsprechendes Reglement vorliegen muss sowie das Vorhandensein einer Zeiterfassung.

Weiter sind folgende Fälle zu prüfen:

  • die Mitarbeitenden können ihre Arbeitszeit nicht einhalten, weil Transportbeschränkungen den Zugang zum Arbeitsort erschweren;
  • notwendige Roh-/Betriebsstoffe sind infolge Einfuhr-/Ausfuhrverbot nicht verfügbar;
  • Lieferschwierigkeiten von Roh- und Betriebsstoffen;
  • Zusammenspiel verschiedener Faktoren, bedingt durch die Pandemie, die zu einer Einstellung der Betriebstätigkeiten führen;
  • Arbeitszeitverkürzung auf behördliche Anordnung;

Keine Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden kann, wenn Mitarbeitende aufgrund der Umstände (z. B. geschlossene Krippen) ihre Kinder zu Hause betreuen müssen.

Die hier aufgeführten Angaben beruhen auf einem Merkblatt des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv. Für weitere Informationen rund um arbeitsrechtliche Fragen, Pandemiepläne, Gesundheitsschutz u. degl. verweisen wir u.a. auf das SECO, BAG und weitere Bundesstellen.

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