20 Jahre schillingreport: Mehr Frauen in Führungsgremien
Die Führungsgremien der 100 grössten Schweizer Arbeitgeber wurden über die vergangenen 20 Jahre diverser – sowohl in der Geschäftsleitung als auch im Verwaltungsrat. Hatte 2006 noch kein Unternehmen einen Frauenanteil von mindestens 30 % in der Geschäftsleitung, sind es aktuell 31 Unternehmen. Nur noch 23 Unternehmen verzeichnen keine Frau in der Geschäftsleitung, wie die neueste Ausgabe des „schillingreports“ zeigt.
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Seit 20 Jahren beleuchtet der schillingreport die Zusammensetzung der Geschäftsleitungen und seit 15 Jahren der Verwaltungsräte der 100 grössten Schweizer Arbeitgeber. In dieser Zeit stieg der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen von 4 % in 2006 auf aktuell 22 % und in den Verwaltungsräten von 10 % in 2010 auf aktuell 33 %. «Als wir 2006 mit der Erhebung der Zusammensetzung der Geschäftsleitungen starteten, hätte ich mir nicht vorstellen können, 20 Jahre später mit dem schillingreport eine derart breit aufgestellte Erhebung zu publizieren, die massgeblich zur Transparenz an der Spitze der Schweizer Wirtschaft beigetragen hat und immer noch beiträgt», so der Herausgeber des schillingreport, Guido Schilling. Im Fokus des schillingreport standen immer Daten zur Zusammensetzung der Führungsgremien der Schweizer Wirtschaft und des öffentlichen Sektors. Befragt wurden für die aktuelle Ausgabe 119 Geschäftsleitungen und 93 Verwaltungsräte sowie die Bundesverwaltung plus 26 Kantonsverwaltungen.
Frauenanteil in Verwaltungsräten: Schweiz mit Aufholbedarf
Als die Erhebung des Frauenanteils in Verwaltungsräten 2010 erstmals durchgeführt wurde, gab es nur 1 Verwaltungsratspräsidentin, aktuell sind es 7. Der Verwaltungsrat wies 2010 einen Frauenanteil von 10 % aus, dieser stieg kontinuierlich auf aktuell 33 %, wobei der geforderte Richtwert gemäss Aktienrecht von 30 % 2024 geknackt wurde. Die Unternehmen besetzten in den vergangenen Jahren zwischen 37 % und 48 % der vakanten Sitze mit Frauen, was die angestrebte Durchmischung sicherstellte. «Wir sind auf gutem Weg. Dennoch,
im Vergleich mit den EU-Ländern, bei denen Frankreich bereits 48 %, Italien 45 % und Norwegen sowie UK je 44 % Frauen im Verwaltungsrat verzeichnen, gehören wir in der Schweiz leider nach wie vor zu den Schlusslichtern», meint Schilling. Er weist zudem darauf hin, dass Länder wie UK, Finnland oder Schweden ihre Spitzenposition ohne gesetzlich vorgeschriebene Frauenquoten erreicht haben. Erfreulich sei aber, dass aktuell 62 % der Unternehmen über Frauenanteile von ≥ 30 % im Verwaltungsrat verfügen, waren es 2010 noch bescheidene 2 %, hält Guido Schilling fest. Gleichzeitig sank der Anteil Unternehmen ohne Frauen im Verwaltungsrat von 44 % auf aktuell 3 %.
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Generationenprojekt Gender Diversity in der Geschäftsleitung
Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der 100 grössten Unternehmen der Schweiz entwickelte sich von 4 % in 2006 innerhalb von 15 Jahren auf 10 % in 2020. «Diese homöopathischen Schritte haben mich lange beschäftigt», gibt Guido Schilling zu. «Bereits 2010 sprach ich deshalb vom Generationenprojekt einer ausgewogenen Geschlechterdurchmischung in der Geschäftsleitung. Die Phase der Sensibilisierung dauerte 15 Jahre. Der Katalysatoreffekt stellte sich erst ein, als die Unternehmen 2 und mehr Frauen in ihrer Gesamtleitung etablierten. So knackten die Unternehmen letztes Jahr die 20 %-Marke und erreichten damit den geforderten Geschlechterrichtwert. Ich spreche hier von der Bewusstseinsphase.» Aktuell haben gemäss schillingreport die Unternehmen 22 % Frauen in der Geschäftsleitung, wobei 25 % der Vakanzen mit Frauen besetzt wurden. «Die Akzeptanzphase in diesem Generationenprojekt ist dann erreicht, wenn die Unternehmen sich in Richtung einer ausgewogenen Durchmischung von 40-60 % Frauen und Männern bewegen. Einige Unternehmen weisen bereits weit
über ein Drittel Frauen in der Geschäftsleitung aus, sie werden die grossen Gewinner im War for Talents sein», folgert Schilling. Nichtsdestotrotz: In Schlüsselfunktionen der Geschäftsleitung wird ebenfalls eine zunehmend positive Entwicklung sichtbar. So verzeichneten die Unternehmen 2006 lediglich 2 weibliche CEOs und 2 weibliche CFOs, aktuell sind es 12 weibliche CEOs und 16 weibliche CFOs.
Gender-Diversity-Pipeline verbreitert sich
Seit 2016 erhebt der schillingreport bei den bedeutendsten 250 Schweizer Unternehmen die Frauenanteile unterhalb der Geschäftsleitungsebene. Diese Pipeline an Frauen im Topmanagement und Middle Management zeigt, ob überhaupt genügend Potenzial in den Unternehmen vorhanden ist, um in Zukunft mehr Geschäftsleitungsrollen mit Frauen zu besetzen. Im Sample der Privatwirtschaft stiegen in den letzten 10 Jahren die Frauenanteile im Middle Management von 22 % auf aktuell 28 % und im Topmanagement von 14 % auf 21 %. «Diese Verbreiterung der Gender-Diversity-Pipeline ist der Schlüssel zu einer ausgewogenen Geschlechterdurchmischung in der Geschäftsleitung und auf allen Führungsebenen», so Schilling.
So erfreulich die Zunahme des Frauenanteils in Geschäftsleitungen ist, wird ein anderes Problem deutlich: Frauen verbleiben viel kürzer in ihren Funktionen als Männer. Auch für Guido Schilling stellt sich hier die Frage, wie nachhaltig diese Entwicklung für die Stabilität der Führungsgremien ist. Mögliche Gründe für die höhere Fluktuation bei Frauen in Geschäftsleitungen wurden in der letztjährigen Ausgabe des schillingreport diskutiert.
Viele GL-Mitglieder ohne Schweizer Pass
Auch eine Feststellung des schillingreport 2025: Der Anteil Geschäftsleitungsmitglieder ohne Schweizer Pass nahm von 2006 mit 36 % auf 43 % in 2010 zu und oszillierte die folgenden 15 Jahre immer um 45 %. Erst 2025 stieg dieser auf den bisher höchsten Wert von 49 %, wobei
63 % der neu berufenen Geschäftsleitungsmitglieder keinen Schweizer Pass haben. «Das umliegende Ausland, insbesondere Deutschland, kämpft seit Corona mit einer Rezession, was die Attraktivität der Schweiz und ihrer Arbeitgebenden erhöht. War es in den vergangenen 4 bis 5 Jahren anspruchsvoller, qualifizierte Führungspersönlichkeiten aus dem Ausland zu gewinnen, ist die Schweiz aufgrund ihrer weiterhin stabilen Wirtschaftslage nun wieder attraktiver», so Schilling. «Wir sind seit jeher ein Einwanderungsland, was sich auch in den hohen Anteilen von Personen ohne Schweizer Pass, die den wesentlichen Teil der Karriere in der Schweiz verbrachten, den sogenannten ‹Inländern› und ‹Inländerinnen›, spiegelt.» Über die vergangenen 20 Jahre hat sich zudem die Anzahl der vertretenen Nationalitäten stark verbreitert. 2006 fanden sich neben der Schweiz 23 weitere Nationalitäten in der Geschäftsleitung, aktuell sind es 48.
Der öffentliche Sektor als Vorreiter
Im Public Sector stieg der Frauenanteil im Topkader von 14 % in 2016 auf aktuell 26 %. Betrachtet man die Bundesverwaltung losgelöst von den Kantonen, so stieg der Frauenanteil im Topkader von 17 % im Jahr 2016 auf aktuell 42 %. «Der Bund machte nicht nur Vorgaben, sondern löste das Geforderte vorbildlich ein», meint dazu Guido Schilling. «Dank dieser ausgewogenen Durchmischung finden sich für
Spitzenämter in der Bundesverwaltung genügend qualifizierte Kandidaturen beider Geschlechter». Und die Durchgängigkeit zwischen dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft sei hoch, so Schilling.
Quelle: guido schilling ag