Pensionskassen spüren wieder Aufwind
Die Schweizer Pensionskassen können auf ein gutes Börsenjahr 2023 zurückblicken. Das hat ihre finanzielle Situation stark verbessert. Zu spüren ist dies auch für die Versicherten: Einige dürfen sich sogar über Leistungsverbesserungen freuen.
Das Jahr 2024 wird ein wichtiges werden für die Schweizer Pensionskassen: Am 22. September 2024 wird über die BVG-Reform abgestimmt. Und es scheint, dass sich die Pensionskassen in deren Vorfeld eine gute Position verschaffen können. Denn die mit Spannung erwartete neue Schweizer Pensionskassenstudie von Swisscanto by Zürcher Kantonalbank hält fest, dass die Vorsorgeeinrichtungen ihren langjährigen Leistungsabbau haben stoppen können und sich die 2. Säule als stabil präsentiert. An der Studie, der 24. Ausgabe in dieser Reihe, nahmen 483 Vorsorgeeinrichtungen teil, die knapp 4,1 Mio. Versicherte repräsentieren und ein Vermögen von CHF 770 Mrd. verwalten.
Hohe Renditen ermöglichen Ausbau der Reserven und Leistungen
Verantwortlich für die stabile finanzielle Situation der Schweizer Pensionskassen ist das gute Börsenjahr 2023. Gemäss der Studie erzielten die Pensionskassen im Schnitt eine Nettorendite von 5,1 Prozent. Damit konnten die Vorsorgewerke ihr finanzielles Polster deutlich ausbauen. Nachdem der Deckungsgrad der privatrechtlichen Kassen im Jahr 2022 durch die negativen Renditen von 122,1 auf 110,1 Prozent gesunken war, lag er Ende 2023 bereits wieder bei 113,5 Prozent. Fast die Hälfte der Kassen hat die Wertschwankungsreserven zu mindestens 75 Prozent aufgefüllt und wäre damit bereit für Leistungsverbesserungen.
Die durchschnittliche Rendite der besten zehn Prozent der Kassen lag 2023 bei 8,2 Prozent, während die schlechtesten zehn Prozent der Kassen 2,3 Prozent erreichten. «Die höhere Performance der erfolgreichen Kassen kommt den Versicherten zugute: Die Topperformer weisen per Ende 2023 wieder einen hohen Deckungsgrad aus und haben ihre Wertschwankungsreserven weitgehend gebildet. Dies hat ihnen ermöglicht, die gute Performance an die Aktivversicherten weiterzugeben und mit 3,7 Prozent deutlich über dem BVG-Mindestzins zu verzinsen», sagt Iwan Deplazes, Leiter Asset-Management der Zürcher Kantonalbank. Die schlechtesten Kassen verzinsten die Altersguthaben der Aktiven mit 2,0 Prozent; der Durchschnitt über alle untersuchten Kassen hinweg lag bei 2,44 Prozent. Auch die Entwicklung der Umwandlungssätze weist in eine positive Richtung. Nach der Talfahrt während der letzten 15 Jahre flacht die Kurve nun merklich ab. Der durchschnittliche Umwandlungssatz beträgt aktuell 5,31 Prozent, und bis 2029 rechnen die Kassen mit 5,23 Prozent.
Die Swisscanto-Pensionskassenstudie 2024 bestätigt, was die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) schon Anfang Mai kommunizieren durfte: Die finanzielle Lage der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen hat sich im Berichtsjahr 2023 wieder positiv entwickelt. Allerdings warnt die OAK BV in ihrer Mitteilung davor, jetzt schon von einer Rückkehr zu stabilen Verhältnissen zu sprechen. Denn insbesondere die geopolitischen Spannungen würden zunehmen und für Unsicherheit sorgen. Doch es wird auch festgehalten, dass die Pensionskassen dieser unsicheren Zukunft «grossmehrheitlich gut vorbereitet entgegensehen» können.
Flexible Leistungen statt langfristige Garantien
Die Indikatoren weisen darauf hin, dass die Pensionskassen bald wieder höhere Leistungen erbringen – nicht zuletzt, weil die Renditeaussichten seit der Zinswende optimistischer ausfallen. Die Kassen erwarten 2024 eine Rendite von 3,0 Prozent, nach 2,7 Prozent im Vorjahr. Der Start ins Jahr 2024 war schon mal vielversprechend, wie aus dem Swiss Pension Finance Watch von Willis Towers Watson (WTW) für das erste Quartal 2024 hervorgeht. Die Nettopensionskassenverpflichtungen der Schweizer Arbeitgeber hätten ihre Verluste aus dem letzten Quartal 2023 wettmachen können, heisst es dort. Die Pensionsvermögen wuchsen über das Quartal deutlich um 5,0% und die Zinsen auf Unternehmensanleihen blieben recht stabil. Die starke Position der Nettopensionsverpflichtungen über die letzten zwei Jahre halte somit trotz temporärem Einbruch Ende 2023 an, hält WTW fest. Der Deckungsgrad stieg um 6,2% an, wie aus dem WTW-Pension-Index hervorgeht. Er stieg von 119,9% (31. Dezember 2023) auf 126,1% (31. März 2024). Dieser Aufwärtstrend, wie ihn alle hier erwähnten Untersuchungen zeigen, spiegelt sich auch im technischen Zins, der die langfristigen Renditeerwartungen der Pensionskassen festhält. Der Durchschnitt stieg über alle Kassen hinweg von 1,54 auf 1,57 Prozent.
Trotz der positiven Vorzeichen halten sich Pensionskassen zurück, ihre Leistungsgarantien zu erhöhen. Lediglich drei der insgesamt 483 befragten Kassen haben ihren Umwandlungssatz angehoben. «Zwar wollen 14 Prozent in diesem Jahr Leistungsverbesserungen für Rentnerinnen und Rentner erbringen, doch auch hier zeigt sich die Zurückhaltung gegenüber langfristigen Verpflichtungen: Nur 39 Prozent dieser Kassen gewähren Rentenerhöhungen. Die restlichen 61 Prozent setzen auf Einmalzahlungen», sagt Heini Dändliker, Leiter Key-Account-Management und Leiter Firmenkunden Markt Schweiz der Zürcher Kantonalbank.
Den Marktchancen und -risiken ausgesetzt
Der Trend hin zu flexiblen Leistungen lässt sich als Reaktion auf die Erfahrungen der letzten 20 Jahre interpretieren. Die wiederholten Turbulenzen an den Börsen haben das Sicherheitsbedürfnis der Pensionskassen erhöht. Sie suchen nach Möglichkeiten, um flexibel auf die Entwicklung der Finanzmärkte zu reagieren. Für die Versicherten hat dieser Wandel unmittelbare Folgen: Werden weniger Leistungen garantiert, hängen diese zunehmend vom Börsengeschehen ab. Damit tragen die Versicherten die Risiken der Anlagen vermehrt mit. Steigen die Kurse, profitiert die Vorsorge – fallen die Kurse, leidet die Vorsorge.
Bei hohen Renditen wie im vergangenen Jahr profitieren die Versicherten: die Rentnerinnen und Rentner von Einmalzahlungen und die Aktivversicherten von einer höheren Verzinsung der Alterssparguthaben. Diese wurden, so die Swisscanto-Studie, im Jahr 2023 im Schnitt mit 2,44 Prozent verzinst, wobei sich Kassen mit höheren Renditen tendenziell grosszügiger zeigten. Als Fazit lässt sich ziehen: Die Pensionskassen haben die Umverteilung von Jung zu Alt gestoppt und das Kapitaldeckungsverfahren wird seinem Grundsatz wieder gerecht.
Pensionskassenvergleich
Unabhängig von den hier zitierten Untersuchungen von Swisscanto, OAK BV oder WTW haben wir einige der etabliertesten Schweizer Vorsorgeeinrichtungen einzeln befragt. Die von ihnen gelieferten Kennzahlen haben wir in einer Übersicht auf einer Doppelseite zusammengestellt.