Bundesrätin Viola Amherd am KMU Swiss Symposium: «Nicht in Panik verfallen»

Erstmals seit mehr als zwei Jahren fand das KMU Swiss Symposium wieder im Trafo Baden statt. Das Thema lautete «Zukunft Schweiz – Ein Pflegefall?!» Über 300 Personen kamen in den Genuss von spannenden Referaten, Diskussionsrunden und Show-Acts.

Prominenter Gast am KMU Swiss Symposium: Bundesrätin Viola Amherd im Gespräch mit Moderator Hugo Bigi. (Bild: Thomas Berner)

Eigentlich war es eine Jubiläumsveranstaltung: Vor 20 Jahren hatte Armin Baumann, Gründer und CEO von KMU Swiss, die Idee einer Netzwerk-Veranstaltung mit Referaten und Diskussionsrunden. Wäre der pandemie-bedingte zweijährige Unterbruch der Veranstaltungsreihe nicht gewesen, hätte Armin Baumann am 17. März 2022 im Trafo Baden das Publikum zur 20. Ausgabe des KMU Swiss Symposiums begrüssen können… Doch auch ohne diese runde Zahl hatte der Anlass durchaus Ausserordentliches zu bieten: Denn trotz ihres übervollen Terminkalenders konnte Bundesrätin Viola Amherd, Vorsteherin des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, als Referentin gewonnen werden.

Das Tagungs-Thema hatte es ebenfalls in sich: Sind wir in der Schweiz so gut unterwegs, wie wir meinen? Wie ist die Abhängigkeit der Wirtschaftsfaktoren und haben strukturelle Veränderungen Einfluss auf das Wachstum der Wirtschaft? Eine Krise zeige Schwachpunkte auf. Das bedinge weitsichtige und rechtzeitige Entscheidungen, so Armin Baumann in seiner Eröffnungsansprache. «Leider ist es so, dass nach wie vor reagiert statt agiert wird», so Baumann.

Bundesrätin Viola Amherd über alte und neue Bedrohungen

Die Krisensituation – eine noch nicht ausgestandene Pandemie und die kriegerischen Ereignisse in der Ukraine – machten den Auftritt der Verteidigungsministerin deshalb hoch-aktuell. Ist die Schweiz in Sachen Sicherheit also «ein Pflegefall»? Viola Amherd betonte, dass die aktuelle Lage uns vor Augen führe, dass Sicherheit nichts Selbstverständliches sei. Bundesrätin Amherd führte aus, wie das Thema Sicherheit denn auch in der Politik zu einem immer zentraleren Thema geworden ist und weiter bleiben wird. «Sicherheit, das wird von der Politik erwartet», so Amherd – auch mit Blick auf die vielen KMU, die zwar immer wieder beweisen, dass sie mit Krisen gut umgehen können, aber dazu auch die entsprechenden Voraussetzungen benötigen. Die Armee – «als letzte Versicherung» – wiederum muss sich ebenfalls ständig gegen neue Bedrohungslagen wappnen «Neue Bedrohungen, wie z. B. Cyber, lösen alte nicht ab» betonte Amherd. Aber: «Wir müssen in die Cyberabwehr investieren, da haben wir noch einiges nachzuholen». Die Frage, ob es denn im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg verstärkte Cyberangriffe auf die Schweiz gegeben habe, verneinte Bundesrätin Viola Amherd. «Wir dürfen nicht in Panik verfallen», meinte sie, aber man sei sehr wachsam. Und angesprochen auf die Wehrpflicht für Frauen als mögliche Lösung für den «Fachkräftemangel» in der Armee und auch als Element der Gleichberechtigung hatte die Verteidigungsministerin folgende Botschaft: «Die Wehrpflicht für Frauen sehe ich nicht als erste Option, lieber soll man die Lohngleichheit endlich umsetzen».

«Pflegefall» Altersvorsorge

In weiteren Referaten wurde der «Pflegefall Schweiz» aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet. Die Neurowissenschaftlerin Claudia Thali stellte einen Zusammenhang her zwischen Förderung der Kreativität und Zukunftsfähigkeit. Dass Kreativität hilft, Lösungen für die Zukunft zu finden, zeigte die Referentin anhand von Beispielen, etwa dem Denken «outside the box». Kreativität brauche aber Zeit und Freiraum. Und dies müssten heute Führungskräfte vermehrt zur Verfügung stellen.

Erörterten die Frage: Altersvorsorge wohin? Josef Zopp, Thomas Boyer (CEO Groupe Mutuel) und Aymo Brunetti (v.l.n.r.) (Bild: Thomas Berner)

Tatsächlich ein «Pflegefall» ist die Altersvorsorge – «oder sie könnte zu einem werden», so Prof. Dr. Aymo Brunetti von der Universität Bern. Er wies auf eine grundlegende Problematik des aktuellen Systems hin: Die steigende Lebenserwartung gekoppelt mit dem fixen Rentenalter. Das führt im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung dazu, dass die Zahl der Erwerbsfähigen nicht weiter ansteigt, dafür die Zahl der Über-65-Jährigen. Deshalb plädierte Aymo Brunetti dafür, das Rentenalter zu flexibilisieren. Das heisst, bei höherer Lebenserwartung muss auch das Rentenalter steigen. So könne das System stabilisiert werden. Denn einseitige Massnahmen, etwa Erhöhung der Einnahmen für die Sicherung der Altersvorsorge oder die Reduktion der Ausgaben, also tiefere Renten, sind politisch kaum realistisch. Ähnlich argumentierte auch Josef Zopp, BVG-Spezialist bei Weibel Hess & Partner AG, die regelmässig die Leistungen von Pensionskassen vergleicht. Er wies insbesondere auf frappante Unterschiede bei der Behandlung der Altersguthaben durch die Vorsorgeeinrichtungen hin. Der Zins als «3. Beitragszahler» wird als Faktor oft unterschätzt, was sich dann bei der Höhe des Alterskapitals schmerzlich bemerkbar machen kann. Und auch der Umwandlungssatz – aktuell bei 6,8 Prozent – wäre bei einer Senkung auf 6 Prozent, wie dies zur Zeit diskutiert wird, immer noch zu hoch. Denn einige Pensionskassen wenden schon heute wesentlich tiefere Umwandlungssätze an.

Zukunftsfähigkeit der KMU betont

Beispiele dafür, wie «Zukunftsfähigkeit» abseits von einem «Pflegefall» konkret verstanden werden kann, lieferten die Vorträge von Guido Konrad (Varian Medical Systems Imaging Labs), Ernst Gisin (Stahlton Bauteile AG) und Nina Suma (Fortyseven). Guido Konrad erläuterte am Beispiel seines Unternehmens den Mehrwert der Schweiz für Entwicklungsstandorte internationaler Firmen. Ernst Gisin wiederum richtete seinen Blick in die Baubranche, die sich ebenfalls im Umbruch befindet. Und Nina Suma zeigte schliesslich, wie die ThermalBaden AG mit dem Bad «Fortyseven» zur Revitalisierung der Tourismusdestination Baden beigetragen hat. Die Referate und die Networking-Möglichkeiten ergänzt haben die Info-Stände von über 20 Ausstellern.

www.kmuswiss.ch

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