Klimawandel in der Beurteilung von Schweizer Unternehmen
Schweizer Unternehmen beurteilen Klimawandel im weltweiten Vergleich als schwerwiegender. Dies zeigt eine Befragung von obersten Führungskräften durch Deloitte. Schweizer Unternehmen seien sich darin einig, dass die Reaktion auf den Klimawandel dringlich ist. Sie spüren zwar einen grösseren Druck von ihren verschiedenen Anspruchsgruppen als Unternehmen in anderen Märkten, dennoch setzen sie weniger Massnahmen um.
Deloitte befragte über 2’000 Geschäftsleitungsmitglieder in 21 Ländern inklusive der Schweiz dazu, wie sie die Auswirkungen des Klimawandels einschätzen und darauf reagieren. 8 von 10 (79%) der Befragten sind der Meinung, dass die Welt in Klimafragen heute an einem Wendepunkt steht – hierzulande sind dies sogar 9 von 10 (89%). Eine noch deutlichere Mehrheit von 91% der Schweizer CxOs beurteilt die aktuelle Situation als Klimakrise.
Daher befürworten fast alle Befragten sofortiges Handeln, um die schlimmsten Effekte des Klimawandels abzufedern. Die Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Unternehmen zeigen sich ausserdem deutlich kritischer, was die Folgen des Klimawandels angeht, als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Märkten: Für 60% hat der Klimawandel bereits irreparable Schäden verursacht – im weltweiten Durchschnitt teilen nur 35% diese Haltung.
Grosser Druck, das Engagement zu verstärken
In der Schweiz spüren die Befragten den Druck, die Anstrengungen gegen den Klimawandel zu verstärken, besonders deutlich von ihrem eigenen Verwaltungsrat. Ebenfalls starken Druck, wenn auch etwas weniger, spüren sie diesbezüglich vonseiten Kundschaft und Aktionariat. Global gesehen setzen dagegen die Regulationsbehörden am meisten Druck auf – in der Schweiz landen diese erst auf Rang 4, gefolgt von den eigenen Mitarbeitenden. Hiesige Unternehmen sind auch eher als der weltweite Durchschnitt der Meinung, dass die eigene Regierung gute Arbeit leiste, um den Klimawandel zu bekämpfen (Schweiz 76%, global 54%).
Die Schweiz hinkt gemäss dem Bericht vor allem bei den Massnahmen mit der grössten Hebelwirkung hinterher. Am deutlichsten ist der Abstand bei der Entwicklung von neuen, klimafreundlichen Produkten und bei der Kopplung der Vergütung der Geschäftsleitung an konkrete Nachhaltigkeitsziele (Schweiz 23%, global 37%).
Nachhaltigkeit als Reputationstreiber
Marcel Meyer, Leiter der Abteilung für Nachhaltigkeitsdienstleistungen bei Deloitte, ordnet die Ergebnisse wie folgt ein: «Wer etwas bewegen will, muss wissen, wo der Hebel am grössten ist. Unser Bericht identifiziert eine Reihe von Massnahmen, die deutlich mehr Wirkung erzielen als andere. Dazu gehören die Durchsetzung von Nachhaltigkeitskriterien bei Lieferanten und Partnern, der Einbezug von Klimaüberlegungen in die Lobbyarbeit, ein Fokus auf die Entwicklung klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen und, ganz besonders, nachhaltigkeitsbezogene Leistungsziele für die Managementteams. Gerade in diesem Punkt haben viele Schweizer Unternehmen Aufholbedarf.» (Siehe auch Grafik)
Diskrepanz bei Massnahmen gegen Klimawandel
Eine klare Diskrepanz zeigt sich zwischen Massnahmen mit interner und solchen mit externer Wirkung. Schweizer Befragte schätzen die Effekte ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen auf das eigene Unternehmen durchwegs viel positiver ein als der globale Durchschnitt. Sie gehen insbesondere stärker von einer vorteilhaften Wirkung auf die Reputation (60% vs. 49%), die eigene Belegschaft (51% vs. 42%) und die Rekrutierung (48% vs. 35%) aus. «Unsere Studie lässt vermuten, dass sich viele Schweizer Unternehmen vor allem um Nachhaltigkeit bemühen, weil sie um ihre Reputation fürchten. Das ist eine bedenkliche Tendenz, denn der Klimaschutz dient ihrem ureigensten Interesse, nämlich der langfristigen Werterhaltung und -steigerung ihres Unternehmens», ergänzt Marcel Meyer.
Grösste Hürde: kurzfristig orientierte Investoren
Schweizer Geschäftsleitungsmitglieder treffen tendenziell auf andere Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsmassnahmen als Kolleginnen und Kollegen aus anderen Märkten. Sie verorten ihre Herausforderungen vor allem in den kurzfristig ausgerichteten Ansprüchen von Aktionären und Investoren (33% vs. 25%) oder der Akzeptanz bei den Linienmanagern (20% vs. 12%). Kosten spielen hingegen in der Schweiz eher eine untergeordnete Rolle (19% vs. 27%).
Die Forderung von Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz und Mitglied des Leitungsteams von Deloitte North and South Europe, ist klar: «Die Schweizer Wirtschaft sollte in Klimafragen eine klare Vorbildfunktion einnehmen. Dank unserer starken und innovationsfähigen Wirtschaft und den hervorragenden Schweizer Bildungs- und Forschungsinstitutionen sind wir hierfür bestens aufgestellt.»
Quelle: Deloitte