Acht Handlungscluster: Wie Land und Unternehmen nach Corona wieder auf Erfolgskurs kommen
Das Schweizer Erfolgsmodell ist unter Druck: Sinkende Wettbewerbsfähigkeit und geringe Produktivitätsfortschritte waren schon vor der Corona-Krise Herausforderungen. Die Unternehmen in der Schweiz müssen das durch die aussergewöhnliche Lage und die staatlichen Unterstützungen erzeugte Momentum nutzen und so bald wie möglich vom Krisenmodus in einen nachhaltigen Wachstumsmodus wechseln.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz hat nachgelassen. Das Land riskiert, seine internationale Spitzenposition zu verlieren und ins Mittelfeld abzusteigen. Ökonomen machen sich Sorgen um das tiefe Produktivitätswachstum und in verschiedenen relevanten Rankings (z.B. WEF Global Competitiveness Report 2019 oder Weltbank-Report Doing Business 2019) verliert der Standort Schweiz an Attraktivität. Hinzu kommen die Nachwirkungen der Corona-Krise, die noch nicht überwunden ist, und die bestehenden Herausforderungen vergrössert. Handelt die Schweiz nicht rechtzeitig und bestimmt, besteht Gefahr, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit weiter verschlechtert, das Wachstum schwächelt und das Land seine Spitzenposition nicht mehr halten kann.
Corona-Krise deckt Versäumnisse auf
Trotz der von vielen Seiten gelobten Reaktion der Schweizer Behörden in der Anfangsphase der Pandemie wurden auch Schwächen sichtbar. «Die Corona-Krise machte staatliche Versäumnisse sichtbar, die nicht zu einem modernen und innovativen Land passen», erklärt Michael Grampp, Chefökonom bei Deloitte Schweiz. Von diesem Beratungsunternehmen stammt ein neuer Report mit dem Titel «Power Up Switzerland». Als Informationsgrundlage wurden rund 400 führende Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden und Politik zu den Erfolgsfaktoren für die Schweiz befragt. In der umfassenden Analyse haben sich acht zentrale Handlungscluster herauskristallisiert, die jetzt koordiniert durch Staat und Unternehmen angegangen werden müssen.
Acht Handlungscluster mit grossem Potenzial
«Im April und Mai haben wir mit Umfragen und Meinungsartikeln aufgezeigt, wie COVID-19 unser Leben verändert. Jetzt dient Power Up Switzerland als eine Road-Map für eine Erneuerung des Erfolgsmodells Schweiz. Wir wollen Anregungen bieten, wie man die Wirtschaft und die Unternehmen in der Schweiz nachhaltiger und widerstandsfähiger machen kann», erklärt Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz den Hintergrund des neuen Reports. Bereits im Januar 2020 hatte Deloitte 400 Führungspersönlichkeiten in Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz befragt. Die Teilnehmenden der Online-Umfrage haben insgesamt 21 Einflussfaktoren bewertet. Die Ökonomen und Industrieexperten von Deloitte haben daraus acht Themenfelder mit dem grössten Erfolgspotenzial identifiziert. Die Corona-Krise und die in der Folge von Staat und Unternehmen getroffenen Massnahmen flossen in die Auswertungen ein.
Nachhaltig und robust in die Zukunft
«Die Schweizer Unternehmen müssen nun ihre Innovationskraft und Eigeninitiative stärken, und sich international wieder neu positionieren», fordert Savoia. Für jeden der mit Power Up Switzerland identifizierten acht Handlungscluster hat Deloitte zahlreiche Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und der hier ansässigen Unternehmen entwickelt. Die Politik könne zudem viel bewirken, indem sie Handelsschranken abbaut, die Regulierungsdichte reduziert, die Altersvorsorge saniert oder die eigene Verwaltung noch viel stärker digitalisiert, heisst es dazu weiter.
Die Massnahmen für die Unternehmen lassen sich unter dem gemeinsamen Dachbegriff «nachhaltige Widerstandsfähigkeit» zusammenfassen: Nachhaltigkeit erfordert Einbezug von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft – ein Themendreieck, die gemäss dem aktuellen swissVR Monitor von vielen Unternehmen noch zu wenig systematisch bearbeitet wird. Widerstandsfähigkeit muss erhöht werden, um schwierige wirtschaftliche Situationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen.
Handlungscluster „Arbeitskräfte und Bildung“
«Nachhaltige Widerstandsfähigkeit» bedeutet beispielsweise im internationalen Handel, dass Unternehmen ihre bestehenden Lieferketten und Standortstrategien neu bewerten müssen, um sie zu optimieren und zu differenzieren. Bei Umweltthemen oder Steuern ist es sinnvoll, den Dialog mit relevanten Anspruchsgruppen zu intensivieren und transparent öffentlich zu kommunizieren, um einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe zu führen», so Savoia. «Auch in der Mitarbeiterführung gibt es erhebliches Potenzial für mehr Widerstandsfähigkeit», ergänzt er. Der Belegschaft könne mehr Mobilität, Flexibilität und Eigenverantwortung zugestanden werden. Wenn immer mehr Mitarbeitende zeitlich oder örtlich unabhängiger arbeiten können, steige die Widerstandsfähigkeit der Organisation. Und Unternehmen müssten realisieren, dass eine bessere Integration von älteren Arbeitnehmenden und Frauen einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung des steigenden Fachkräftemangels leisten kann, schreibt Deloitte weiter. Fähigkeiten und Wissen könnten vermehrt über digitale Plattformen erworben und ausgetauscht werden. Um diese Veränderungen erfolgreich umzusetzen, brauche es einen Kulturwandel, eine zukunftsorientierte HR-Strategie und die erforderliche technische Infrastruktur.
Quelle und weitere Informationen: www.deloitte.ch