Neue Duftnoten am KMU-Tag
Der Schweizer KMU-Tag vom 25. Oktober in St.Gallen ist Geschichte: Der wiederum ausverkaufte Anlass stand unter dem Motto «KMU im Wettbewerb – Liefern statt Lafern». Das Thema wurde von den Referenten in verschiedenen Facetten aufgegriffen, unterhaltsam moderiert von Fabian Unteregger.
Die Konkurrenz von morgen für KMU seien digitale Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook & Co, sagte Gastgeber Tobi Wolf in seiner Eröffnungs-Keynote. Die Stärken dieser Unternehmen sei – trotz ihrer Grösse – ihre Risikofreudigkeit, die Testmentalität und die Tatsache, dass Wachstum wichtiger sei als Profitabilität. Ebenso im Vordergrund stehe die Kundenorientierung und weniger die Produktzentrierung. KMU hingegen hätten stabile Strukturen, Vertrauen, Tradition und Know-How als Stärken vorzuweisen. Wenn man diese mit jenen der digitalen Unternehmen mit ihrer «Startup-Mentalität» kombiniere, würden KMU im Wettbewerb unschlagbar. Dazu braucht es einfach mehr Mut, Führung, die richtigen Personen am richtigen Ort und – besonders wichtig – einfach mal einen ersten kleinen Schritt. «Denn ein solcher kann enorme Wirkung erzielen», zeigte Tobi Wolf anhand eines Dominos, wo ein kleiner Klotz über eine Kettenreaktion auch den grössten Block zu kippen vermochte.
Hanf-Duftnoten am KMU-Tag
Einen beim ersten Hinhören unkonventionellen Einstieg in sein Referat wählte Roger Koch, Gründer der einzigen unabhängigen Schweizer Zigaretten-Manufaktur. Er machte aus seinem Frust über Regulierungen und über den zunehmenden Sicherheits- und Gesundheitswahn keinen Hehl. Dies wirke sich auch auf das Unternehmertum auf: «Wenn Manager aufhören, riskant zu leben, wie sollen sie denn noch unternehmerische Risiken eingehen können?» fragte Roger Koch rhetorisch. Er selbst ging als Unternehmer mit gutem Beispiel voran: Er trat mit seiner Zigaretten-Manufaktur in einen hochriskanten Markt ein, der von Oligopolen, starken Regulierungen und sinkendem Konsum geprägt ist. Doch mit der Innovation einer neuartigen Hanf-Zigaretten fand sich eine Nische, die möglicherweise Potenzial für medizinische Anwendungen bietet. Manch einer probierte dieses Produkt dann in den Pausen auch selbst aus – der Duft von gerauchtem Hanf war für einmal auch am KMU-Tag unverkennbar…
Kundenorientierung über alles
Über den Erfolgsfaktor der Kundenorientierung sprach anschliessend Marcus Schögel, Direktor des Instituts für Marketing an der Universität St.Gallen. «Das Zeitalter der Kunden ist angebrochen», hielt er fest. Es müsse heute darum gehen, neue Lösungen vom Kunden her zu denken. «Investitionen in die Kundenzentriertheit zahlen sich aus», so Schögel weiter. Dabei gehe es auch darum, Kundenwissen bei den Mitarbeitenden aufzubauen. Dies müsse über die Motivation der Mitarbeitenden gehen, «immer das Beste für den Kunden tun zu wollen».
Startups im Wettbewerb vor dem Publikum
In einer «Inspiration-Session» – das hatte weniger mit dem oben angesprochenen THC-Gehalt der Atemluft zu tun, sondern mehr mit einem neu eingeführten Programmpunkt – durften anschliessend vier Startups in Form von 8-minütigen Pitches ihr Geschäftsmodell präsentieren. Kilian Wagner von VIU zeigte, wie sein Unternehmen die Vertriebswege für Brillen quasi neu erfindet, was sich in einer für Kunden attraktiven Preisgestaltung ausdrückt. Das Unternehmen Felfel, präsentiert durch Geschäftsführerin Anna Grassler, versorgt immer mehr Betriebe mit gesundem Essen aus einem «intelligenten Kühlschrank», der automatisch nachbestellt, wenn etwas fehlt. Martin Fengler von Meteomatics erläuterte, wie mit Drohnen Wettervorhersagen noch präziser werden können, was vor allem für wetter-abhängige Unternehmen eine zunehmend wichtige Dienstleistung werden wird. Und Susanne Dröscher gründete vor zwei Jahren mit einem Partner die Firma CARU AG. Diese hat ein Gerät entwickelt, das über Sensoren die Lebensumgebung von mobilitäts-eingeschränkten Personen überwacht und bei Bedarf Notrufe aussenden kann. In der Gunst Publikums am besten schnitt schliesslich Felfel ab.
Von Vertrauen und Durchhaltewillen
Den letzten Teil des KMU-Tags bestritten als Referenten zum einen Monika Walser und zum anderen Bergsteiger Stephan Siegrist. Monika Walser gab einen eindrücklichen Einblick in die erste Phase ihrer Tätigkeit als neue CEO von de Sede AG. Die ersten Tage waren geprägt von Misstrauen und Unsicherheit, und eine Herkulesaufgabe war es, die Belegschaft wieder hinter sich zu scharen. Als Erfolgsrezept erwies sich ihre ehrliche und transparente Kommunikation und den – dazumal finanziell riskanten – Entschluss, das Kernstück der Produktion, nämlich die Leder-Zuschneiderei, wieder ins Haus zurückzuholen. Stephan Siegrist wiederum zeigte anhand der Erstdurchsteigung einer über 1000 Meter hohen Granitwand im Kashmir, was es bedeutet, trotz widriger Umstände nicht aufzugeben und bis zum Schluss an die Machbarkeit eines Projekts zu glauben – eine offensichtlich klare Botschaft auch an die Unternehmer.