Neuer schillingreport zeigt: Frauenanteil in Schweizer Geschäftsleitungen sinkt wieder
Die Entwicklung der Gender Diversity in den Geschäftsleitungen der grössten Schweizer Arbeitgeber ist ernüchternd: Der Frauenanteil ist nach einem hoffnungsvollen letztjährigen Anstieg 2018 wieder gesunken. Auch die Zahl der Ausländer ist rückläufig. Bezüglich Gender Diversity ist der öffentliche Sektor bedeutend weiter als die Privatwirtschaft.
Die aktuellen Zahlen des schillingreport machen deutlich, dass die Privatwirtschaft der Gender-Diversity-Pipeline weiterhin grosse Aufmerksamkeit beimessen muss. «Im Alltag erlebe ich immer stärker, dass Frauen und Männer die Familienarbeit teilen wollen. Auch die Forderung von Männern nach modernen Arbeitszeitmodellen wird zunehmend spürbar. Es wird selbstverständlich, dass sowohl Frauen als auch Männer Karriere machen. Dies wird sich auf die Gender-Diversity-Pipeline und somit die Entwicklung der Frauenanteile auf allen Stufen auswirken», sagt Guido Schilling. In den Geschäftsleitungen ist aber nicht nur der Frauenanteil, sondern auch jener der ausländischen Manager rückläufig. Deren Anteil sinkt von 45 % auf 44 %. Der Ausländeranteil unter den Neuen beträgt 38 %, letztes Jahr waren es noch 64 %. «Wenn die Babyboomer in zehn Jahren aus dem Arbeitsmarkt austreten und weder genügend Frauen noch ausländische Manager als Talente zur Verfügung stehen, droht uns ein akuter Führungskräftemangel an der Spitze der Unternehmen», sagt Schilling.
Gender Diversity in der Geschäftsleitung bleibt ein Generationenprojekt
Unter den neuen Geschäftsleitungsmitgliedern finden sich nur noch 8 % Frauen, ein herber Rückschlag nach dem letztjährigen Rekordstand von 21 %. 11 Frauen haben die Geschäftsleitungen verlassen, nur 9 sind nachgerückt. Daraus resultiert eine Abnahme des Frauenanteils im Gesamtsample von 8 % auf 7 %. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass 59 % der untersuchten Unternehmen aktuell keine Frau in ihrer Geschäftsleitung beschäftigen. Während 67 % der neuen Männer inner- halb des Unternehmens in die Geschäftsleitung aufgestiegen sind, sind es bei den Frauen nur 22 %. «Nach wie vor bin ich überzeugt, dass eine bessere Geschlechterdurchmischung ein Generationenprojekt ist. Die Unternehmen investieren in zukunftsfähige Programme, welche die Vereinbarkeit von Familie und Karriere für beide Geschlechter ermöglichen. Dies ist ein zunehmend wichtiges Element der Arbeitgeberattraktivität und wird zu einer breiteren Gender-Diversity-Pipeline führen. Ich bin sicher, dass wir bereits in 5 Jahren erste messbare Effekte sehen werden», so Schilling.
Frauenanteil in Verwaltungsräten auf hoffnungsvollem Weg – trotzdem grösserer Effort notwendig
Unter den neuen Verwaltungsräten finden sich 25 % Frauen, was zu einem Anstieg von 17 % auf 19 % führt. «Das stimmt positiv, doch die Bemühungen reichen nicht aus. In den kommenden Jahren muss die Wirtschaft den Frauenanteil im Verwaltungsrat jährlich um mindestens 3 Prozentpunkte erhöhen, um die Forderungen der Politik nach 30 % bis 2022 zu erfüllen», sagt Schilling. Und weiter: «Es ist notwendig, dass sich die Unternehmen klare Ziele setzen, Massnahmen definieren und die Auswirkungen überwachen. Wirtschaft und Politik müssen sich bewusst werden, dass ein Verwaltungsrat durchschnittlich über 10 Jahre im Amt ist, bevor er abtritt. Jede Erneuerung muss deshalb darauf abzielen, neben Männern vor allem Frauen ins Nominationsverfahren einzuladen. Verfolgt die Wirtschaft dies konsequent, ist das Ziel von 30 % Verwaltungsrätinnen aus meiner Sicht innerhalb der geforderten Frist erreichbar.»
Vergleich SMI und DAX – Frauenquote in Deutschland zeigt Wirkung
Seit 2016 sind kotierte Unternehmen in Deutschland zu einer Frauenquote in ihren Aufsichtsräten verpflichtet. Entsprechend ist auch der Frauenanteil in den DAX-Aufsichtsräten mit 32 % (30 % im Vorjahr) deutlich höher als in den SMI-Verwaltungsräten mit 23 % (21 % im Vorjahr). Der Frauenanteil unter den Neuen liegt im DAX bei 48 %, im SMI sind es 30 %. In den DAX-Vorständen klettert der Frauen- anteil von 10 % auf 13 %, unter den Neuen beträgt der Frauenanteil 30 %. Im SMI liegt der Frauenanteil nach wie vor deutlich tiefer. Unter den Neuen finden sich 10 % Managerinnen, weshalb der Frauenanteil in den SMI-Geschäftsleitungen nur von 8 % auf 9 % steigt.
Öffentlicher Sektor macht vor, was die Politik von der Wirtschaft fordert
Der öffentliche Sektor entwickelt sich erfreulich mit 16 % (14 % im Vorjahr) weiblichen Topkadern. Dies resultiert dank 27 % Frauen unter den Neuen. Was macht der öffentliche Sektor besser als die Privatwirtschaft? «Der öffentliche Sektor bietet die richtigen Rahmenbedingungen wie sinnvolle Arbeitszeitmodelle und geregeltere Arbeitszeiten, was die Vereinbarkeit von Familie und Karriere fördert. Gleichzeitig profitiert er von einer breiteren Gender-Diversity-Pipeline als der private Sektor», sagt Schilling. Die Durchlässigkeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor nimmt weiter zu: 49 % (47 % im Vorjahr) der Topkader verfügen über Berufserfahrung aus dem Privatsektor.
Gender-Diversity-Pipeline
Für die Gender-Diversity-Pipeline des schillingreport 2017 stellten 113 der 250 wichtigsten Schweizer Unternehmen ihre Daten zur Verfügung. Diese Zahlen werden im Zweijahresrhythmus das nächste Mal 2019 erhoben. In diesem Sample finden sich im Privatsektor 10 % Frauen in den Geschäftsleitungen, 14 % im Topmanagement und 21 % im Middle Management. Diese Frauen bilden die Pipeline für künftige Spitzenpositionen. Der Public Sector verfügt mit 22 % Frauen im Topmana- gement und 24 % im Middle Management über eine breitere Gender-Diversity- Pipeline. Der schillingreport 2018 umfasst die 118 grössten Arbeitgeber der Schweiz sowie den Bund und alle 26 Kantone. Entsprechend wurden 882 Geschäftsleitungs-, 816 Verwaltungsratsmitglieder sowie 1034 Führungskräfte des öffentlichen Sektors (Amtsleiter/innen, Generalsekretäre, Generalsekretärinnen und Staatsschreiber/ innen) in die Untersuchung einbezogen.