Karriereplanung findet in der Schweiz vor der Haustüre statt
Das berufliche Online-Netzwerk XING wollte wissen, wie die reale Arbeitswelt der Schweizerinnen und Schweizer im Spannungsfeld zwischen Internationalisierung und lokaler Verwurzelung tatsächlich aussieht. Die Haupterkenntnis: Für Schweizer Berufstätige spielt sich das Arbeitsleben vor der Haustüre ab – und das obwohl erstaunlich viele von ihnen angeben, dass ihr Job gar nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist. Die Wenigsten haben bisher Berufserfahrung im Ausland gesammelt und die grosse Mehrheit wünscht sich auch für die Zukunft eine Arbeitsstelle nahe am Wohnort.
Keine Frage, die Schweiz ist eine global vernetzte Nation und zieht als attraktiver Wirtschaftsstandort zahlreiche internationale Unternehmen an. Unser Bildungssystem fördert die Vielsprachigkeit, und eine leistungsfähige digitale Infrastruktur lässt den Wirtschaftsraum Schweiz und den Rest der Welt immer näher zusammenrücken. Dessen ungeachtet tickt die Schweizer Arbeitswelt in vielerlei Hinsicht lokal. Dass entsprechend die Karriereplanung quasi vor der Haustüre stattfindet, belegt eine repräsentative Befragung unter 1’002 Deutschschweizer Berufstätigen zum Thema lokale Verwurzelung der Arbeitswelt, welche das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen Marketagent.com im Auftrag von XING Schweiz durchgeführt hat.
Sesshafte Schweizer in mobilen Jobs
43 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass sie ihren Job von jedem Ort der Welt aus machen könnten. Besonders hoch ist die Zustimmung mit 47 Prozent bei Personen mit höherer Ausbildung. Zudem stimmen Frauen der Aussage mit 45 Prozent eher zu als Männer mit 42 Prozent. Diese örtliche Entkoppelung der Arbeit schlägt sich allerdings nicht im tatsächlichen beruflichen Mobilitätsverhalten nieder. Ein Viertel der Berufstätigen (25 Prozent) hat noch nie ausserhalb des eigenen Kantons gearbeitet. 59 Prozent geben an, bereits einmal ausserhalb des eigenen Kantons innerhalb der Deutschschweiz gearbeitet zu haben. Nur 14 Prozent haben Berufserfahrung in anderen Sprachregionen der Schweiz gesammelt – ausserhalb Europas sind es dann gerade noch 8 Prozent.
Stellensuche vor der Haustüre
Obschon dank der Digitalisierung Jobs mobiler werden, sehen Deutschschweizer Berufstätige ihre berufliche Zukunft nahe der Heimat: Fast jeder dritte Berufstätige (31 Prozent) würde den nächsten Job unmittelbar am aktuellen Wohnort suchen. Für knapp die Hälfte (47 Prozent) der Befragten darf die nächste Stelle maximal 50 Kilometer von zuhause entfernt sein. Nur gerade 4 Prozent gaben an, für die nächste Stelle auch einen Job ausserhalb Europas in Betracht zu ziehen. Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Geschlechtern: Vier von zehn Frauen (41 Prozent) suchen ihre nächste Stelle direkt am Wohnort. Bei den Männern sind es lediglich 23 Prozent. Die starke Ortsgebundenheit zeigt sich quer durch alle Altersgruppen. Selbst bei den 18- bis 24-Jährigen wünschen sich 21 Prozent die nächste Stelle am aktuellen Wohnort. Weitere 54 Prozent der jungen Berufstätigen würden maximal einen Weg von 50 Kilometern in Kauf nehmen.
Auch berufliche Netzwerke sind stark ortsgebunden
Die meisten Erwerbstätigen (52 Prozent) haben ihre beruflichen Kontakte vorwiegend in der eigenen Region. Weitere 31 Prozent haben ihre beruflichen Kontakte hauptsächlich innerhalb der Schweiz und bei 10 Prozent verteilen sich die beruflichen Kontakte mehrheitlich im deutschsprachigen Raum. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten in diesen drei Gruppen (59 Prozent) gibt zudem an, gar keine beruflichen Kontakte ausserhalb des deutschen Sprachraums zu haben.
Wichtigkeit persönlicher Kontakte steigt trotz Digitalisierung
Knapp zwei von drei Schweizer Berufstätigen (62 Prozent) glauben, dass der Nutzen ihres beruflichen Netzwerks in den kommenden fünf Jahren steigen wird. Und trotz immer ausgefeilteren Algorithmen, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz: Fast drei Viertel der Berufstätigen (72 Prozent) rechnen damit, dass persönliche Kontakte für die Karriereplanung mit der fortschreitenden Digitalisierung wichtiger werden.
XING Schweiz Geschäftsführer Yves Schneuwly sagt zum Report: «Unsere Ergebnisse zeigen, dass in der Schweizer Arbeitswelt Digitalisierung und ein starker regionaler Fokus Hand in Hand gehen. Die Berufstätigen wünschen sich einen Arbeitsplatz nahe dem eigenen Wohnort und stützen sich bei der Stellensuche auf stark lokal verortete persönliche Netzwerke. Die fortschreitende Digitalisierung bietet Unternehmen Chancen, diesem Bedürfnis nach geographischer Nähe in Zukunft noch besser gerecht zu werden.» Laut Yves Schneuwly zudem bemerkenswert: «Die Berufswelt der Frauen ist deutlich stärker lokal verortet als die der Männer. Ein Ergebnis, das es zu beachten gilt, wenn es darum geht, für Chancengleichheit zu sorgen und gut ausgebildete Frauen gezielt im Berufsleben zu engagieren.»
Die Studie einschliesslich Grafiken gibt es hier.