Ostschweizer Personaltag 2018: „Human First“ als bewährtes Führungs-Credo

Am 7. Juni fand in St.Gallen der 14. Ostschweizer Personaltag statt. Die Referate-Themen drehten sich einerseits um die Veränderungen der Arbeitswelt, anderseits um die Konsequenzen für die Führung. Definieren, Transformieren, Revolutionieren – unter diesen Stichworten wurden Impulse für eine couragierte Führung vermittelt.

Das Führungs-Credo „Human First“ zog sich als Roter Faden durch den Ostschweizer Personaltag. Im Bild: Barbara Josef im Gespräch mit Moderator Matthias Wipf. (Foto: Thomas Berner)

Abdullah Redzepi, Mitglied des Patronatskomitees des Ostschweizer Personaltags und Dozent an der Fachhochschule St.Gallen, machte gleich zu Beginn deutlich, was wohl viele im Raum dachten: „Flexibel“ im Zusammenhang mit Arbeit ist heute zu einem „Totschlag-Begriff“ geworden. Vieles von dem, was alles „flexibler“ werden müsse, sei heute bereits Realität: Man arbeitet mobil, man kann heute durchaus mal eine Stunde später zur Arbeit erscheinen und dafür auch mal nach Büroschluss noch etwas weiterarbeiten. Was es hingegen brauche, sind neue Formen der Zusammenarbeit. Hier sei die Führung gefordert, und viele der neuen Herausforderungen – künstliche Intelligenz, Automatisierung usw. – könne durchaus auch Angst auslösen.

Human First

Es braucht also vor allem Veränderungen im Verhalten. Diesen ging Verhaltensökonom Andreas Staub in seinem Referat nach. Anhand von Kurzumfragen im Publikum zeigte er „klassische“ Verhaltensweisen in alltäglichen Situationen auf. Viele Menschen verhalten sich impulsiv, und impulsiv getroffene Entscheide sind nicht immer die richtigen. Diese Erkenntnis spielt in Veränderungsprozessen eine Rolle und muss entsprechend berücksichtigt werden. Ein wichtiger Charakter menschlichen Verhaltens ist zudem die Bereitschaft, etwas geben zu wollen. Dies gelte es ebenfalls in Veränderungsprozessen zu nutzen. Daraus folgt gemäss Andreas Staub das Prinzip „Human First“ als Basis für funktionierende Unternehmenskulturen. Stimmt die Kultur, dann lasse sich auch jede Strategie leichter umsetzen, so Staub.

Barbara Schaerer, Direktorin des Eidgenössischen Personalamts, zeigt die Herausforderungen von Verwaltung 4.0. (Foto: Thomas Berner)

Verwaltung 4.0

Wie schwierig es mitunter sein kann, Strategien umzusetzen, davon weiss die oberste Personalchefin des Bundes, Barbara Schaerer, viel zu berichten. In ihrem Vortrag erläuterte sie, wie „Verwaltung 4.0“ aussehen könnte und welche Stolpersteine es dabei zu überwinden gilt. Insbesondere die Dreistufigkeit unserer Verwaltung – Bund, Kantone, Gemeinden – erweist sich immer wieder als Herausforderung. Auch die Tatsache, dass die Departemente politisch geführt werden, führe dazu, dass man nicht überall die zuweilen erwünschte Flexibilität – etwa bei Personalentscheiden – voll ausschöpfen kann. Nichtsdestotrotz vermochte Barbara Schaerer zu zeigen, weshalb die Bundesverwaltung in vielerlei Hinsicht ein attraktiver Arbeitgeber ist, da viele Ansprüche an moderne Arbeitsformen bereits erfüllt werden können.

Arbeit ist eine Tätigkeit, kein Ort

Barbara Josef, ehemalige Microsoft-Managerin und heute als Bloggerin und selbständige Beraterin unterwegs, holte die Euphorie rund um Co-Working und andere so genannt „neue Arbeitsformen“ auf den Boden der Realität zurück. Einerseits stellt natürlich auch sie nicht in Abrede, dass Co-Working viele Vorteile habe, für Freelancer etwa aber auch für grössere Unternehmen, um ihren Mitarbeitenden in Sinne einer Vertrauenskultur mehr Flexibilität in der Wahl der Arbeitsorte zu gewähren. Anderseits kann sich Coworking auch negativ auswirken, etwa durch Verzettelung und einen höheren Koordinationsaufwand. Indes: Arbeit sei in erster Linie Tätigkeit, kein Ort. Vor diesem Hintergrund erhalte das „Boundary Management“, also das bewusste Vermischen von Arbeit und Freizeit, einen immer höheren Stellenwert. Bereitschaft zu Experimenten sei da gefordert: Substitution, Augmentation, Modifikation und Redefinition nannte Barbara Josef als die „Zauberworte“ im Zusammenspiel der Arbeitsszenarien.

Verblüffendes und Heldenhaftes

Mentaltrainer Tobias Heinemann zeigte anhand verblüffender Experimente, wie die menschliche Psyche funktioniert, etwa beim Sagen von Unwahrheiten. Es gebe zwar keine klaren Zeichen dafür, ob jemand lüge, aber anhand von Veränderungen der Körpersprache lassen sich mehr oder weniger deutliche Hinweise ablesen. Nicole Brandes, Unternehmerin und Management-Coach, schliesslich holte das Publikum bei der menschlichen Fähigkeit ab, Held sein zu können. „Roboter können keine Helden sein“, so die Referentin. Sie appellierte, sich an vier Rollen zu orientieren: Thinker, Fighter, Lover und Dreamer. Das Undenkbare zu denken, der Angst in die Augen zu schauen und trotzdem den Schritt zu wagen, Gefühle als Verbindung zum Leben zu sehen sowie der Erfüllung von Träumen den eigentlichen Sinn abzugewinnen, waren einige zentrale Botschaften von Nicole Brandes. Auch hier wiederum: Human First.

Nicole Brandes sprach über „Leadership 4.0“. (Foto: Thomas Berner)

Durch den sehr gut besuchten Anlass – die Organisatoren sprachen von einer „Rekordkulisse“ – führte wie im Vorjahr Matthias Wipf. Er vermochte die Referentinnen und Referenten mit herausfordernden Fragen aus der Reserve zu locken. Die Präsidentin der Freien ERFA-Gruppe Personal Ostschweiz, Karin Egle, beschloss den Nachmittag mit dem Hinweis auf den nächsten Ostschweizer Personaltag, der am 6. Juni 2019 wieder in St.Gallen stattfinden wird.

Informationen: www.personaltag.ch

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