Wählen wir unsere Vorgesetzten bald selbst?

Werden Führungskräfte demnächst von ihren Mitarbeitenden demokratisch gewählt? Wenn es nach der Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer geht lautet die Antwort ganz klar: Ja! Denn 76 Prozent der Angestellten möchten mitbestimmen, wer ihnen vor die Nase gesetzt wird.

Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer möchte ihre Vorgesetzten selbst wählen. (Grafik: Information Factory)

Eine Mehrheit der Schweizer will Mitbestimmung in der Führungsfrage: Erstaunlich ist dabei, dass sogar eine überwältigende Mehrheit der befragten Führungskräfte (76 Prozent) bereit wäre, sich von ihren Mitarbeitenden wählen oder auch abwählen zu lassen. Das ist das Ergebnis der Studie ‘Schweiz führt?!’ von Information Factory in Zusammenarbeit mit jobs.ch und Persorama zum Thema Führung und der neuen Rolle der Mitarbeitenden.

Keine Generationenfrage

Wer nun glaubt, dass dieses Resultat vor allem auf das Alter der befragten Führungskräfte zurückzuführen ist, täuscht sich: Führungskräfte zwischen 30 und 50 Jahren führen die Gruppe mit 78 Prozent an, gefolgt von den Baby Boomern (über 50 Jahre) mit 73 Prozent und jüngeren Führungskräften aus der Generation Y mit 72 Prozent. Doch obwohl Partizipation in der Schweiz zum Alltag gehört, ist es immer noch die Ausnahme, dass Führungskräfte von den Mitarbeitenden selbst gewählt werden dürfen.

Mitarbeitende müssen (fast) die gleichen Fähigkeiten haben wie Führungskräfte 

In der Studie wurde auch die Fragestellung untersucht, ob es Fähigkeiten gibt, die vor allem Führungskräfte besitzen und Mitarbeitende nicht. Das interessante Ergebnis: Fast alle untersuchten Skills sind für Mitarbeitende genauso wichtig wie für Führungskräfte. Darunter zählen eine professionelle Kommunikation, Aufbau und Pflege von arbeitsbezogenen Beziehungen sowie die Fähigkeit, sich gut zu organisieren.

Zu den am häufigsten genannten Aufgaben/Fähigkeiten, die gemäss Studienteilnehmer in erster Linie die Führungskräfte besitzen, gehören: weitreichende Entscheidungen treffen (40 Prozent) und Verantwortung übernehmen (24 Prozent). Gemäss eigener Einschätzung sind Führungs-kräfte auch stärker, wenn es um strategisches und konzeptionelles Denken und Handeln geht sowie darum, Change Prozesse erfolgreich zu gestalten. Nur 43 Prozent sehen letztere Fähigkeiten bei ihren Mitarbeitenden.

Führung funktioniert auch ohne Machtausübung

„Unsere Studie zeigt, dass Machtausübung als Bestandteil der Führungsaktivität weiter in den Hintergrund rückt. Die Frage, die sich dann stellt ist, wie starke Führung mit immer weniger Macht funktionieren soll“, erklärt Claudia Conrads, Beraterin bei Information Factory, Zürich. „Darüber hinaus haben 58 Prozent aller Studienteilnehmer angegeben, dass sich ihr Unternehmen aktuell in einem Change Prozess befindet. Wenn man bedenkt, dass die Verantwortung für den erfolgreichen Umbau mehr oder weniger alleine bei den Führungskräften liegen soll, dann ist nachvollziehbar, dass mehr als die Hälfte der Befragten nicht glaubt, dass ihr Unternehmen diese Veränderungsprozesse meistern kann.“

Weitere Studienergebnisse

An der Online-Umfrage beteiligten sich insgesamt 2‘414 Personen, davon 1‘353 Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung, 788 Führungskräfte und 273 HR-Fachleute. Die Befragung wurde von März bis Juni 2016 durchgeführt. Die Studie brachte auch weitere Ergebnisse zu Tage:

  • Ein deutlicher Unterschied konnte bei der Identifikation mit der Arbeit festgestellt werden: Führungskräfte identifizieren sich in überwältigenden 75 Prozent der Fälle mit der eigenen Arbeit. Und auch bei den HR-Fachleuten herrscht eine grosse Zufriedenheit mit dem eigenen Job (72 Prozent). Hingegen gaben nur 54 Prozent der Mitarbeitenden an sich mit ihrer Arbeit identifizieren zu können.
  • Identifikation und Sinnerleben bei der jüngeren Generation vergleichsweise schlecht: Fühlen Sie sich zu Ihrer Arbeit berufen? Wenn ja, dann gehören Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu der Altersgruppe über 30 Jahre. Die Baby Boomer, also Personen über 50 Jahre, fühlen die stärkste Berufung (74%) und die Generation Y, Personen unter 30 Jahre, die geringste (49%).
  • Dass man in puncto Arbeitgeberattraktivität noch aufholen muss, bestätigt das Ergebnis der Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit, die auf einer 10-stufigen Skala abgefragt wurde. Ganze 56 Prozent empfehlen ihr Unternehmen nicht weiter (Detractors). Und nur 17 Prozent der Arbeitnehmer würden ihr Unternehmen uneingeschränkt weiterempfehlen (Promoters). 26 Prozent stehen der Weiterempfehlung neutral gegenüber (Neutrals).
  • Durch die zunehmende Vernetzung von Märkten steigt die Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben in Unternehmen. Teamarbeit wird immer wichtiger, weil viele Aufgaben nur durch die Kombination unterschiedlicher Spezialisierungen gelöst werden können.
  • Die wichtigste Fähigkeit von Führungskräften und Mitarbeitenden ist die Kommunikationsfähigkeit. Der am meisten genannte Grund, warum Teamarbeit scheitert, ist mangelnde oder schlechte Kommunikation.
  • Das Führen von virtuellen Teams stellt neue Anforderungen an die Führungskräfte. Führung wird globaler und damit auch digital. In der Schweiz ist das Führen mit elektronischen Medien wie Online-Feedbacksystemen bereits in vielen Branchen etabliert. Ganz vorne im Branchenvergleich: IT, Versicherungen und Banken.
  • Was macht Arbeitgeber attraktiv? Am wichtigsten sind mit 51 Prozent ein nettes Team, 50 Prozent Spass an der Arbeit, 48 Prozent Work-Life-Balance, 42 Prozent Karriere, 38 Prozent gute Bezahlung.
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