In der Baubranche fehlen immer noch 3000 Lernende
Für rund 9’000 Jugendliche ist nun Endspurt bei der Lehrstellensuche 2016 angesagt. Die anderen fast 90'000 stehen schon in den Startlöchern für Lehrbeginn 2017. Gemäss Lena und berufsberatung.ch sind allein im Bau für 2016 noch rund 3'000 Lehrstellen unbesetzt. 2015 konnten die Lernenden aus rund 94’000 Stellen wählen. Der Bau zählte mit 13% zu den drei Branchen mit den meisten unbesetzten Stellen.
Noch vor ein paar Jahren war es umgekehrt: Zu viele Schulabgänger bewarben sich um zu wenige Lehrstellen. Der Trend ist nun aber umgekehrt, und auch 2016 ändert sich dieser Trend nicht, besonders in der Baubranche. Die zuletzt publizierten Zahlen des SBFI signalisieren sogar eine Zunahme der nicht besetzten Lehrstellen gegenüber 2015. Die Kantone mit den meisten offenen Lehrstellen im Bau sind gemäss berufsberatung.ch St. Gallen (470), Zürich (402), Bern (304). Das SBFI erfasst die offenen Lehrstellen nicht nach Branchen und Kantonen. Die Lehrstellenlage in der Baubranche hat sich insgesamt also verschärft. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. Denn der Bau trägt nicht nur rund 6% zum BIP bei – vor den Banken; er hat auch eine Schlüsselposition bei der Konjunktur und bei der Umsetzung der Energiestrategie des Bundes. Denn in den Gebäuden steckt ein Energiesparpotenzial von bis zu 50%. Jedoch werden bis jetzt nur 1% der sanierungsbedürftigen Gebäude pro Jahr renoviert.
Attraktive Berufsbilder mit grossen Karrierechancen
Rund 50 Berufe gibt es im Bau, oft werden Spitzenlöhne bezahlt. Rasche Karrieren sind keine Seltenheit. Wer heute eine Lehre im Bau beginnt, leitet in spätestens fünf Jahren schon Baustellen und übt Kaderpositionen in Bauunternehmen aus. Das duale Berufsbildungssystem der Schweiz erleichtert zudem den Anschluss an den akademischen Bildungsweg. Wie anspruchsvoll und spannend Tätigkeiten im Bau sind, zeigten am 29. Juni 2016 an einem Mediengespräch von bausinn.ch 6 Lernende aus 6 Baubranchen. Alle Branchen und auch die Medien reden seit Jahren über die Lernenden. Beim heutigen Mediengespräch von bausinn.ch im Landesmuseum redeten die Lernenden Auge in Auge mit den Journalisten; zum ersten Mal überhaupt waren die Lernenden die Hauptpersonen an einem Medienanlass. Die sechs jungen Männer sind Gerüstbauer, Maler, Maurer, Schweisser, Metallbauer und Polybauer. Sie alle können nicht nur in jungen Jahren schon gut planen, zupacken und Pläne umsetzen. Sie lernen vor allem auch Teamarbeit und den Umgang mit Termindruck und veränderten Abläufen. Damit sind sie für eine Karriere jederzeit gut gerüstet.
- Gerüstbauer Andrea Baltensperger aus Winterthur, 3. Lehrjahr: «Gerüste sorgen für Arbeitssicherheit im Bau. Alle kennen Gerüste bei Gebäuden. Auch bei Brücken sind sie wichtig wie z.B. der Sanierung der Quaibrücke in Zürich. Für den Bau von Brückengerüsten muss jemand viel Erfahrung in Mathe mitbringen. Denn hier muss die Statik berechnet werden.» Nach der Lehre plant er seine Ausbildung zum Gruppenleiter und will sich später zum Objektleiter weiterbilden – dieser zeichnet Pläne und kontrolliert Baustellen.
- Maurer Robby Hinnen aus Seuzach (ZH): Wie rasch und weit es talentierte Junge im Bau bringen können, beweist Robby Hinnen. Er hat die dreijährige Lehre als Maurer 2015 abgeschlossen. «Ich weiss nun sehr viel über Materialien wie Beton und Stein. Ich kenne die Baustellenabläufe und habe gelernt, im Team und auch unter Stress zu arbeiten. Besonders spannend finde ich, dass man sieht, was man gemacht hat. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich. Mein Lieblingsgebäude ist der Wohnblock meines Chefs.» Am Mediengespräch erklärte er die zahlreichen Schritte für den mehrtägigen Bau einer vermeintlich einfachen Stützmauer.
- Metallbauer Alex Trüb aus Lausen (BL): Ob er Aluminiumtüren, Stahltüren oder Wintergärten in der Werkstatt baut und später auf der Baustelle montiert – das rasche Erfolgserlebnis geniesst er: «Schön finde ich auch, dass man sieht, was man alles geleistet hat. Wenn der Kunde Freude hat, dann gefällt es einem selber doppelt so gut.» Die vierjährige Lehre empfiehlt er allen, die individuelles Arbeiten schätzen und sehr schnell Lösungen austüfteln können.
- Schweisser Sven Schlüchter aus Bowil (BE), 1. Lehrjahr: Der 16-jährige Sven Schlüchter absolviert bei der Ferdinand Steck Maschinenfabrik AG in Bowil (BE) eine Lehre als Anlagen- und Apparatebauer. Schlüchter vertrat am Mediengespräch einen Beruf, den es nicht gibt, für den aber Berufsmeisterschaften durchgeführt werden: Den Schweisser. Die Bedeutung des Schweissens im Bau nimmt zu. Mit den neuen europäischen Normen, die seit 2015 auch in der Schweiz im Bau gelten, erfordern gewisse Arbeiten eine zertifizierte Weiterbildung im Schweissen. So können sich mit der Norm EN 1090 Metallbaufirmen für gewisse Projekte nur noch bewerben, wenn sie einen zertifizierten Schweisser beschäftigen.
- Polybauer, Jan-Eric Allenbach aus Säriswil (BE): Bevor er eine Lehre als Polybauer Fachrichtung Dachdecken begann, besuchte er ein Jahr lang das Gymnasium. Er musste feststellen, dass dies nicht unbedingt seine Welt war. Er kommt aus einem Familienunternehmen, das sich auch mit Bedachungen und Photovoltaik befasst und entschied sich nach mehreren Schnupperlehren für diesen Beruf. Um seine Zukunft macht auch er sich keine Sorgen: «Jedes Haus braucht ein Dach; dieser Job wird somit nie aussterben. Hinsichtlich der Zukunft sehe ich die Mitarbeit an der Energiewende als eine besondere Chance.»
- Malerin Stella Francescato aus Thalwil, 1. Lehrjahr: «Dafür, dass ich erst im ersten Lehrjahr bin, habe ich bereits sehr viel lernen können. Auch in der Schule, habe ich mir Wissen zu den unterschiedlichsten Materialien aneignen können.» Der Malerberuf ist für sie der schönste aller Bauberufe. Sie interessieren vor allem der künstlerische Aspekt sowie die Feinarbeiten, wie zum Beispiel die Dekorationsmalerei. Dabei kann sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Sie hat auch gelernt, sich als Frau auf der Baustelle zu beweisen.
Alle diese sechs Lernenden streben nach dem Lehrabschluss Weiterbildungen an, um später entweder Führungsfunktionen übernehmen zu können oder sogar das elterliche Geschäft. Insgesamt machen sie sich auch keine Sorgen um die Zukunft ihrer Branche, denn gebaut werde immer, und auch trotz Digitalisierung wird es gut ausgebildete Handwerker benötigen.
Für mehr Wertschätzung der Baubranche
Die Interessengemeinschaft bausinn.ch setzt sich für mehr Wertschätzung für die Schweizer Baubranche und für den Berufsstolz der Baufachkräfte ein. Trägerorganisationen von bausinn.ch sind aktuell AM Suisse, Gebäudehülle Schweiz, der Schweizerische Baumeisterverband SBV, der Schweizerische Gerüstbau-Unternehmer-Verband SGUV, der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV und der Verein für Schweisstechnik SVS. Am Mediengespräch standen von diesen Branchenverbänden Rede und Antwort: Ueli Büchi, Leiter Berufsbildungspolitik des Schweizerischen Baumeisterverbands SBV, Siegfried Dauner, Leiter Berufsbildung Metaltec von AM Suisse, Mario Freda, Zentralpräsident des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands SMGV, Karin Gamma, Leitung MarKom & Events Gebäudehülle Schweiz, Dr. Marc Harzenmoser, Direktor des Schweizerischen Vereins für Schweisstechnik SVS, Dr. Josef Wiederkehr, Präsident des Schweizerischen Gerüstbau-Unternehmer-Verbands SGUV. Auch die Lehrmeister der sechs Lernenden nahmen Stellung und betonten an ihrem eigenen beruflichen Werdegang die Vielseitigkeit der Ausbildungen auf dem Bau.
Informationen: www.bausinn.ch