Muss der Arbeitgeber ein Arztzeugnis vom «Whatsapp-Doktor» akzeptieren?

Kürzliche Medienberichte über ein deutsches Start-up-Unternehmen, das Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per Whatsapp anbietet, haben bei einigen Unternehmen für Aufregung gesorgt. Was steckt genau dahinter und wie ist die rechtliche Situation?

„Klassisches“ Arztzeugnis: Neu auch vom „WhatsApp-Doktor“? (Bild: Timo Klostermeier / pixelio.de)

Folgender Ablauf: Die betroffene Person beantwortet in einem Online-Formular (www.au-schein.de) einige Fragen zu den Symptomen. Ein Arzt stellt die Diagnose und schickt dem Patienten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Whatsapp. Einschränkend ist fest­zuhalten, dass die Nutzung dieses Online-Dienstes derzeit (noch) auf Erkältungen beschränkt ist, und die maximal bestätigte Arbeitsunfähigkeitsdauer liegt bei drei Tagen.

Zur Rechtslage: Den Patienten trifft gegenüber seinem Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit. Dieser Nachweis erfolgt im Normalfall – aber nicht zwingend – mit einem Arztzeugnis. Die Gerichtspraxis geht von der Richtigkeit eines Arztzeugnisses aus, solange keine begründeten Zweifel daran geweckt werden können. Da der «Whatsapp-Doktor» weder persönlichen noch telefonischen Kontakt zum Patienten hat, können Zweifel durchaus berechtigt sein und sich auf den Beweiswert einer solchen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auswirken.

Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach telemedizinische Zeugnisse (ohne Arztbesuch) nicht akzeptiert werden, mag allenfalls eine «präventive» Wirkung haben. Rechtlich wäre aber ein genereller Ausschluss kaum mit der freien richterlichen Beweiswürdigung vereinbar. Auch eine vertrauensärztliche Untersuchung ist bei Kurzabsenzen meistens kein taugliches Mittel.

Praxistipp: Warum also nicht erst ab dem vierten (oder fünften) Krankheitstag ein Arztattest verlangen? Damit würden «Whatsapp-Zeugnisse» überflüssig. Am besten ist es ohnehin, mit den betroffenen Personen bei auffälligen oder «unklaren» Absenzen ganz einfach das Gespräch zu suchen.

Autor:
Kurt Mettler ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer von SIZ Care AG. Kontakt:
SIZ Care AG, Verena Conzett-Strasse 11, CH-8004 Zürich, info@sizcare.ch, www.sizcare.ch

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