Wenn der Chef nicht mitmacht, kann man es vergessen
«Bestellen» Sie gesunde Mitarbeiter – oder setzen Sie auf ein betriebliches Gesundheitsmanagement?
Seminare zu Bewegung und Ernährung, Trainings für Resilienz und Burn-out-Prävention: Manche Führungskräfte «bestellen» einige Massnahmen, um die Gesundheit und Fitness ihrer Mitarbeiter zu unterstützen. Da frage ich mich: Haben Sie sich schon einmal Gedanken über die Halbwertszeit des erworbenen Wissens aus einem zweitägigen Seminar gemacht? Vielleicht beträgt sie ein paar Stunden, mit Glück einige Tage. Nach vier Wochen spätestens sind das Gehörte und alle ehrenwerten Absichten in der Regel auf dem Friedhof der guten Vorsätze gelandet. Sie selbst und die Kollegen folgen dem gleichen Trott wie zuvor. Das Blatt mit den Rückenübungen fürs Büro verstaubt in den Schreibtischschubladen, der Apfel zwischendurch wird wieder gegen den Schokoriegel eingetauscht und das Fahrrad zugunsten von Auto oder Bus und Bahn stehen gelassen.
Wirklich lernen und etwas verändern können wir nur durch konsequentes Üben und regelmässiges Anwenden! Körperliche und geistige Fitness oder Resilienz, Widerstandsfähigkeit usw. in einem Seminar aufzubauen ist utopisch, warum also überhaupt ein Seminar anbieten? Warum gehen Sie das Thema Gesundheitsmanagement halbherzig an, obwohl Sie gesunde und fitte Mitarbeiter möchten? Ein gutes betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein Prozess, und keine singuläre Massnahme! Dieser Prozess beginnt damit festzustellen, wo überhaupt die Kernprobleme von Ihnen und Ihren Mitarbeitern und Kollegen liegen. Gibt es ergonomisch eingerichtete Arbeitsplätze? Wird die tägliche E-Mail-Flut effektiv bewältigt? Sind die Arbeitszeiten flexibel und familienfreundlich? Gibt es Interesse an einem gemeinsamen Firmenlauftreff, einer Wander-, Ruder- oder anderen Sportgruppe? Gibt es Bedarf für ein kurzes Mittagsschläfchen, neudeutsch Powernap, während der Mittagspause? Was wollen und brauchen meine Mitarbeiter? Was brauche ich als Führungskraft, um gesünder und fitter zu werden?
Ganz recht, gerade als Vorgesetzter muss ich mich fragen, was ich selbst brauche, um fitter zu werden! Oft wird von der Vorbildfunktion der Führungskräfte gesprochen. Wird sie aber wirklich gelebt? Wenn Sie einen Powernap auf Matten oder Liegen im Büro genehmigen oder einführen wollen, sollten Sie mit gutem Beispiel vorangehen! Schauen Sie Ihre Mitarbeiter und Kollegen nicht schräg an, wenn diese ihre Matte ausrollen, sondern schliessen Sie sich an! Beteiligen Sie sich beim regelmässigen Lauf-, Ruder- oder Wandertreff! Rufen Sie eine Gruppe ins Leben, die in einer 10-minütigen Pause Rückenübungen im Büro macht. Animieren Sie zum gemeinsamen Mittagessen und setzen Sie sich dazu. Deshalb mein Rat: Machen Sie mit! Nichts ist effektiver als gemeinsam gelebtes Gesundheitsmanagement. Eine Gruppe läuft zudem seltener Gefahr, die neue Initiative einschlafen zu lassen, sofern das gesetzte Ziel konkret ist.
Meine Erfahrung hat mich gelehrt: Wenn der Chef nicht mitmacht, kann man es vergessen. Dennoch stelle ich häufig fest, dass das Thema Gesundheitsmanagement oder -förderung nur in Ausnahmefällen wirklich von ganz oben begleitet und initiiert wird. Belassen Sie es nicht bei dem Wunsch «leistungsfähigere Mitarbeiter» oder einer «Bestellung» bei einem Trainer oder Seminarleiter. Ergreifen Sie die Initiative als Führungskraft und etablieren Sie ein Programm, das mindestens sechs Monate begleitet wird! Dann besteht die Chance, dass wirklich eine Veränderung stattfindet. Und zwar nicht nur nach dem Motto: BGM = Bitte gesunde Mitarbeiter! Machen Sie aus dem Thema Gesundheit eine echte Managementaufgabe, wie es der eigentliche Name «Betriebliches Gesundheits-Management» bereits sagt. Am Schluss haben alle etwas davon – gesund und fit arbeitet es sich deutlich effektiver.
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