Kündigungen: Outplacement-Statistik zeigt erstaunliche Resultate
Die Zahlen der jährlichen von Rundstedt Outplacement-Statistik zeigen für 2016 einige erstaunliche Resultate und Überraschungen zum Kündigungsverhalten von Unternehmen. Sowohl die relative Betroffenheit einzelner Gruppierungen als auch die aktuelle Funktionsweise des Arbeitsmarktes lassen aufhorchen.
Der von Rundstedt Arbeitsmarkt-Barometer betrifft die gesamte Schweiz und basiert auf den Informationen von 746 durch Kündigungen betroffene Mitarbeiter und von 142 Unternehmen, welche 2016 in der Schweiz Kündigungen aussprechen mussten. Er ergibt somit ein interessantes Stimmungsbild des gesamtschweizerischen Arbeitsmarktes 2016. Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick:
1. Erste Entspannung bei den über 50-Jährigen (Ü50)
Nachdem die Polemik und öffentliche Diskussion rund um die Diskriminierung älterer Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt stark zugenommen hat, scheint sich auf dem Arbeitsmarkt eine Entspannung abzuzeichnen. Der Anteil der Ü50 unter den Gekündigten ist 2016 signifikant gesunken, und zwar von 38% auf nur noch 27%. Dieser Wert liegt zum ersten Mal seit einigen Jahren unter der Referenzgrösse des Ü50-Anteils an der Erwerbsbevölkerung von 30.5%. Dies lässt den Schluss zu, dass 2016 relativ weniger Ü50 von Kündigungen betroffen sind als andere Altersgruppen. Dieses Zeichen der Entspannung ist ermunternd und wahrscheinlich damit zu erklären, dass die zum Teil heftige und emotional geführte öffentliche Diskussion in der Presse, Politik und auf Social Media erste Wirkung zeigt. Zahlreiche praktische Beispiele belegen, dass Arbeitgeber für ältere Mitarbeiter vermehrt nach schonenden Alternativen suchen.
2. Immer mehr Frauen von Kündigungen betroffen
Dem Ruf nach mehr Frauen im Erwerbsleben zum Trotz: 2016 waren verhältnismässig mehr Frauen als Männer von einer Kündigung betroffen als im Vorjahr. Der Frauenanteil unter den Gekündigten ist 2016 signifikant gestiegen, und zwar von 38% im Vorjahr auf 46%. Dieser Wert liegt genau auf der Referenzgrösse des Frauenanteils an der Erwerbsbevölkerung von ca. 46%. Der rasante Anstieg ist trotzdem erstaunlich, da immer noch ein grosser Teil der weiblichen Erwerbstätigen Teilzeit arbeitet und deshalb nicht primär Zielgruppe von Outplacement-Dienstleistungen ist.
3. Zunehmende Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern auf dem Arbeitsmarkt
Die Suchdauer nach einer neuen Stelle ist sich nicht für alle Erwerbsgruppen gleich. Sie hängt neu nicht mehr primär von der Altersgruppe ab, sondern vielmehr vom persönlichen Profil einer Arbeitskraft. Während die Suchdauer 2016 für gute und gefragte Profile von 5.2 Mte (2015) auf 4.3 Mte signifikant gesunken ist, so ist sie für schwierigere Profile von 9.8 Mte (2015) auf 11.2 Mte gestiegen. Das bedeutet, dass neu nicht mehr primär die Altersgruppe, sondern vielmehr die Beschäftigungsfähigkeit sog. Employability) darüber entscheidet, ob jemand zum Gewinner oder Verlierer des Arbeitsmarktes gehört. Das liegt vor allem an der «Zero Gap» Politik von Arbeitgebern, nur noch genau passende Arbeitnehmerprofile zu berücksichtigen. Wenn ein Profil im Trend und im Markt liegt, dann geht die Arbeitssuche sehr schnell. Im gegenteiligen Fall erweist sich die Arbeitssuche als sehr schwierig und langwierig.
4. Arbeitgeber lassen kaum Mobilität zwischen Branchen und Funktionen zu
Die gleiche Ursache des «Zero Gap» führt zu einem weiteren Phänomen auf dem Arbeitsmarkt. Obwohl Experten zur Überwindung des digitalisierungsbedingten Strukturwandels an die Veränderungsbereitschaft und Agilität der Arbeitskräfte appellieren, ist es für veränderungswillige Arbeitskräfte kaum möglich, die Branche oder ihren angestammten Funktionsbereich zu wechseln. Die Branchenmobilität hat 2016 markant abgenommen und liegt nach 32% (2015) neu noch bei 16%. Dies liegt nicht an der Veränderungsbereitschaft der Arbeitnehmer, sondern vielmehr am «Zero Gap» Verhalten der Arbeitgeber. Ähnlich verhält es sich bei der funktionalen Mobilität, wonach 2016 nur noch einen erfolgreichen Funktionswechsel vollziehen konnten, nach 24% im Vorjahr. Diese Entwicklung wird im Hinblick auf das Digitalisierungszeitalter zu grösseren volkswirtschaftlichen Herausforderungen führen.
5. Kein Lohndruck im Hochlohnland Schweiz erkennbar
Obwohl von Seiten der Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände häufig beklagt wird, dass die hohen Lohnkosten des Standorts Schweiz zu einem zunehmenden Wettbewerbsnachteil werden, scheint sich dies nicht wirklich auf die Lohnentwicklung in der Schweiz auszuwirken. Es zeigt sich, dass die Löhne in der Schweiz trotz Druck mehr oder weniger stabil bleiben. Auch in Branchen, die unter besonders grossem Druck stehen (Bankenbranche, Industrie), bleiben die Gehälter in etwa gleich hoch. Es kann beobachtet werden, dass 2016 der Wiedereinstiegslohn eines Stellenlosen nach einer erfolgten Kündigung im Durchschnitt 8% tiefer ausfällt als der vorherige Lohn. Gleichzeitig erzielen Neueingestellte, welche direkt von einem anderen Arbeitgeber abgeworben werden, im Durchschnitt einen um 10% höheren Startlohn als beim vorherigen Arbeitgeber. In der Summe gleichen sich diese beiden Entwicklungen aus und behalten somit das Lohnniveau insgesamt stabil.
6. Social Media – ein Hype ohne Erfolgsnachweis
Alle reden von der aufkommenden Wichtigkeit der Social Media. Es ist zwar offensichtlich, dass Social Media (z.B. LinkedIn, Xing) auf dem Arbeitsmarkt stark an Bedeutung gewinnen. So werden Social Media zunehmend zur Informationsbeschaffung und als Distributionskanal für ausgeschriebene Stellen und Lebensläufe genutzt. Social Media sind jedoch für den Sucherfolg von Stellensuchenden weiterhin quasi unbedeutend. So haben 2016 nur gerade 4% der Bewerber über Social Media effektiv eine neue Stelle gefunden. Der wichtigste und erfolgreichste Suchkanal für Stellensuchende ist weiterhin das persönliche Netzwerk, dessen Bedeutung 2016 sogar noch signifikant zugenommen hat, und zwar von 42% im Vorjahr auf 51%. Auch erwähnenswert ist, dass Headhunter und Personalvermittler als Suchkanal laufend an Bedeutung verlieren. Sie machen 2016 nur noch 9% aus. Die Personalvermittlungsbranche wird immer mehr zu einem Commodity-Geschäft mit immer weniger Exklusiv- und immer mehr Erfolgsmandaten, wobei die Preise und Margen immer mehr fallen.
Quelle: von Rundstedt & Partner Schweiz AG