28. Schweizer Solarpreis: PlusEnergieBauten und CO2-freie E-Mobilität

Am 16. Oktober 2018 wurde der Schweizer Solarpreis und die Norman Foster Solar Awards vergeben. Zu den in Sursee (LU) ausgezeichneten Projekten zählt ein PlusEnergieBau mit einer PV-Leistung von einer Megawatt. Darüber hinaus waren PlusEnergieBauten und E-Mobility die Themen der Stunde.

Die Fitness- und Wellness Unit NEST in Dübendorf/ZH zeigt, dass Photovoltaik-Einheiten durchaus eine „kommerzielle“ Wellness-Anlage mit hohem Wärmebedarf bedienen könnte. (Bild: Solar Agentur Schweiz)

Wehalb braucht es einen Schweizer Solarpreis? Solarbauten schiessen aus dem Boden wie Pilze, darüber hinaus gibt es viele energie-effiziente Speicherformen. Anlässlich der der 28. Solarpreisverleihungen gab es eine illustre Auswahl von besonderen Solar-Projekten zu bestaunen. Wie jedes Jahr werden auch Solarpioniere geehrt.

Die Veranstaltung zeigt ausserdem erfolgreich auf, wie das enorme Energiepotential von PlusEnergieBauten (PEB) für eine CO2-freie Elektromobilität erreicht wird. PEB decken ihren gesamten Warmwasser-, Heizungs-, Haushalts- und Betriebsstrombedarf selbst durch PV-Solarstrom des Daches und/oder Gebäudefassaden. Hinzu kommt, dass sie erhebliche solare Gebäudestromüberschüsse produzieren.

Die Norman Foster Solar Awards 2018 gingen an:

114%-PEB Pilatus Flugzeugwerke AG, 6370 Stans
Das leicht gewölbte Bogendach der Industriehalle der Pilatus Flugzeugwerke AG in Stans/NW ist nord- und südseitig ganzflächig mit Solarmodulen ausgestattet. Die knapp 6’000 m2 grosse monokristalline PV-Anlage mit einer Leistung von 1.05 MW ist das grösste Solarkraftwerk des Kantons Nidwalden. Es erzeugt 1.09 GWh/a, deckt problemlos den Gesamtenergiebedarf von 966’600 kWh/a und speist dazu noch 125’800 kWh/a CO2-freien Strom ins öffentliche Netz ein. Mit diesem Solarstromüberschuss können 90 E-Autos bzw. 70 Teslas jährlich je 12’000 km CO2-frei fahren. Die Pilatus Flugzeugwerke AG sind ein Vorbild für eine zukunftsweisende industrielle Solararchitektur und leisten einen wichtigen Beitrag für die Energiewende.


207%-PlusEnergie-Schulhaus, St. Margarethen

Das PlusEnergie-Schulhaus Kastanienhof in St. Margarethen/TG wurde im April 2017 fertiggestellt. Im hellen und modernen Holzbau befinden sich sechs Klassenzimmer, ein Büro und eine Aula. Die 437 m2 grosse und 80 kW starke PV-Anlage auf dem Dach produziert rund 75’900 kWh/a. Dank einer solarbetriebenen Erdsonden-Wärmepumpe für Bodenheizung und Brauchwasser, LED Lampen und einer intelligenten Lichtsteuerung beträgt der Eigenenergiebedarf bloss 36’700 kWh/a. Daraus resultiert eine Eigenenergieversorgung von 207%. Mit dem Solarstromüberschuss von rund 39’200 kWh/a können zwei Nachbargebäude versorgt oder 28 E-Mobile jährlich 12’000 km CO2-frei fahren.

133%-PEB Fitness/Wellness NEST, Dübendorf
PEB-Wohnbauten sind Stand der Technik. Die Fitness- und Wellness Unit NEST in Dübendorf/ZH zeigt, dass dieses Ziel auch für eine kommerzielle Wellness-Anlage mit hohem Wärmebedarf auf hohem Temperaturniveau erreichbar ist. PV-Anlagen an Fassade und Dach produzieren ca. 21’800 kWh/a und decken den gesamten Energiebedarf von rund 19’100 kWh/a. Als eine der weltweit ersten solaren Wellness-Anlage erreicht sie dieses Ziel durch eine vorbildliche Dämmung mit U-Werten unter 0.12 W/m2K, innovative Haustechnik und Nutzung der thermischen und PV-Sonnenenergie.


Der PlusEnergieBau-Solarpreis ging an:

557%-PlusEnergie-Gewerbebau, Gams
Der Energiepark in Gams zeichnet sich durch eine perfekt in die Dach- und Fassadenflächen integrierte 447 kW starke, monokristalline PV-Anlage aus. Sie erzeugt 424’500 kWh/a und deckt den Gesamtenergiebedarf von 76’300 kWh/a dank einer Eigenenergieversorgung von 557% mehrfach. Beheizt wird dieses Büro-, Lager- und Produktionsgebäude mit einer solarbetriebenen Wärmepumpe. Die gute Wanddämmung und die moderne LED Technologie minimieren den Energieverbrauch. 12 Firmen nutzen den Gewerbebau mit einer Energiebezugsfläche (EBF) von 3’140 m2. Der Solarstrom dient der Eigenverbrauchsgemeinschaft zu über 90% während der Hochtarifzeit! Der PlusEnergieBau weist einen Stromüberschuss von 348’200 kWh oder 457% auf.

222%-PEB-Simmental Arena, Zweisimmen
Die Simmental Arena ist ein Mehrzweckgebäude der Einwohnergemeinde Zweisimmen mit Feuerwehrmagazin, Markt- und Veranstaltungshalle mit Restauration. Diese solare Arena wurde am 21. November 2017 in Betrieb genommen und weist eine beheizte Energiefläche (EBF) von 633 m2 auf. Sie wird unterschiedlich benutzt und muss – je nach Veranstaltung – nur teilweise beheizt werden. Das Gebäude ist im Bodenbereich gut gedämmt und verbraucht insgesamt 81’100 kWh/a. Die 180 kW starke PV-Anlage erzeugt 180’400 kWh/a und weist einen Solarstromüberschuss von 99’300 kWh/a auf. Die Eigenenergieversorgung beträgt 222%. Die südseitige PV-Anlage ist ganzflächig optimal integriert.

139%-PEB-MFH SonnenparkPLUS, Wetzikon
Der Mehrfamilien-Neubau SonnenparkPLUS in Wetzikon weist eine vorbildliche Dach- und Wanddämmung auf. Dank den beispielhaft tiefen U-Werten von 0.10 W/m2K und den energieeffizienten Haushaltgeräten sank der Gesamtenergiebedarf 10% unter den Minergie-P-Baustandard. Die 10 Minergie-P/PEB-Wohnungen benötigen bei vollem Komfort nur noch 49’200 kWh/a. Die 45 kW starke PV-Dachanlage erzeugt rund 45’400 kWh/a und die 36 kW starke Fassaden-PV-Anlage generiert knapp 23’200 kWh/a; zusammen ergibt dies rund 68’600 kWh/a Solarstrom. Damit erreicht das PlusEnergie-MFH eine Eigenenergieversorgung von 139%. Die 63 kWh starken Batteriespeicher sorgen dafür, dass der Grossteil des produzierten Solarstroms direkt im MFH genutzt wird.


Migros Bank-Sondersolarpreis für PEB-MFH:

157%-PlusEnergie-MFH Überbauung, Tobel
Die PlusEnergie-Überbauung in der Thurgauer Gemeinde Tobel mit drei Mehrfamilienhäusern (MFH) und 32 Wohnungen wurde 2017 fertig gestellt. Die gut gedämmten Minergie-P-Wohnungen benötigen insgesamt 133’300 kWh/a und erzeugen 209’400 kWh/a. Der Solarstromüberschuss von 76’000 kWh/a ermöglicht jeder Wohnung ein solarbetriebenes Elektroauto, welches jährlich 12’000 km CO2-frei fahren kann. Einmalig in Europa sind die tiefen Mietzinse, die sogar gut 20% unter den quartierüblichen Mietzinse für vergleichbare Wohnungen der Region Wil/SG liegen. Die Überbauung verdient den Migros Bank-Sondersolarpreis für PEB-MFH.


Kategorie Neubauten:

101%-PEB-EFH Lazarus, Le Locle
Das EFH Lazarus in Le Locle/NE kombiniert die jahrhundertealte regionale Tradition einer Holzschnitzelheizung mit neuer Solartechnik. Das Gebäude zeichnet sich durch eine vorbildliche Dämmung mit tiefen U-Werten von 0.11 W/m2K aus. Trotz sehr tiefen Wintertemperaturen in Le Locle beträgt der Gesamtenergiebedarf lediglich ca. 14‘800 kWh/a. Die 13.65 kW starke PV-Dachanlage produziert rund 12‘600 kWh/a Solarstrom. Die solarthermischen Anlage auf dem Dach generiert rund 2‘400 kWh/a Wärmeenergie. Die Gesamtenergieversorgung beträgt somit 15‘000 kWh/a oder 101%.

Solares Mehrfamilienhaus, Reichenburg

Die zwei neu erstellten, familienfreundlichen Mehrfamilienhäuser in Reichenburg/SZ decken ihren Gesamtenergiebedarf von 120’000 kWh/a zu etwa 66% mit Solarenergie. Die 77 kW starke PV-Anlage erstreckt sich über die beiden Dächer, die Balkonbrüstungen und die Lärmschutzwand. Die 30 m2 grosse solarthermische Anlage dient der Warmwasseraufbereitung. Ihr sommerlicher Wärmeüberschuss wird mittels Energiepfählen im Erdreich gespeichert. Den Mietern stehen Ladestationen für E-Mobilität zur Verfügung. Das Projekt besticht durch die Kombination ästhetisch ansprechender Solararchitektur mit nachhaltiger Energieversorgung.

Wohnhaus Solaris, Zürich Wollishofen
Der MFH-Neubau Solaris in Zürich Wollishofen vereint, an städtebaulich schwieriger Lage zwischen einem Bahndamm und der verkehrsreichen Seestrasse, modernes Wohnen mit Solararchitektur. Eine ganzflächig dach- und fassadenintegrierte PV-Anlage erzeugt 47% des Gesamtenergiebedarfs des MFH von 68’000 kWh/a. Die von rotbraunem Gussglas verdeckten und dadurch leistungsreduzierten monokristallinen Solarzellen produzieren rund 31’800 kWh/a. Die restlichen 36’200 kWh/a werden durch Erdgas gedeckt.


Kategorie Bausanierungen:

Villa Carlotta, Orselina
Beim 1939 erbauten Sommer- und Wochenenddomizil-EFH Villa Carlotta in Orselina/TI wurde die Ölheizung durch eine solarbetriebene Ersonden-Wärmepumpe ersetzt und das Dach saniert. Die gesamte 350 m2 Dachfläche wurde mit einer 51 kW starken PV-Anlage ausgerüstet. Sie produziert rund 42’300 kWh/a und deckt den Gesamtenergiebedarf von rund 53’500 kWh/a zu 87%. Die in die Gartenanlage eingebaute 14 m2 Vakuum-Röhren-Solarthermieanlage liefert 4’300 kWh/a zur Warmwasser- und Heizungsunterstützung. Die Villa Carlotta demonstriert, wie sich moderne Solartechnik in einem historischen Bauwerk architektonisch vorbildlich integrieren lässt.

Bauernhaus Galley, Ecuvillens
Das Bauernhaus in Ecuvillens/FR aus dem Jahr 1859 nutzt in einem Pilotprojekt terrakottafarbene PV-Module, die vom CSEM Neuenburg und Issol Schweiz speziell für denkmalgeschützte Objekte entwickelt wurden. Die 27 kW starke und 262 m2 grosse PV-Anlage auf dem Dach des Gebäudes erzeugt bei einem reduzierten Wirkungsgrad 16.500 kWh/a oder rund 26% des Energieverbrauchs von 62.500 kWh/a. Dieses Projekt überwand die grossen Hürden bei der Integration von Photovoltaikanlagen bei denkmalgeschützten Objekten.

Vacheron Constantin, Plan-les-Ouates

Das Gewerbegebäude der Uhrenfabrik Vacheron Constantin der Richemont International SA in Plan-les-Ouates/GE ist ästhetisch sehr ansprechend. Trotzt der V-Form des Gebäudes, welche die Installation einer PV-Anlage auf dem 2000 m2 grossen Flachdach erschwerte, wurde dieses mit einer PV-Anlage ausgerüstet. Die 246 kW starke Anlage produziert jährlich rund 254’600 kWh/a Solarstrom. Vom hohen Gesamtenergiebedarf der Uhrenfabrik von ca. 4’157’100 kWh/a bedeuten 254’600 kWh/a Solarstrom bloss 6.1% – dennoch senkt die Solarenergie 13.6 t CO2 – immerhin ein Anfang bei 1’480 t CO2-Emissionen fossil nuklearer Energien.

EFH Keller Ammann
Das 1964 erstellte und im kantonalen Bauinventar BILU erfasste Einfamilienhaus (EFH) Keller Ammann an der Dreilindenstrasse in Luzern wurde 2017/2018 saniert. Der Gesamtenergiebedarf von 81’000 kWh/a reduzierte sich auf rund einen Viertel oder 20’510 kWh/a. Die 15.1 kW starke PV-Dachanlage erzeugt 13’800 kWh/a. Zur Warmwasseraufbereitung und für die Heizungsunterstützung dient die 6.9 m2 grosse solarthermische Anlage. Im Winter deckt eine gasbetriebene Brennstoffzellenheizung die Wärmeversorgung. Die sorgfältige Integration der PV-Dachanlage ist architektonisch überzeugend gelöst.


HEV Schweizer-Sonderpreis:

Reihen-EFH-Sanierung Torres Nova, Zug
Reiheneinfamilienhäuser, insbesondere wenn sie mit denkmalschützenden Auflagen versehen sind, bergen bei der Erneuerung besondere Herausforderungen. Die Umsetzung beim Zwischenhaus Göblistrasse 29b in Zug zeigt exemplarisch auf, dass Energieeffizienz und Solarenergienutzung nicht zu Lasten des Gesamtbilds gehen müssen. Dank guter Wärmedämmung, einer nach Süden ausgerichteten, 5 kW starken Photovoltaikanlage und einem zentralen Holzspeicherofen benötigt das Mittelhaus heute weniger als halb so viel Energie und deckt diese fast ausschliesslich aus erneuerbaren Ressourcen. Es erhält deshalb den HEV-Sondersolarpreis 2018.


Kategorie Anlagen für erneuerbare Energien:

Birrer Holz AG, Hergiswil bei Willisau
Die Birrer Holz AG in Hergiswil bei Willisau/LU verarbeitet ausschliesslich Schweizer Holz aus umliegenden und regionalen Wäldern. Die leicht geneigten, ost-west-ausgerichteten Satteldächer und die nach Osten ausgerichteten Pultdächer nutzen die Sonnenenergie optimal. Mit der 1.14 MW starken PV-Anlage erzeugt die Birrer Holz AG insgesamt 1.1 GWh/a Strom, fast das Doppelte des eigenen Elektrizitätsbedarfs von 570’000 kWh/a. Die 2 MW starke, nach neustem Stand der Technik vorbildlich funktionierende Holzheizung erzeugt jährlich rund 5 GWh/a. Damit heizt sie sämtliche Sägereigebäude und beliefert dazu das Ortsquartier Opfersei von Hergiswil/LU.

Talstation Klein Matterhorn Bahn, Zermatt

Auf 2939 m ü.M. steht in Zermatt/VS beim Trockenen Steg die Talstation der neuen 3S-Bahn zum Klein Matterhorn. Die Talstation mit Werkstatt, Kommandoraum, Rolltreppen und Lift benötigt jährlich rund 350’000 kWh. Die 136 kW starke PV-Fassadenanlage aus monokristallinen Solarzellen produziert ca. 148’500 kWh/a Solarstrom. Die ganzflächige, perfekt in die Süd- und Westfassade integrierte Anlage deckt damit 42% des Gesamtenergiebedarfs. Zwischen den PV-Modulen sorgen 57 Glasfenster für Tageslicht und eine natürliche Beleuchtung des Gebäudes.

Solarstrom statt Netzausbau, Rafz

Jährlich produziert die Jucker Farm AG in Rafz/ZH ca. 170’000 kWh Solarstrom und kann dadurch auf einen verstärkten Leitungsanschluss verzichten. Die 167 kW starke PV-Dachanlage deckt 57% des gesamten Eigenenergiebedarfs. Eine 160-kW-Batterie und künftig auch Elektrofahrzeuge speichern die stochastischen Solarstromspitzen. Der Spargelhof vermag auf diese Weise seinen hohen Energiebedarf von rund 300’000 kWh/a für die Lagerung und Kühlung des Gemüses zu 57% selber zu decken. Ausserdem wird die bei der Kühlung anfallende Wärme zur Heizung des Wohnhauses und zur Warmwasseraufbereitung verwendet.

Autobahnüberdachung, Stansstadt

Die Autobahnüberdachung in Stansstad/NW bietet sich mit ihrer Fläche von 8’900 m2 für die solarenergetische Nutzung geradezu an. Im Jahr 2011 durch das ASTRA erstellt, war das Bauwerk von Beginn weg statisch für den Aufbau einer PV-Anlage ausgelegt. Mit ihren 3’115 Solarmodulen erzeugt die 841 kW starke Dachanlage der Solarpark Stansstad AG jährlich 750’000 kWh Strom. Die Solarenergie wird ins örtliche Stromnetz eingespeist und deckt rund 17% des Strombedarfs der Stansstader Bevölkerung.


Kategorie Persönlichkeiten:

Dr. Lucien Keller, Solarpionnier, Lavigny
Dr. Lucien Keller war von Beginn seiner Berufslaufbahn an ein Vorreiter und wichtiger Akteur in allen Bereichen der rationellen Energienutzung, insbesondere der Solarenergie. Mit seiner aktiven Beteiligung an verschiedenen Impulsprogrammen trug er zur Entwicklung und zum Aufschwung dieser Technologien bei und war unter anderem von 1995 bis 2005 Präsident der SSES. Er führte mehrere Studienaufträge durch und veröffentlichte rund 70 Artikel. Mit seinem Energieplanungsbüro verwirklichte er zahlreiche Solarprojekte, von denen einige mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet wurden. Heute setzt er sein Engagement für Energieeinsparungen fort, indem er sein Wissen den SIG (Services industriels de Genève) zur Verfügung stellt.

Prof. Peter Steiger, Architekt und Professor, Zürich

Der Architekt Peter Steiger – 1928 in Zürich geboren – war in jungen Jahren einer der Verantwortlichen für den Bau des ersten Teilchenbeschleunigerlabors des CERN. Dieser Bau erforderte eine tiefe material- und energie-technische Diskussion, welche letztlich zur Gründung des Vereins «PLanung-ENergie-ARchitektur» (PLENAR) im Jahre 1973 führte. PLENAR widmete sich diversen Themen des energetisch-ökologischen Bauens. 1987 bis 1991 wurde die erste prototypische Siedlung mit 66 Wohneinheiten nach PLENAR-Prinzipen in Oberwil (BL) realisiert. Neben effizientem Umgang mit Energie thematisierte Peter Steiger auch das solare Bauen. Mit seinem Buch: «Bauen mit dem Sonnen-Zeit-Mass» (1987) gelang ihm ein originelles Werk zur Nutzung der Sonnenenergie.

Montageteam Schmid-Wolfisberg-Müller, Ebikon
Den Monteuren Christian Schmid, Beat Wolfisberg und Stefan Müller der BE Netz AG kann kaum einer etwas vormachen, wenn es um die Installation von Solaranlagen geht. Mit 25, 19 und 15 Jahren Tätigkeit in der Solarbranche bringen sie zusammen fast 60 Jahre harte Arbeit und Erfahrung auf Solardächern mit. Seit den Anfängen der Solarbranche, steigen sie bei Regen und Schnee, Hitze und Kälte auf die Dächer und installieren aus Überzeugung und mit Leidenschaft. Dabei haben sie bis heute über 700 Solarstrom- und solarthermische Projekte realisiert, früher schweizweit und bis Süddeutschland, heute vor allem in der Deutschschweiz.


Kategorie Institutionen:

Gemeinde Entlebuch, Entlebuch
Das Thema Energie beschäftigt die Gemeinde Entlebuch seit über hundert Jahren. Sie realisierte viele Pionierprojekte nach ihrem Motto «Wir leben neue Energie». Bereits 1984 und 1990 wurden in der Gemeinde zwei Holzschnitzelheizungen erstellt, welche die umliegenden Wohneinheiten und öffentlichen Gebäude versorgen. 2005 wurde das erste Windkraftwerk in der Deutschschweiz gebaut. Die Gemeinde verfügt über eine gut integrierte 113 kW PV-Anlage auf allen drei Dächern des Oberstufenschulhauses und ein Wasserkraftwerk. Gemeindeeigene Förderprogramme für die Einwohnenden unterstützen die Anwendung erneuerbarer Energien inkl. der Solarenergie. Dazu informiert die Gemeinde mit dem einzigartigen Tourismusprojekt «Erlebnis Energie Entlebuch» über erneuerbare Energien und deren Vorteile.


Aufklärung im Knonauer Amt, Affoltern a. A.
Die im Jahr 2004 gegründete und seit 2015 als Verein organisierte Standortförderung Knonauer Amt verfolgt mit dem Schwerpunktprojekt «EnergieRegion Knonauer Amt» das Ziel, bis 2050 80% des Energiebedarfs der Region mit erneuerbarer Energie zu decken. Dafür setzt sie sich zusammen mit seit Jahren im Knonauer Amt aktiven Solar- und Holzunternehmungen ein. Damit sank der Gesamtenergieverbrauch der Region und der Anteil der erneuerbarer Energien stieg von 49.3 GWh im 2007 auf ca. 117 GWh im 2017. Auch die Solarstromproduktion wurde deutlich erhöht und deckt heute rund 4.9% des regionalen Strombedarfs.


Genossenschaft SpiezSolar
Bereits seit 1999 setzt sich die Genossenschaft SpiezSolar für die Nutzung der Sonnenenergie ein. Sie realisierte mittels Crowdfunding die Installation mehrere Photovoltaikanlagen. Seit 2011 berät die Genossenschaft Interessenten und führt solare Informationsanlässe durch. Mit der «Aktion99» stärkte die Genossenschaft die Zusammenarbeit mit dem lokalen Gewerbe und förderte den Bau von bisher 12 weiteren PV-Anlagen. Dank dem auf Freiwilligenarbeit basierenden Einsatz sind heute über 280 Dächer der Gemeinde Spiez mit PV-Anlagen ausgerüstet. Die Solarstromproduktion der Gemeinde steigt kontinuierlich.

www.solaragentur.ch

 

 

 

 

 

Was macht Graphen in der Lunge?

Graphen gilt als Material der Zukunft. Allerdings ist bislang wenig bekannt, ob und wie sich Graphen auf unsere Gesundheit auswirkt, sollte es in den Körper gelangen. Ein Forscherteam der Empa und des Adolphe-Merkle-Institut (AMI) in Fribourg haben nun erstmalig Studien an einem dreidimensionalen Lungenmodell durchgeführt, um das Verhalten von Graphen und Graphen-ähnlichen Materialien nach dem Einatmen zu untersuchen.

Graphen gilt als Material der Zukunft. Allerdings ist bislang wenig bekannt, wie sich dieses Material auf unsere Gesundheit auswirkt. (Bild: depositphotos)

Der Stoff aus ein Graphen besteht, ist zug- und reissfest, hochelastisch und elektrisch leitfähig. Graphen verfügt über vielerlei aussergewöhnliche Eigenschaften, was revolutionäre Anwendungen in den unterschiedlichsten Bereichen ermöglicht. Nicht umsonst hat die EU das «Graphene Flagship» ins Leben gerufen, das mit einer Milliarde Euro unterstützt wird und somit als grösste europäische Forschungsinitiative gilt. Als Teil dieses riesigen Projekts bringt auch die Empa ihr Know-how ein, denn im Rahmen der europaweiten Graphen-Forschung spielen allfällige gesundheitliche Aspekte und Auswirkungen auf den menschlichen Organismus eine wesentliche Rolle.

Aus diesen Aktivitäten entstand nun zusätzlich ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Projekt, das vor kurzem an der Empa und am AMI angelaufen ist. Dabei kommt ein zelluläres 3-D-Lungenmodell zum Einsatz, mit dem die Forschenden herausfinden möchten, welche Auswirkungen Graphen und Graphen-ähnliche Materialien auf die menschliche Lunge haben können – und das unter möglichst realitätsnahen Bedingungen. Eine Herausforderung, denn Graphen ist nicht gleich Graphen. Je nach Herstellungsmethode und Prozessierung entstehen unterschiedlichste Formen und Qualitäten des Materials, die wiederum verschiedene Reaktionen in der Lunge auslösen können.

Dreidimensionale Zellkulturen «atmen» Partikel ein

Das Forschungsteam um Peter Wick, Tina Bürki und Jing Wang von der Empa und Barbara Rothen-Rutishauser und Barbara Drasler vom AMI hat kürzlich seine ersten Ergebnisse im Fachmagazin «Carbon» publiziert. Mit dem 3-D-Lungenmodell ist es den Forschenden gelungen, die tatsächlichen Bedingungen an der Luft-Blut-Schranke sowie die Auswirkung von Graphen im Lungengewebe realitätsgenau nachzustellen – ohne Versuche an Tier oder Mensch. Dabei handelt es sich um ein Zellmodell, das die Lungenalveolen abbildet. Herkömmliche In-vitro-Tests arbeiten mit Zellkulturen aus nur einem Zelltypus – das etablierte Lungenmodell dagegen besteht aus drei unterschiedlichen Zelltypen, die die Gegebenheiten innerhalb der Lunge simulieren, nämlich Alveolarepithelzellen sowie zwei Arten von Immunzellen – Makrophagen und dendritische Zellen.

Ein weiterer Faktor, der bei Versuchen in vitro bislang kaum beachtet wurde, ist der Kontakt der Graphenpartikel über die Luft. Gewöhnlich werden Zellen in einer Kulturschale in einer Nährlösung kultiviert und in dieser Form Materialien, zum Beispiel Graphen, ausgesetzt. In der Realität, also an der Lungenbarriere, ist dies allerdings anders.

«Der menschliche Organismus kommt am ehesten durch die Atemluft mit Graphenpartikeln in Kontakt», so Tina Bürki von der Empa-Forschungsabteilung «Particles-Biology Interactions». Die Partikel werden also eingeatmet und kommen direkt mit dem Lungengewebe in Berührung. Das neue Lungenmodell ist so aufgebaut, dass sich die Zellen auf einer porösen Filtermembran an der Luft-Flüssigkeit-Grenze befinden und die Forschenden die Graphenpartikel mit Hilfe eines Zerstäubers auf die Lungenzellen sprühen, um den Vorgang im Körper möglichst genau nachzustellen. Die dreidimensionale Zellkultur «atmet» quasi die Graphen-Stäube ein.

Keine akuten Schädigungen entdeckt

Diese Versuche im 3-D-Lungenmodell brachten nun erste Resultate. Die Forschenden konnten nachweisen, dass sich keine akuten Schäden in der Lunge bilden, wenn Lungenepithelzellen in Kontakt mit Graphenoxid (GO) oder sogenannten Graphennanoplatelets (GNP) kommen. Dazu gehören Reaktionen wie der plötzliche Zelltod, oxidativer Stress oder Entzündungen.

Um auch chronische Veränderungen im Körper aufzuspüren, läuft das SNF-Projekt drei Jahre; als Nächstes stehen langfristige Studien mit dem Lungenmodell an. Wick und sein Team setzen die Lungenzellen dabei nebst reinen Graphenepartikeln auch abgeriebenen Graphenpartikeln aus Komposit-Materialien aus, die klassischerweise zur Verstärkung von Polymeren eingesetzt werden. Daran beteiligt ist Jing Wang von der Empa-Abteilung «Advanced Analytical Technologies».
Um auch hier die Menge der Graphenpartikel, denen Menschen ausgesetzt sind, möglichst realistisch abschätzen zu können, untersucht und quantifiziert Wang den Abrieb der Komposit-Materialien. Anhand dieser Daten setzt das Team das 3-D-Lungenmodell realitätsnahen Gegebenheiten aus und ist in der Lage, längerfristig Voraussagen zur Toxizität von Graphen und Graphen-ähnlichen Materialien zu treffen.

Welthungertag 2018

Der Welthungertag findet jedes Jahr am 16. Oktober statt und soll darauf aufmerksam machen, dass weltweit viele Millionen Menschen an Hunger leiden. Der 16. Oktober wurde als Tag ausgewählt, weil am 16. Oktober 1945 die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO mit der Aufgabe, die weltweite Ernährung sicherzustellen, als Sonderorganisation der UNO gegründet wurde.

Am 16. Oktober 2018 ist Welthungertag. Bild eines Flüchtlingcamps in Thessaloniki, Griechenald. (Bild: depositphotos)

Der Welthungertag oder Welternährungstag wurde erstmals 1979 durchgeführt. Seither findet er jedes Jahr in verschiedenen Ländern statt. Neben offiziellen Kongressen an diesem Tag, die sich mit den Themen Welthunger und Welternährung auseinandersetzen, nutzen oft auch NGOs den Welternährungstag, um auf das weltweite Hungerproblem aufmerksam zu machen.

Jean Ziegler: „Hungerflüchtlinge sind nicht Wirtschaftsflüchtlinge“

Jean Ziegler setzt sich immer wieder für die Rechte von benachteiligten Menschenschichten ein, seiner Ansicht nach sollte für Hungerflüchtlinge mindetens das Prinzip der provisorischen Aufnahme angewendet werden. „Das humanitäre Drama, das sich am Mittelmeer abspielt, muss beendet werden“, so Ziegler. „Die Europäer antworten nur mit militärischen Mitteln auf das Problem. Hungerflüchtlinge sind nicht Wirtschaftsflüchtlinge. Sie kämpfen um ihr Leben.“

Zu diesem Zweck hat Ziegler eine Weiterentwicklung der Flüchtlingskonvention von 1951 durch den UNO-Menschenrechtsrat angeregt.

Problematische Biotreibstoffe 

Im Zusammenhang mit dem Recht auf Nahrung haben jüngst verschiedene Organisationen auf die Problematik der Biotreibstoffe hingewiesen. Jean Ziegler hat bei der Präsentation seines Berichtes das Thema aufgenommen und ein Moratorium für solche Treibstoffe verlangt. Demnach sollten während fünf Jahren keine Biotreibstoffe hergestellt werden.

Biotreibstoffe aus Mais oder Getreide würden die Preise dieser Nahrungsmittel in die Höhe treiben und damit den Hunger fördern, so die Begründung.

Für eine 50-Liter-Tankfüllung eines Autos mit Biotreibstoff würden 200 Kilogramm Mais benötigt. Damit könne eine Person ein ganzes Jahr ernährt werden. 

Mit dem Ausdruck Welthunger wird die Situation beschrieben, dass hunderte Millionen Menschen in der Welt hungern. Die Zahl der hungernden Menschen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, steigt jedoch langsamer als die Bevölkerung an:

1990 waren es etwa 822 Millionen, im Jahr 2008 etwa 963 Millionen Menschen. Am 19. Juni 2009 berichtete die BBC, dass nun offiziell eine Milliarde Menschen hungern. Das ist etwa jeder siebente Mensch auf der Erde. Jedes Jahr sterben etwa 8,8 Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder, an Hunger, was einem Todesfall alle 3 Sekunden entspricht.

Die meisten Hungernden leben in Asien und der Pazifikregion (524 Millionen), gefolgt von Afrika südlich der Sahara (206 Millionen). Auch in Lateinamerika (52 Millionen), dem Nahen Osten (38 Millionen) und vielen osteuropäischen Ländern ist Hunger ein Problem. Die meisten Hungernden leben in Entwicklungsländern (820 Millionen). Aber auch in den Schwellenländern (25 Millionen) und den Industrieländern (9 Millionen) gibt es Hungernde. (Quellen: Wikipedia)

 

Einsparpotentiale, um Food Waste zu vermeiden

Mit einfachen Massnahmen lassen sich mit Food Waste zusammenhängende Kosten spürbar reduzieren oder gar halbieren. Zu diesem Schluss kommt ein Team der Berner Fachhochschule (BFH), welche in Zusammenarbeit mit dem Branchennetzwerk United Against Waste (UAW) eine Studie durchgeführt hat.

Nicht jeder Küchenabfall ist schon verrottet. Darüber hinaus könnten besonders die Gastrobetriebe viel gegen Food Waste unternehmen. (Bild: depositphotos)

Rund 13 Prozent an Food Waste,  an Lebensmittelabfällen, entstehen in  der Schweiz in der Gastronomie. Dabei kostet jedes Kilogramm Food Waste den Verursacherbetrieb 24 Franken. Eine Gruppe von Forschenden und Studierenden unter der Leitung von BFH-Professorin Marie Brechbühler fanden dies in einer Studie in Zusammenarbeit mit UAW heraus.

Hierbei wurden auch die Kosten von Food Waste entlang der Zubereitungsphasen der Lebensmittel untersucht. Während unverarbeitete Lebensmittel kaum in der Tonne verschwinden, steigt der Food Waste in der Verarbeitung und im Konsum um ein Vielfaches.

Hingegen könnte mittels Food Save, also mit der Reduzierung von Lebensmittelabfällen, viel Geld gespart werden. Dies bestätigt Katja Lemmler von den Sunstar Hotels: „Die Resultate der Studie überraschen mich nicht. Die Kosten von Food Waste werden zu häufig unterschätzt und sollten deshalb mehr Aufmerksamkeit erhalten. Wir konnten bereits mit einfachen Massnahmen unsere Lebensmittelabfälle stark reduzieren und dabei Kosten sparen.“

Eine der effektivsten Methoden Lebensmittelabfälle zu vermeiden, ist das Sensibilisieren des Küchenteams und der Gäste.

Forschende und Praktiker empfehlen Massnahmen, die direkt in der Verarbeitung und im Konsum ansetzen. Das Bewusstwerden der Problematik fördert den respektvollen Umgang mit Lebensmitteln. Zudem wird die Verkleinerung des Menüs und der Portionengrösse empfohlen. So können Abfälle aus Überproduktion und Tellerrücklauf erfolgreich vorgebeugt werden.

Mehr Details über „United Against Waste (UAW)“ und aktuellen Studienergebnissen finden sie hier

MyFoodways App gegen Food Waste

Am diesjährigen “World Food Day” geht es um die Frage, wie dem Welthunger ein Ende gesetzt werden kann. Natürlich ist es nicht immer leicht zu sehen, was man als Einzelner tun kann, um zur Lösung einer so grossen Herausforderung beizutragen. Die UNO Kampagne soll eben zeigen, welch enorme Wirkung man erzielen kann, wenn man zu Hause weniger Lebensmittel wegwirft und damit zu #zerohunger beitragen kann.

MyFoodways wird am Dienstag, 16. Oktober, lanciert, am Welternährungstag der UNO, lanciert.

Die MyFoodways-App is eine Rezepte App die es jedem und jeder leicht macht, weniger Lebensmittel zu verschwenden und das Haushaltsbudget zu schonen, weil sie:

  • massgeschneiderte Rezeptideen für Reste und Aufbewahrungstipps anbietet
  • den Benutzern ermöglicht, innerhalb der Rezepten Zutaten auszutauschen oder wegzulassen, je nachdem, was im Kühlschrank vorrätig ist
  • personalisierte Menü-Vorschläge die gesund und nachhaltig sind (link)

MyFoodways ist kostenlos und wurde in Bern entwickelt. Weitere Informationen erhalten Sie über untenstehenden Link:

www.myfoodways.com

 

 

Zermatt Summit 2018: Menschen verändern die Welt – nicht das Geld

Die siebte Ausgabe des Zermatt Summit lockte 120 Unternehmer und Manager in die Walliser Berge, die mit ihren unternehmerischen Fähigkeiten den notwendigen Wandel und die Innovation im Dienste der Gesellschaft fördern wollen. „Humanizing Innovation“ war das Thema des diesjährigen Zermatt Summit. Wie können wir neue Systeme zur Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energie unter Achtung von Mensch und Natur und im Dienste des Gemeinwohls schaffen?

Menschen, nicht Geld entscheidet über unser Schicksal – hiess das diesjährige Credo am Zermatt Summit. (Bild: zVg)

Christopher Wasserman, Gründer und Präsident der Zermatt Summit Foundation, die sich als ein Inkubator für neue Geschäftsmodelle mit sozialem und ökologischem Hintergrund versteht, fasste es in seinem Eröffnungsvortrag zusammen: «Unsere Vision ist es, einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen treffen, um inspiriert zu werden, Innovationen auszutauschen, sich zu vernetzen und zusammenzuarbeiten, damit neue Geschäftsmodelle für eine bessere Welt entstehen.»

Der Zermatt Summit ist ein Ort der Reflexion für Führungskräfte, die verstehen, dass Unternehmen eine Kraft für das Gute sein können und dass Wirtschaftsmodelle notwendige soziale, ökologische und soziale Auswirkungen haben können. Der Zermatt Summit will die Referenz für ethisches Wirtschaften in einer globalisierten Welt sein, neben dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, wo sich führende Unternehmen und Politiker treffen, um hauptsächlich über „business as usual“ zu diskutieren, und dem Weltsozialforum in Porto Alegre in Brasilien, wo sich Aktivisten ohne eine konkrete Agenda für Veränderungen treffen.

Zwischen Davos und Porto Allegre besteht eine Lücke, die der Zermatt Summit schliessen will.

Die Wirtschaft im Dienste des Menschen und des Gemeinwohls

Die Auswahl an hochkarätigen internationalen Referenten war beeindruckend. Gäste aus Europa, Afrika, Asien, den USA und der Schweiz trafen sich, um bahnbrechende neue Geschäftsmodelle zu präsentieren und zu diskutieren. Der belgische Unternehmer, Autor und Aktivist Prof. Dr. Gunter Pauli präsentierte seine Vision der „Blue Economy“ für eine nachhaltigere Weltwirtschaft.

Die Blue Economy konzentriert sich auf die Grundversorgung der Menschen -Nahrung, Wasser, Energie und Gesundheit -bei gleichzeitiger Regeneration der Natur, Schaffung von Arbeitsplätzen, Aufbau von Gemeinschaften und Vermeidung von Abfall. «Niemand sagt mir, dass es nachhaltig ist, wenn man einen Bio-Apfel aus Chile hier in Zermatt kauft. Das ist einfach nicht wahr. Es ist nicht so und es wird nie so sein.», sagte Pauli. Die Blue Economy stimuliert eine lokale Wirtschaft mit einem direkten Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten.

Kaffee, nach Öl der am meisten gehandelte Rohstoff der Welt, spielte eine wichtige Rolle bei einer am Zermatt Summit diskutierten Innovation. Der deutsche Unternehmer Hans Stier stellte die Firma Bonaverde vor, die eine Maschine zum Rösten und Mahlen von Rohkaffee anbietet und eine direkte Beziehung zwischen kleinen Kaffeeproduzenten und ihren Kunden herstellt. Das Bonaverde-Konzept verbessert das Leben in den Kaffee produzierenden Ländern erheblich.

Bertil Akesson, der eine Familienplantage in Madagaskar leitet, präsentierte 51 Arten von natürlichem, koffeinfreiem Kaffee. Er versicherte dem Publikum, dass diese Kaffeespezialität bald in den Detailhandel gelangen würde.

Bahnbrechende Erfindungen und Projekte vorgestellt

Der Physiker und Unternehmer Prof. Dr. Suat Topsu aus Frankreich brachte eine bahnbrechende Kommunikationstechnologie nach Zermatt. Topsu ist der Erfinder von Li-Fi: Datenkommunikation, Internet, über Lichtwellen. Science Fiction? Auf keinen Fall. Topsu gab konkrete Beispiele für Anwendungen in Supermärkten, Museen und Krankenhäusern. Li-Fi wird derzeit in die neuen 5G-Kommunikationsnetzstandards integriert.

Der niederländische Unternehmer Joost Wouters stellte am Zermatt Summit das enorme Potenzial des Algenanbaus für Energie, Lebensmittel und vieles mehr vor. «Seetang ist die am schnellsten wachsende Biomasse auf dem Planeten.», sagte Wouters. Seit Jahrhunderten werden Meeresalgen hauptsächlich in Asien angebaut, wo heute 99 Prozent der Weltproduktion produziert und hauptsächlich zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Die Produktion ist einfach. Es benötigt nur Salzwasser, Sonnenlicht und Nährstoffe. Der Prozess ist sehr effizient und Wouters hat gezeigt, dass Biogas aus Meeresalgen bei weitem besser abschneidet als Erdgas aus Fracking. Die Algenproduktion regeneriert die Meeresumwelt, während Fracking die natürliche Umwelt für Jahrhunderte zerstört.

Die Leistungen des Schweizer Unternehmers Marco Simeoni am Zermatt Summit waren faszinierend und beeindruckend. Simeoni gilt als das bestgehütete Geheimnis der Schweiz. Seine Stiftung „Race for Water“ wurde 2010 mit dem Ziel gegründet, die plastische Verschmutzung der Ozeane zu beseitigen. Race for Water hat ein Verfahren entwickelt, das Kunststoffabfälle in Gas und Strom umwandelt. Diese kleine innovative Fabrik kann in Containern auf der ganzen Welt vertrieben werden, was eine grosse Chance bietet, Kunststoffabfälle auf wirtschaftliche Weise zu reduzieren.

Die Humanisierung der Globalisierung wird zu einer Priorität

Unternehmen haben einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft. Sie schaffen Arbeitsplätze und Innovationen, produzieren Waren und Dienstleistungen und schaffen Einkommen. Mit dieser Wirtschaftsmacht kommt jedoch eine soziale Verantwortung für das Gemeinwohl, die vielen Unternehmern noch nicht so bewusst ist.

Es besteht ein grosser Bedarf an Überprüfung, Umdenken und Erweiterung des Unternehmenszwecks. Christopher Wasserman sagte: «Veränderungen werden nicht nur durch neue innovative Geschäftsmodelle, sondern auch durch persönliche Verbindungen und Beziehungen entstehen. Der Zermatt Summit bietet die ideale Plattform für Austausch und Beziehungspflege.» (Zermatt Summit/mm)

Über Zermatt Summit

Der Zermatt Summit wurde 2010 als internationale Referenzplattform zur Förderung eines konstruktiven, handlungsorientierten Dialogs zwischen den verschiedensten gesellschaftlichen Akteuren ins Leben gerufen. Die Konferenzen werden von der Zermatt Summit Foundation organisiert, einer unabhängigen NGO, die vom Schweizer Staat als gemeinnützig anerkannt ist. Die Stiftung will Stakeholder aus der Zivilgesellschaft, aus Wirtschaft und Politik sowie aus Religion und Kunst zusammenbringen, um mehr Menschlichkeit in den Prozess der Globalisierung einzubringen und Führungskräften praktische Empfehlungen für eine Wirtschaft zu geben, die dem Menschen und dem Gemeinwohl dienen. Initiator, Förderer und Präsident der Zermatt Summit Foundation ist Christopher Wasserman, Gründer eines Schweizer Familienunternehmens.

http://www.zermattsummit.org

 

Unternehmenskultur: Wasser predigen, Wein trinken?

In der heutigen Unternehmenskultur ist Integrität die neue Lieblingsvokabel im Management. Mitarbeiter sollen sich nicht mehr nur an staatlichen Gesetzen und internen Regeln orientieren, sondern sich auch unter moralischen Gesichtspunkten korrekt verhalten. Stefan Kühl, Professor für Organisationssoziologie an der Universität Bielefeld, sieht in darin auch Widersprüche.

Auf manchmal schon in einem überraschenden Masse gottesdienstähnlichen Sitzungen übt man die von oben verordneten Werteformulierungen ein, schreibt der Buchautor Stefan Kühn. (Bild: depositphotos)

Unternehmenskultur heute heisst „integre Unternehmenspolitik“. Die Unternehmensspitzen sind von ihrer „werteorientierten Führung“ überzeugt. Generell sucht man auf jeder Ebene nach einer „moralischen Haltung“.  Unternehmen richten inzwischen die Position des Chief Integrity Officer ein. Verwaltungen starten umfassende Programme zur Förderung von Integrität unter den Mitarbeitern. Krankenhäuser verteilen Fragenkataloge, mit deren Hilfe Mitarbeiter vor jeder Entscheidung abschätzen können, ob sie den

Ansprüchen an Integrität entspricht oder nicht. Wie ist es zu dieser Popularität der Moral gekommen? Und was sind die Folgen, wenn Moral so offensiv als Massstab für organisatorisches Handeln eingefordert wird?

Gründe für die Popularität von Integrität

Der Grund für die Popularität der Integrität wird im „Versagen“ der klassischen Systeme zur Regeleinhaltung gesehen (Grüninger et al. 2015: S. 2). Unter dem Begriff der „Compliance“ haben alle grösseren Organisationen Regelsysteme eingeführt, mit denen die Einhaltung von staatlichen Gesetzen, branchenweiten Standards und organisationsinternen Vorgaben sichergestellt werden sollte.

Es wurden Abteilungen eingerichtet, die nicht selten Hunderte von Mitarbeitern haben, deren einzige Aufgabe darin besteht, die Befolgung der Regeln sicherzustellen, und es bildeten sich eigene Karrierewege für Compliance Manager aus. Die Logik dieser klassischen Systeme zur Überprüfung der Regeleinhaltung ist denkbar einfach. Organisationen geben sich Programme, an die sich die Mitgliederzu halten haben, wenn sie Mitglied der Organisation bleiben wollen.

Eine Entscheidung, die durch das Programm gedeckt ist, ist richtig. Eine Entscheidung, die dem Programm widerspricht, ist falsch (Luhmann 1972: S. 88). Ein Beispiel: Bei Ausschreibungen über 20.000 Euro sind mehrere Angebote einzuholen – wenn man dies macht und dabei die Ausführungsbestimmungen beachtet, ist man als Mitglied auf der sicheren Seite, wenn man dies nicht befolgt, steht man bei Bekanntwerden unter Rechtfertigungszwang.

Die Aufgabe des Compliance Managements besteht dann lediglich darin, die Einhaltung dieser Vorgaben so gut es geht zu überwachen.

Die Wahrnehmung, dass solche Systeme zur Regeleinhaltung nicht ausreichen, um Korruption, Geldwäsche, Kartellbildungen und Umweltverstöße zu bekämpfen, hat zur populären Forderung geführt, dass sich Organisationen an „moralischen Werten“ orientieren sollen. Man sollte sich in Organisationen, so das Argument, nicht nur an Regeln halten, sondern sich gezielt an Werten orientieren. Ziel könne nicht stupide Befolgung von Regeln sein – die Vermeidung von Verstössen gegen staatliche Gesetze, branchenspezifische Standards oder interne Gesetze. Es komme vielmehr auf die Entwicklung einer „spezifisch werteorientierten Haltung“ an, die weit über die durch die Organisation gesetzten Regeln hinausgehe (Schöttl/Ranisch 2016; siehe früh in diesem Sinne z.B. Badaracco/Ellsworth 1989; Srivastva 1988; Paine 1994).

Das Problem mit den Werten

Das Bekenntnis zu Werten hat auf den ersten Blick eine gewisse Plausibilität. Es wäre überraschend, wenn die Geschäftsführer eines Unternehmens offen für eine „korrupte Unternehmenspolitik“ einträten, eine „unmoralische Haltung“ ihrer Mitarbeiter einforderten und eine von „Werten befreite Führung“ propagieren würden.

Der Vorteil von Werten ist, dass sie „hohe Konsenschancen“ haben (Luhmann 1972: S. 88 f.). Abstrakt kann man sich schnell darauf einigen, dass Menschenrechte, Umweltschutz und Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit anzustreben sind.

Das Problem ist jedoch, dass Werte im Gegensatz zu Programmen nur sehr unbestimmte Anhaltspunkte für Entscheidungen geben: Es bleibt weitgehend unklar, welche Entscheidung einer anderen vorgezogen werden muss (Luhmann 1972: S. 88 f.; siehe auch Luhmann 1997: S. 343). Wie soll man darauf reagieren, wenn die Freiheit, sich mit einem Auto beliebig fortzubewegen, den vorzeitigen Tod Tausender Anwohner von Schnellstrassen durch Stichoxide und Feinstaubbelastung zur Folge hat?

Soll man im Konfliktfall für die Durchsetzung von Menschenrechten einen Krieg führen? Die Orientierung an Werten führt – anders als die Orientierung an Programmen – bei konkreten Entscheidungen zu einer Vielzahl von sehr praktischen Widersprüchen.

Die Moralisierung der Organisation

Die Forderung nach Integrität ist erst einmal die Aufforderung an die Mitarbeiter, sich moralisch vorbildlich zu verhalten (siehe dazu Paine 2006). Mitarbeiter müssten die „Charakterstärke“ zeigen, auch in schwierigen Situationen für „das Richtige und Gerechte“ einzustehen, und zwar auch dann, wenn dieses Verhalten mit einem  hohen Preis für sie selbst verbunden ist (Kuhn/Weibler 2012: S. 72).

Die Mitarbeiter sollen sich aus „Einsicht in die Richtigkeit“ an moralische Richtlinien halten und nicht, weil deren Verletzung mit Sanktionen verbunden ist (Grüninger et al. 2015: S. 7). Der moralische Anforderungskatalog an die Mitarbeiter wird zu einer fast unendlichen Liste (siehe beispielhaft Kuhn/Weibler 2012b). Mitarbeiter sollen „in Einklang mit den eigenen Werten“ handeln und sich dabei permanent um einen „fairen Ausgleich“ bemühen zwischen dem, was ihnen persönlich nützt und dem, was anderen nützt. Ein Widerspruch.

Die Aufforderung zur Heuchelei

Wenn Organisationen gegenüber ihren Mitarbeitern den Wert der Integrität betonen, führt dies nicht dazu, dass sich diese auch moralischer verhalten. Moral funktioniert nicht wie eine Trivialmaschine, bei der man auf der einen Seite die Forderung nach moralgeleiteten Einstellungen hineinsteckt und dann auf der anderen Seite moralisches Handeln herauskommt.

Der Effekt von Integritätskampagnen ist lediglich der, dass die Mitarbeiter ihr Handeln anders darstellen müssen. Angesichts der von der Organisationsspitze betriebenen Aufladung mit Werten müssen sie ihr Handeln nicht mehr nur als regelkonform, als effizient und innovativ, sondern zusätzlich auch als moralisch vorbildlich präsentieren.

Solche Kampagnen zur Integrität produzieren genau das, was sie eigentlich verhindern wollen – Heuchelei. Sicherlich – keine Organisation kann es sich leisten, auf ein gewisses Mss an Scheinheiligkeit zu verzichten (Brunsson 1989: S. 194 ff.; siehe auch Brunsson 1986; Brunsson 1993). Jedes Unternehmen, jede Verwaltung, jedes Krankenhaus, jede Partei und jede Nichtregierungsorganisation ist darauf angewiesen, ihrer Umwelt neben ihren eigentlichen Leistungen immer auch eine geschönte Darstellung ihrer selbst zu präsentieren (siehe dazu Kühl 2011: S. 136 ff.). Scheinheiligkeit und Heuchelei sind lediglich die in der Organisationswissenschaft etablierten, für Praktiker aber vielleicht zuerst unfreundlich klingenden Begriffe für ein solches Aufhübschen der Schauseite von Organisationen.

Aber es gibt gute Gründe, dieses für die Herstellung von Legitimation notwendige Aufhübschen der Organisation Spezialisten zu überlassen. Es ist zentraler Bestandteil der (manchmal impliziten) Jobbeschreibungen von Marketingexperten und PR-Abteilungen, und es gehört zum Geschäftsführerwissen, eine hübsche Fassade der Organisation aufzubauen, zu pflegen und notfalls auch zu reparieren.

Aber zu ihrer Professionalität gehört es auch, die aufgehübschte Vorderbühne nicht mit der Realität der Organisation zu verwechseln. Verlangt die Spitze einer Organisation jedoch von allen Mitarbeitern das Bekenntnis zu Werten, Moral und Integrität, blockiert dies die notwendigen Auseinandersetzungen innerhalb der Organisation. Integrität wird zu einer abstrakten Formel, zu der man sich – will man Karriere in der Organisation machen – bekennen muss.

Auf manchmal schon in einem überraschenden Masse gottesdienstähnlichen Sitzungen übt man die von oben verordneten Werteformulierungen ein. Mikropolitische Konflikte werden moralisch aufgeladen und die in jeder Organisation unvermeidbaren Kontroversen mit Aspekten persönlicher Achtung verbunden. All das verändert eine Organisation. Aber eines wird sie dadurch sicherlich nicht – eine unter moralischen Gesichtspunkten bessere Organisation. (Oben ist nur eine gekürzte Version abgebildet. Quelle: Stefan Kühl: „Das moralisierende  Unternehmen  – Wie die Forderung nach Integrität  Mitarbeiter zu Heuchlern macht“, Work Paper 17. Mai 2018)

Stefan Kühl ist Professor für Organisationssoziologie an der Universität Bielefeld und arbeitet als Senior Consultant für die Beratungsfirma Metaplan. Zum Thema ist gerade sein Buch „Organisationskulturen beeinflussen. Eine sehr kurze Einführung“ (Wiesbaden: Springer VS) erschienen.

 

 

Studie zur Ethik in der Nutzung von KI

Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI, kursiert im Arbeitsalltag mehr und mehr. 92 Prozent der KI-„Leaders“ setzen bereits auf spezielle Trainings für ihre Technologieexperten. Allerdings, welche Rolle spielt Ethik dabei?

KI im Business
Trotz positiven Effekten, die Künstliche Intelligenz mit sich bringt, kursieren auch Widerstände gegenüber Analytic-Programmen. (Grafik: Depositphotos)

Ein ethischer Umgang mit KI wird im Business-Umfeld immer wichtiger – das zeigt auch eine aktuelle Studie von Forbes Insights. Immer deutlicher wird Eines: KI hat Auswirkungen auf den Alltag aller Verbraucher. Umso wichtiger ist ein ethischer Rahmen, wie ihn auch Rumman Chowdhury als KI-Verantwortlicher bei Accenture Applied Intelligence fordert:

„Unternehmen haben damit begonnen, Bedenken und Fehltritte im Zusammenhang mit KI zu adressieren. Das ist eine positive Entwicklung, reicht aber nicht aus. Benötigt werden vorausschauende, spezifische und technische Richtlinien für die Entwicklung von KI-Systemen, die sicher, transparent, nachvollziehbar und in den Verantwortlichkeiten klar zuzuordnen sind. Denn nur so lassen sich unerwartete Konsequenzen und Compliance-Herausforderungen vermeiden, die Einzelpersonen, dem Geschäft und der Gesellschaft schaden. Data Scientists brauchen solche Richtlinien dringend.“

Führende KI-Unternehmen erkennen auch den Zusammenhang zwischen dem erfolgreichen Einsatz dieser Technologie und Analytics. 79 Prozent dieser „Leaders“ geben an, dass Analytics eine entscheidende Rolle für KI in ihrem Unternehmen spielt; dies sagen nur 14 Prozent von den bisher weniger erfolgreichen KI-Anwendern.

„Diejenigen, die KI implementiert haben, verstehen, dass Erfolg mit KI und Erfolg mit Analytics eng zusammenhängen“, erklärt Oliver Schabenberger, COO und CTO von SAS. „Für diese Unternehmen spielt Analytics bereits eine zentrale Rolle für KI.“

Ethik, ein grosses Wort

Demnach führen 70 Prozent der Unternehmen weltweit, die KI bereits einsetzen, ethische Trainings für ihre Mitarbeiter in der IT durch. 63 Prozent verfügen sogar über Ethikkommissionen, um den Umgang mit KI zu bewerten. Die Studie AI Momentum, Maturity and Models for Success, die Forbes Insights mit Unterstützung von SAS, Accenture Applied Intelligence und Intel durchgeführt hat, befragte 305 Business-Leaders weltweit, von denen mehr als die Hälfte Chief Information Officer, Chief Technology Officer oder Chief Analytics Officer sind.

Die Ergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen „Thought“ Leadership und ethischem Bewusstsein. Unternehmen, die ihre KI-Implementierung als erfolgreich bezeichnen, sind auch ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, Verantwortung für KI zu übernehmen: 92 Prozent der führenden KI-Unternehmen (sogenannte KI-„Leaders“) trainieren ihre Technologieexperten in ethischen Fragen, im Vergleich zu gerade mal 48 Prozent der Unternehmen, die in Sachen KI-Nutzung noch nicht soweit sind.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist …

Eine häufige – und falsche – Annahme ist, dass KI ohne menschliches Mitwirken funktioniere. Die Studie zeigt deutlich, dass führende KI-Unternehmen eine Kontrolle der Technologie als unerlässlich ansehen. Knapp drei Viertel (74 Prozent) berichten von mindestens wöchentlichen Reviews ihrer KI-Ergebnisse, nur 33 Prozent der KI-„Nachzügler“ führen solch regelmässige Kontrollen durch. 43 Prozent der KI-„Leaders“ haben einen Prozess, um fragwürdige Ergebnisse zu überarbeiten (bei den anderen sind dies lediglich 28 Prozent).

Insgesamt bringt der Report ans Licht, dass Kontrollprozesse noch einen weiten Weg vor sich haben, bis sie mit den Fortschritten der künstlichen Intelligenz mithalten können.

Es leuchtet ein, dass Unternehmen Massnahmen in Sachen ethischer KI ergreifen und die Kontrolle über KI behalten wollen, denn sie sind sich bewusst, dass mangelhafte Ergebnisse negativ auf sie zurückfallen können. Von den Unternehmen, die bereits KI einsetzen oder dies planen, sagen 60 Prozent aus, dass sie sich um die Auswirkungen von KI auf die Kundeninteraktion sorgen – sei es, dass ihre Aktionen weniger Empathie signalisieren oder dass Kunden ihnen weniger vertrauen könnten.

 

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie auf einen Blick:

– 46 Prozent der KI-Unternehmen hat die Technologie bereits umfassend implementiert. Andere Unternehmen sind noch in der Experimentier- oder Prototypenphase.

– Insgesamt 72 Prozent der Unternehmen setzen KI in einem oder mehreren Geschäftsbereichen ein.

– 51 Prozent der Befragten, die KI einsetzen, verweisen auf eine erleichterte Entscheidungsfindung, höhere Abschlussquoten in der Kundenakquise sowie eine Steigerung der operativen Produktivität.

– 64 Prozent bestätigen, dass sich ihre Mitarbeiter dank KI mehr auf strategische als auf operative Aufgaben konzentrieren können.

Trotz dieser positiven Effekte spüren immer noch fast 20 Prozent deutliche Widerstände ihrer Mitarbeiter aus Sorge um ihren Job. 57 Prozent der Arbeitgeber äussern konkrete Besorgnis bezüglich der Auswirkungen, die KI auf die Beziehung zu ihren Mitarbeitern haben könnte (weil Mitarbeiter sich womöglich bedroht oder überfordert fühlen könnten).

Die komplette Studie (in Englischer Fassung) steht hier zum Download bereit.

Klimakonferenz in Katowice: Mandat der Schweizer Delegation genehmigt

Der Bundesrat hat das Mandat der Schweizer Delegation für die nächste Klimakonferenz definiert, die vom 3. bis zum 14. Dezember 2018 in Katowice (Polen) stattfindet. An der Konferenz soll die internationale Gemeinschaft Umsetzungsrichtlinien zum Klimaübereinkommen von Paris (Paris Rulebook) beschliessen.

Der Bundesrat hat das Schweizer Mandat für die Klimakonferenz 2018 definiert. (Bild: Unsplash)

Die Schweiz setzt sich an der Klimakonferenz in Katowice für robuste Richtlinien ein, die eine wirksame Umsetzung des Übereinkommens gewährleisten. Die Klimaübereinkommen von Paris verpflichtete alle Staaten, ab 2020 entsprechend ihrer Verantwortung und ihren verfügbaren Mitteln konkrete Schritte zum Schutz des Klimas zu unternehmen. So müssen die Staaten alle fünf Jahre ein jeweils höher gestecktes Emissionsreduktionsziel formulieren, Massnahmen zu dessen Erreichung ergreifen und über die erzielten Fortschritte Bericht erstatten.

Das Übereinkommen umfasst zudem Bestimmungen zur Anpassung an die Klimaerwärmung und zu Unterstützungsmassnahmen wie zum Beispiel Finanzierung und Technologietransfer. An der 24. Vertragsparteienkonferenz (COP24) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen sollen die Staaten nun die detaillierten Umsetzungsregeln zu diesen Punkten beschliessen.

Einheitliche Vorgaben für alle Parteien

Gemäss dem vom Bundesrat am 21. September 2018 verabschiedeten Mandat wird sich die Schweizer Delegation für robuste und detaillierte Regelungen einsetzen, die eine wirksame Umsetzung des Übereinkommens von Paris gewährleisten. Die Delegation wird insbesondere die Einführung einheitlicher Vorgaben für alle Parteien unterstützen. Diese betreffen namentlich die Beschreibung des nationalen Reduktionsziels, die alle fünf Jahre bekanntzugebende Anhebung dieses Ziel sowie die Anrechnung der Emissionen und der erzielten Emissionsverminderungen.

Die Schweiz wird sich zudem für verbindliche Vorgaben für die Anrechnung von Emissionsverminderungen einsetzen, die im Ausland erzielt wurden. Solche Reduktionen dürfen weder mehrfach angerechnet werden noch negative Umweltauswirkungen nach sich ziehen. Was die Finanzierung anbelangt, so wird die Schweiz Empfehlungen unterstützen, die auf eine Verbesserung der Transparenz bezüglich der eingesetzten Mittel abzielen.

Ministerielle Gespräche über zusätzliche Massnahmen

Bundesrätin Doris Leuthard wird am Ministertreffen teilnehmen, das in den letzten Konferenztagen stattfindet. Im Rahmen des Talanoa-Dialogs werden die Ministerinnen und Minister darüber diskutieren, wie die Lücke zwischen den derzeitigen Reduktionszielen der Staaten und dem globalen Ziel einer Begrenzung der Klimaerwärmung auf deutlich unter 2 Grad beziehungsweise auf 1,5 Grad Celsius geschlossen werden kann. Die Ministerinnen und Minister werden namentlich den Bericht des Weltklimarates (IPCC) zur Kenntnis nehmen, der im Oktober veröffentlicht wird.

In diesem Bericht geht es um die Konsequenzen einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius und um die Emissionsreduktionspfade zur Erreichung dieses Ziels. Die Schweizer Verhandlungsdelegation steht unter der Leitung von Botschafter Franz Perrez, Chef der Abteilung Internationales des Bundesamts für Umwelt, und zählt etwa fünfzehn Personen sowie drei Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschafts- und Klimaschutzkreise.

Details zur Weltklimakonferenez aus Schweizer Sicht finden Sie hier

55. Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft

Das 55. Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft (SMG) widmete sich dieses Jahr dem Thema „Losing touch?“ (Kontakt verlieren) und reflektierte, wann die "Bodenhaftung" zwischen Management und Mitarbeitenden fehlt - und wie man dies verhindert?

Die Taschen von Carmina Campus bestehen aus Recycling Material aus Afrika: Die Idee dahinter hatte Ilaria Venturini Fendi. (Bild: zVg)

Die Schweizerische Management Gesellschaft repräsentiert mit 1200 führenden Entscheidungsträgern der Schweizer Wirtschaft eine bedeutende Vereinigung. Durch ihre Netzwerk- und Plattformfunktion dient die SMG im Rahmen ihrer Veranstaltung als Impulsgeberin für Unternehmer, Führungskräfte aus dem C-Level-Management und Verwaltungsräte, die sich mit strategischen und operativen Führungsfragen auseinandersetzen.

Am 20. September 2018, am 55. Forum kamen nicht nur couragierte  Wirtschaftskapitäne, sondern auch illustre Gäste aus Mode, Religion, Wissenschaft zu Worte.

Ilaria Venturini Fendi: «Luxus mit sozialer Verantwortung.»

Die Modeunternehmerin, Designerin und Biobäuerin hat einen Bruch mit der Schnelllebigkeit für mehr Nachhaltigkeit vollzogen. Ilaria Venturini Fendi stammt aus der berühmten Fendi-Familie. Das Modeunternehmen wurde 2001 an den LVMH Konzern verkauft, 2003 schied sie selber aus. Rückblickend störte sie, dass alles immer schneller ging:

«Heute sind Kollektionen schon out of date kaum werden sie lanciert. Die Globalisierung tat das ihre dazu – zusammen mit der Finanzwelt, die mit der Mode zusammenwuchs.» 2006 gründete sie Carmina Campus und produzierte fortan zwar immer noch Mode, aber neu als nachhaltige Produkte gepaart mit sozialen Projekten. Sie konnte ihr altes Handwerk wieder aufnehmen – aber mit anderen Perspektiven und einem anderen Sinn. So werden heute die Produkte aus wiederverwendeten Materialien unter anderem in Afrika oder italienischen Gefängnissen hergestellt.

«Hochwertiger Luxus aus nachhaltigen Produkten kombiniert mit sozialen Projekten ist kein Widerspruch.» Daraus entstehen ethische Produkte. Das ist «not charity, just work» betont die Unternehmerin.

Kamila Markram: «Wir müssen Wissenschaft öffentlich zugänglich machen.»

Kamila Markram ist Mitbegründerin und CEO von Frontiers sowie Neurowissenschaftlerin und Autismus Forscherin an der ETH Lausanne. Sie ist überzeugt, dass Wissenschaft Leben rettet. Die Wissenschaft habe das Leben immer wieder positiv beeinflusst. So wurden zum Beispiel 1,1 Milliarden Menschenleben durch Bluttransfusionen gerettet.

Heute gebe es acht Millionen Forscher auf der Welt. Es würden immer wieder neue Entdeckungen gemacht. Die schlechte Nachricht sei, dass dieser Zyklus blockiert ist durch die Art wie Forschungsergebnisse publiziert würden: Von den jährlich 2,4 Millionen Forschungspapieren seien 80% bis 90% hinter Bezahlschranken verborgen. Forscher selber kriegen keinen Zugang zu diesen Wissenschaftsjournalen. Diese haben ein Embargo von einem Jahr. Das führt zu 2,4 Millionen Jahre Verzögerung, die dadurch verursacht werden.

Damit dem ein Ende gesetzt wird, wurde Frontiers als Open Science Plattform gegründet. Alle haben weltweit Zugang zu diesen Daten. Sponsoren und die Universitäten zahlen, damit die Papiere öffentlich publiziert werden. Diese werden auch rezensiert. Frontiers beschäftigt heute 444 Angestellte in sieben Ländern. Dazu 90’000 Schreiber und Rezensenten, die als Teilzeiter mitarbeiten. Mit der Plattform sollen laut Kamila Markram die vier Herausforderungen der Welt gelöst werden:

Die 20’000 noch nicht geheilten Krankheiten, Lebensmittel für alle Menschen, genügend Energie für alle Menschen und ein gesunder Planet. Es gebe Hoffnung sagt Kamila Markram: «Die Wissenschaft hat die Erde schon mehrmals gerettet. Der immense Fortschritt wurde trotz stark eingeschränktem Zugang zu Daten erreicht. Was wir machen müssen, ist die Wissenschaft öffentlich zugänglich machen. Das sollte zu einer Innovationsbeschleunigung führen.»

Richard Coles: «Werte, die Menschen zu Resilienz und Nachhaltigkeit führen, sollen im dynamischen Wandel Stabilität verleihen.»

Reverend Richard Coles (siehe Bild) ist heute Pfarrer und BBC-Radiosprecher. In seiner Jugend war er Mitglied der Pop-Band «The Communards», die mehrere Top-10-Hits produzierte – darunter mit „Don’t Leave Me This Way“ auch die meistverkaufte Single der UK-Charts von 1986. Es war ein unüblicher Werdegang zum Pfarrer der anglikanischen Kirche. Es war für ihn Reise zurück zu den eigenen Ursprüngen. Im Alter von 40 trat er in ein Kloster ein. Er wollte die Ängste und Bedürfnisse der Menschen kennenlernen. «Dies ist der Ort, um die grossen Lebensfragen anzugehen.» Zum Thema «Losing touch» mit traditionellen Werten und ob Geld die neue Religion sei, sagte er: «Ich glaube nicht Geld ist eine neue Religion. Geld ist ein Instrument, das positiv oder negativ eingesetzt werden kann.»

Das Geschäftsmodell der Kirche sei nicht falsch, es sei gar kein Geschäftsmodell. Er will die Kirche von innen heraus verändern. «Die Kirche stellt das Traditionelle und Konservative dar, hat aber auch sehr wichtige Botschaften. Werte, die Menschen zu Resilienz und Nachhaltigkeit führen, sollen im dynamischen Wandel Stabilität verleihen.»

Risto Siilasmaa: «Wir haben uns über das Verhalten unterhalten, das möglichst erfolgreiche Rahmenbedingungen schafft.»

Risto Siilasmaa ist seit 2012 Verwaltungspräsident von Nokia Corporation. Dem Verwaltungsrat gehört er seit 2008 an und hat daher die ganze Krise des finnischen Unternehmens erlebt. «Connecting people» war der langjährige Slogan des Technologie-Konzern Nokia, bis es seine Weltmarktführerschaft verlor. Das Unternehmen ist schon 150 Jahre alt. Es stellte auch Fernsehen, PC, Pneus und Reinigungstücher her. 2008 hatte Nokia einen Marktanteil von 50 Prozent am globalen Mobilfunk.

Als Risto Siilasmaa 2012 Präsident von Nokia wurde, erlitt das Unternehmen einen Verlust von zwei Milliarden pro Jahr. Man prognostizierte schon das Datum des Konkurses. Heute ist Nokia ein anderes Unternehmen. Durch die ganze Transformation wurden äusserst viele Verwaltungssitzungen geführt. Risto Siilasmaa:

«Durch die starke gemeinsame Arbeit entstand neues Vertrauen. Wir haben uns über das Verhalten unterhalten, das möglichst erfolgreiche Rahmenbedingungen schafft.» Es wurden vom Verwaltungsrat «goldene Regeln» erarbeitet, zum Beispiel: «Eine Vorstandssitzung, bei der wir nicht laut lachen, ist ein erbärmliches Scheitern.»

Risto Siilasmaa hat ein Buch geschrieben, damit auch alle Mitarbeitenden sehen konnten, welche Fehler begangen wurden. Nokia lebt heute Open Space und eine Open Door Policy.

Bernard «Bernie» Ecclestone: «Menschen vertrauen ist einfach, wenn sie tun, was sie sagen.»

Bernard «Bernie» Ecclestone war während 40 Jahren Formel-1-Chef. Ein Entrepreneur «by instinct«. Nach seinem Berufseinstieg bei einer Gas-/Benzingesellschaft verkaufte er später Motorräder und etablierte das grösste Verteilernetz für Motorrad- und Autohersteller in Kent. Er diversifizierte in Immobilien und begann seine Beteiligung am Motorradrennsport.

Seit seinem 16. Lebensjahr fuhr er Motorradrennen, später dann Autorennen. Dann führte er das Lotus-F2-Team und kaufte später das Connaught Formel-Eins-Team und Brabham. 1972 übernahm er quasi die Formel Eins und verkaufte 1987 Brabham, um sich ganz der kommerziellen Entwicklung des Sports zu widmen. Er verwandelte eigenhändig die Formel 1 von einem teuren Hobby für wohlhabende Rennfahrer in das globale, Multi-Milliarden Dollar schwere Geschäft und beliebteste jährliche Sportereignis der Welt, das sie heute ist.

Rückblickend erlebte er sein Leben opportunistisch: «Ich kümmere mich nicht, was nächste Woche ist. Ich behandle Dinge, wenn sie da sind und nehme die Opportunitäten war.» Auch würde er nichts anders machen: «Ich bereue nichts. Ich überlege mir immer gleich von Beginn, ob es das Wert ist.» Man müsse sich selber verstehen, mit beiden Füssen auf den Boden bleiben und das Beste aus sich herausholen: «Das bedeute auch normal bleiben. Was immer ich organisierte, legte ich selber Hand an.»

Den Rücktritt nach so langer Zeit erlebte er als einfach: «Ich wurde entlassen.» Es sei ihm leicht gefallen, anderen Menschen zu vertrauen: «Das ist einfach, wenn sie tun, was sie sagen.» Zur Zukunft erklärte er: «So lange ein Sport die Zuschauer unterhält, wird er überleben.»

Wie man künftig persönlich verbunden bleibt

«Losing touch» sei nichts Neues, es wurde nur häufig verdrängt, erklärt Wolfgang J. Pfund, Leiter Personal und Logistik Suva. Chefs hätten Mitarbeitende um sich geschart und meinten dann, sie seien in gutem Kontakt und einer Beziehung. Pfund: «Es besteht eine grosse Chance, ehrlicher zu werden. Das Thema in Beziehung sein ist das Thema von morgen.»

Dazu gehöre zum Beispiel, die Pausenkultur nicht zu verlieren. Aber auch zu streiten ohne zu verletzten sei ein wichtiger Teil der Beziehung. – Emotionen zulassen, greifbar, spürbar werden, dazu stehen, wenn es nicht so gut geht.

«Kunden sind immer flexibler und wollen immer neue Sachen haben. Dann erleben die Firmen, dass die Mitarbeitenden aus verschiedensten Gründen neue Bedürfnisse und Werte haben», sagt Thomas Vollmoeller, CEO XING und Vorstandsvorsitzender der kununu GmbH. Er plädiert dazu, den Wechsel zu umarmen, Veränderungen positive zu sehen und selber aktiv zu gestalten.

«Losing touch» hat viel mit Vertrauen zu tun, weiss Antoinette Weibel, Ordentliche Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen. Die Unternehmen rutschen eher in Richtung Misstrauen, weil das Management stark an (Erfolgs-)Zahlen glaubt. Da sei es ihre Aufgabe aufzuzeigen, wie viel Geld man verlieren kann, wenn das Vertrauen fehlt. Sie empfiehlt Bescheidenheit und Zuhören können, auf den andern einlassen, pro-aktiv sein und sich einbringen. Leute anstellen, die widersprechen können und dürfen.

http://www.smg.ch

Bundesamt für Statistik weist höhere Arbeitskosten aus

Das Bundesamt für Statistik hat ende August eine interessante Statistik veröffentlicht. Darin variieren die Arbeitskosten (Referenzjahr: 2016) je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgrösse.

Die durchschnittlichen Arbeitskosten beliefen sich im Jahr 2016 gesamthaft auf Fr. 60.05 pro Arbeitsstunde. (Bild: depositphotos)

Das Bundesamt für Statistik (BFS) unterscheidet diese Kosten nicht nur je nach Wirtschaftszweig, sondern auch nach Unternehmensgrösse. Im sekundären und tertiären Sektor ermittelte das BFS Kosten von 60.05 Franken, die eine Arbeitsstunde in der Schweiz im Durchschnitt kostet. Das ist mehr als bei der letzten Erhebung 2014, als die Stunde noch 59,60 Franken kostete. Erneut am billigsten kam 2016 die Arbeitsstunde mit 36,68 Franken im Gastgewerbe.

Unterschiedliche Arbeitskosten

Arbeitskosten sind alle vom Arbeitgeber getragenen Aufwendungen. In der Schweiz setzen sie sich zu 79,9 Prozent aus den Bruttolöhnen zusammen. 16,9 Prozent bilden die Sozialabgaben der Arbeitgeber. Die Kosten für Berufsbildung und Personalrekrutierung schlagen sich mit 3,2 Prozent nieder.

Die Beschäftigten bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern führen die Kostentabelle an. Für sie fallen pro Stunde 92,10 Franken an. Auf die Finanzindustrie folgen Information und Kommunikation mit 77,95 Franken pro Stunde sowie die freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen mit 76,50 Franken. Neben dem Gastgewerbe lagen im tertiären Sektor auch die Arbeitskosten in Kunst, Unterhaltung und Erholung (53,01 Franken) und bei den übrigen wissenschaftlichen Dienstleistungen (44,99) tief.

Unterschiede bei Betriebsgrössen

Die Arbeitskosten variieren auch je nach Unternehmensgrösse. Im sekundären und tertiären Sektor waren die Kosten pro Arbeitsstunde bei den Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten (Fr. 64.50) um 25,8% höher als in kleinen Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten (Fr. 50.35). Dieses Ergebnis ist hauptsächlich auf die grossen Unterschiede beim Einkommensniveau zurückzuführen, denn Löhne und Gehälter waren in Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten durchschnittlich um 22,8% höher als in kleinen Unternehmen.

Dieses Gefälle ist jedoch nicht in allen Wirtschaftszweigen zu beobachten und hängt nicht mit der Höhe der Arbeitskosten zusammen. Wenig Einfluss auf die Kosten pro Arbeitsstunde hatte die Unternehmensgrösse beispielsweise im Kredit- und Versicherungsgewerbe, wo die Arbeitskosten in grossen Unternehmen um 4,6% höher ausfielen, oder bei der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, wo sie in Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten um 2,4% höher waren als in Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten.

Die Unterschiede im tertiären Sektor waren damit weit markanter als in der Produktion. Der Durchschnittswert im Dienstleistungssektor lag bei 61,36 Franken pro Stunde.

In Industrie und Gewerbe dagegen fielen mit 51,71 Franken pro Stunde die tiefsten Arbeitskosten im Bausektor an. 72,36 Franken und damit am meisten kostete die Arbeitsstunde bei den Energieversorgern. Der Mittelwert lag bei 56,67 Franken.

 

(Quelle: Bundesamt für Statistik)

Den BFS-Angaben zufolge liegen die Kosten in kleineren Betrieben tiefer. In Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten lagen sie 2016 mit 64,50 Franken pro Stunde gut ein Viertel höher als in Firmen mit weniger als zehn Angestellten (50,35 Franken).

Die Schweiz hat ihren Preis

Grund für solche Kostenentwicklungen sind die fast 23 Prozent tieferen Löhne in kleineren Unternehmen. Das ist aber nicht in allen Branchen und Wirtschaftszweigen so: Im Kredit- und Versicherungsgewerbe sowie in der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen fielen die Arbeitskosten bei den kleinen Unternehmen höher aus.

Im EU-Durchschnitt kostete eine Stunde 2016 nach Tagesumrechnungskurs (Ende August 2018) 29,27 Franken. Am teuersten war Dänemark mit 49,42, am billigsten Bulgarien mit 5 Franken. In Deutschland kostete die Arbeitsstunde 38 Franken.

www.bfs.admin.ch

Klimaforscher Reto Knutti ausgezeichnet

Professor Dr. Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich, wird für seine herausragenden Leistungen in der Erforschung des Klimawandels und für die Vermittlung seiner Erkenntnisse an die Öffentlichekeit mit dem Preis der Stiftung Dr. J. E. Brandenberger 2018 ausgezeichnet.

Peter Knutti ist nicht nur Delegierter für Nachhaltigkeit der ETH, neuerdings ist er auch Preisträger der Stiftung Dr. J. E. Brandenberger. (Bild: Peter Rüegg/ ETH)

Petter Knutti erhält einen hohen Preis. Mit dieser Auszeichnung wird ein Lehrer und Forscher geehrt, der sich mit grossem, anhaltenden Einsatz für den Schutz des Klimas weit über die Landesgrenzen hinaus engagiert und es versteht, die Erkenntnisse und seine Forschung in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, heisst es in der Medienmitteilung.

Einer der höchsten Stiftungspreise

Der mit 200’000 Franken dotierte Preis zählt zu den höchsten Stiftungspreisen in der Schweiz. Dank dem hinterlassenen Vermögen der Stiftungsgeberin Marthe Brandenberger, der einzigen Tochter des Cellophan Erfinders Dr. J.E. Brandenberger, kann der Preis bereits zum 29. Mal verliehen werden. Es war ihr Wille, dass Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich der Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen verschrieben und sich dabei besondere Verdienste erworben haben.

„Das trifft auf Professor Dr. Reto Knutti in hohem Masse zu,“ sagt Stiftungspräsident Carlo Schmid-Sutter, „unser Bewusstsein für den Klimawandel ist nicht erst nach diesem Hitzesommer gestiegen, dank den neuen Wegen in der Wissensvermittlung ist es Reto Knutti gelungen, neue Interessierte zu erreichen, die Ergebnisse seiner Forschung weit über die akademische Welt hinaus bekannt zu machen und für die Thematik politische Entscheidungsträger und das breite Publikum zu sensibilisieren.“

Noch immer eine Leuchtfigur

Der in Gstaad aufgewachsene Reto Knutti interessierte sich schon als Schüler für das Klima. „Das hat wohl mit dem Leben in den Bergen zu tun,“ meint er, „das ist man eng mit dem Wetter verbunden.“ Für ihn war klar, dass er an der Universität Bern Physik studieren will; sein grosses Vorbild auf dem Gebiet der Klimafroschung ist der renommierte Berner Klimaphysiker Professor Dr. Thomas Stocker. „Er wurde mein Doktorvater und ist für mich heute noch eine Leuchtfigur.“

Wie sollte unsere Welt in 20 bis 30 Jahren aussehen? Wie schärfen wir unser Bewusstsein für die Risiken des Klimawandels? Wie schaffen wir gesellschaftliche und politische Akzeptanz für die unwiderlegbaren Fakten der Klimaforschung? Als einer der Hauptautoren des Klimaberichts des Weltklimarates (IPCC), zeigt Reto Knutti die Auswirkungen der Klimaerwärmnung auf unseren Planeten auf. Er leitet die Gruppe für Klimaphysik am Institut für Atmosphäre und Klima des Departements für Umweltwissenschaften an der ETH Zürich, ist Delegierter für Nachhaltigkeit der ETH, Präsident von ProClim und ist ein unermüdlicher Advokat in der Öffentlichkeit für ein besseres Verständnis der Komplexität des weltweiten Klimasystems und für einen verantwortungsvollen Umgang jedes einzelnen mit unserer Umwelt.

Der Preis der Stiftung Dr. J.E. Brandenberger wird Reto Knutti am 24. November 2018 in Zürich verliehen. Die Laudatio wird ETH Präsident Professor Dr. Lino Guzzella halten.

www.stiftungbrandenberger.ch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Persönliche Meinungen der Schweizer zum Thema Klimawandel

Die Schweizer und Schweizerinnen sind über den Klimawandel besorgt. Dies zeigen erhobene Daten einer europaweiten Bevölkerungsbefragung, die so genannte "European Social Survey (ESS)". In der Umfrage geht es um Einstellungen und Meinungen zu Solidarität und Umwelt in 23 europäischen Ländern. Die Survey zeigt klare Unterschiede in der öffentlichen Meinung.

Neben der allgemeinen Sorge um den Klimawandel sind die Befragten darüber sehr beunruhigt, wovon ihr Energie-Konsum in Zukunft abhängt. (Bild: depositphotos)

Es heisst, dass Schweizer skeptisch bezüglich der Wirksamkeit von Massnahmen gegen den Klimawandel, „zur Verlangsamung“ des Prozesses sind. Die Schweizer sprechen sich auch für die stärkere Nutzung erneuerbarer Energien aus. Eine Mehrheit geht davon aus, dass der Klimawandel gleichermassen auf menschliche Aktivitäten wie auf natürliche Prozesse zurückzuführen ist.

Die wichtigsten Resultate des European Social Survey 2016 für die Schweiz zum Thema Ansichten zur Umwelt:

  • 98% der Bevölkerung zweifeln nicht an der Existenz des Klimawandels. Die Mehrheit ist sehr besorgt wegen des Klimawandels, aber nur 44% sind der Ansicht, dass der Klimawandel hauptsächlich oder vollumfänglich auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist.
  • Die Bevölkerung in der Schweiz ist skeptisch bezüglich Massnahmen zur Verlangsamung des Klimawandels. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung (66%) es als ihre persönliche Aufgabe betrachtet, einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten, denkt nur ein Drittel (33%), dass die Reduktion des eigenen Energiekonsums einen Einfluss auf den Klimawandel haben könnte.
  • Trotz dieser generellen Skepsis, spricht sich die Bevölkerung in der Schweiz für einen verantwortungsbewussten Konsum aus. Die Mehrheit unterstützt die Idee, dass Energie aus erneuerbaren Quellen stammen sollte. Die befragten Personen sprechen sich vor allem für die Wasser-, Sonnen- und Windenergie aus. Knapp 77% finden, dass Atomenergie gar nicht oder nur in sehr geringem Ausmass genutzt werden sollte.
  • Neben der allgemeinen Sorge um den Klimawandel sind die Befragten sehr beunruhigt, was die Abhängigkeit der Schweiz von Energieimporten betrifft. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (61%) macht sich Sorgen wegen den fossilen Energien, insbesondere wegen Benzin, Gas und Kohle. 46% der Bevölkerung fürchten zudem einen Anstieg der Energiepreise und dass dadurch Energie für viele Personen in der Schweiz unerschwinglich wird.
  • Um die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, befürworten 47% eine Erhöhung der Steuern auf fossile Energien durch die Regierung. Zudem unterstützt die Mehrheit das gesetzliche Verbot energieintensiver Geräte. Schliesslich sprechen sich mehr als 80% für die Subventionierung erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie aus. Gemäss der Befragung ist die Bevölkerung in der Schweiz zudem der Meinung, dass der Staat die Energieproduktion und den Energieverbrauch regeln soll.

Die Broschüre « ESS 2016 : Ausgewählte Ergebnisse in Bezug auf die Schweiz» kann auch auf der Webseite von FORS heruntergeladen werden

Am 19. September 2018 stellt der ESS die Resultate zum Thema «Public attitudes to climate change and energy» aus der Ausgabe 2016 offiziell in Brüssel vor. Mehr Informationen zum Event finden Sie hier

 

Der European Social Survey:

Der European Social Survey (ESS) ist eine wissenschaftliche Bevölkerungsbefragung, die seit 2002 in mehr als 20 europäischen Ländern durchgeführt wird. Ziel ist die Untersuchung der Einstellungen und des Verhaltens der europäischen Bevölkerung aus einer vergleichenden Perspektive. In der Schweiz wird die Erhebung vom Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften FORS, das an die Universität Lausanne angegliedert ist, durchgeführt. Die Schweiz hat an allen bisherigen Befragungswellen des ESS teilgenommen, welche alle zwei Jahre stattfinden.

Die Daten der achten Ausgabe des ESS wurden in rund einstündigen face-to-face Interviews mit Personen ab 15 Jahren erhoben. Im Ganzen haben 23 Länder bei der Befragung mitgemacht. Um sicherzustellen, dass die Erhebung repräsentativ ist, wurden die teilnehmenden Personen mittels Zufallsstichprobe ausgewählt.

Weiterführende Informationen zum ESS finden Sie unter: http://www.europeansocialsurvey.org oder http://forscenter.ch

Die detaillierten Schweizer Daten können auf Deutsch oder Französisch auf https://forsbase.unil.ch (Projekt Nr. 13102) heruntergeladen werden.

 

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