Markus Naegeli: Mit vielen kleinen Schritten ist immer noch viel erreichbar

Büros sind nicht immer vorbildlich in Sachen Ressourcenschonung: Verschwendung von Papier oder wenig effizienter Einsatz von Bürogeräten sind vielerorts noch gang und gäbe. Doch viele Dienstleister für das Dokumentenmanagement und Bürodrucker warten inzwischen mit nachhaltigen Lösungen auf.

Markus Naegeli, CEO von Canon Schweiz.
Bild: © ZVG / CANON

Wenn es um Nachhaltigkeit in Büros geht, waren Gerätehersteller nicht immer Vorbilder: Viel Verpackungsmüll bei Verbrauchsmaterialien wie z.B. Tintenpatronen, kurze Lebensdauer von Druckern oder fehlende Re-Use-Konzepte sorgten immer wieder für schlechte Presse. Viele Bürotechnik-Dienstleister haben inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht. Gar ein Pionier in Sachen Nachhaltigkeit bei Office- und Software-Lösungen für das Dokumentenmanagement ist Canon, wie Markus Naegeli, CEO von Canon Schweiz, erläutert.

Canon als Pionier in Sachen Nachhaltigkeit: Was lässt sich da besonders hervorheben?

MARKUS NAEGELI: Bei uns ist das Thema bereits seit den 1980er-Jahren fundamental, denn seit 1988 ist die japanische Unternehmensphilosophie «Kyosei», d.h. das Zusammenleben und Arbeiten für das Allgemeinwohl, ein integraler Bestandteil. Bereits 1999 publizierten wir in der Schweiz den ersten Nachhaltigkeitsbericht. Als Mitglied der Responsible Business Alliance (RBA), der weltweit grössten Koalition von Unternehmen für Verantwortung in globalen Lieferketten, befolgen wir deren Verhaltenscodices.

Und ganz konkret: Wie verhält sich Canon ökologisch bzw. möglichst klimaneutral?

In der Produktentwicklung haben wir zwischen 2008 und 2020 durch konsequenten Einsatz der Lebenszyklusanalyse die CO2-Emissionen pro verkauftem Produkt um 41,3 % verringert. Es ist für uns selbstverständlich, stabile und langlebige Produkte zu produzieren, die sich auch reparieren lassen. Hierzu verfügen wir über eine eigene Serviceorganisation. IoT-Geräte benötigen zudem einen geringeren Technikereinsatz, da sie Remote gewartet werden können. So reduzieren wir Fahrten. Ferner setzen wir bei den B2B-Produkten auf «Second Life»: Das bedeutet, einsatzfähige Geräte werden nach einer Revision wiederverwendet. Noch weiter geht es beim «Remanufacturing»: Die Geräte werden komplett zerlegt und wieder neu zusammengebaut. 80 Prozent der Bestandteile lassen sich durch diesen Prozess wiederverwenden. Anschliessend entstehen daraus wieder neuwertige Geräte. Dafür besteht ein Markt, wir würden uns aber eine höhere Nachfrage wünschen. Bei Consumer-Produkten haben wir inzwischen einen hohen Rezyklatanteil bei Kunststoffen.

Wie wirkt sich das preislich aus resp. wo sind die Kunden bereit, mehr zu bezahlen: bei den Geräten oder beim Service?

Man muss hier unterscheiden zwischen B2C und B2B. Viele Konsumenten sind privat kaum bereit, mehr für Service zu bezahlen. Oft genug stehen Transport- und vor allem Reparaturkosten in keinem Verhältnis zum Neupreis. Häufig wird der Kauf eines neuen Produkts bevorzugt. Bei höherwertigen Produkten und auch im B2B hingegen ist die Bereitschaft hoch. Bei gewissen B2B-Kunden handelt es sich sogar um ein Produktionsmittel und ist Teil ihrer Wertschöpfungskette.

Das Konsumverhalten hat sich verändert, auch im Privatbereich wird weniger gedruckt. Ich z.B. drucke nur noch selten, dafür scanne ich mehr via Multifunktionsgerät. Entspreche ich da einem Trend?

Ja. Im Consumer-Bereich sind Tintenstrahldrucker verbreiteter als Laserprinter. Die Multifunktionalität hat zugenommen, auch die Konnektivität via Smartphone. Es werden insgesamt immer weniger Dokumente ausgedruckt. Doch in anderen Bereichen, etwa im Digitaldruck von Büchern oder im Dialogmarketing verzeichnen wir ein starkes Wachstum. Zudem sind wir inzwischen einer der grössten Anbieter von Software für das Dokumentenmanagement. Wir sehen Geräte immer mehr als Hub in einem gesamten Prozess, integriert in bestehende Software-Lösungen. Scannen in einen Workflow wird immer mehr zum Standard.

Ihr Unternehmen scheint in Sachen Nachhaltigkeitsziele vorbildlich unterwegs zu sein. Wie unterstützen Sie nun Ihre Kundinnen und Kunden bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen?

Wir waren 1990 das weltweit erste Unternehmen mit einem Toner-Rücknahmeprogramm. Seit 2021 bieten wir unseren Geschäftskunden kostenlos die einfache Rücknahme per GAS-Postetikette oder Palettenabholungen an. Elementar hierfür ist, dass wir mit einem lokalen Recyclingpartner zusammenarbeiten. Die leeren Toner einfach nach Osteuropa zu spedieren wäre mit unserem Anspruch an die CO2-Neutralität nicht vereinbar. Weiter fördern wir klimaneutrales Drucken, indem nicht vermeidbare CO2-Emissionen kompensiert werden. Darin schliessen wir auch den Stromverbrauch mit ein. Unseren Kunden erteilen wir auf Wunsch die Zertifizierung und den Nachweis. Selbstverständlich bieten wir auch FSC-zertifiziertes klimaneutrales Papier an. Und nicht zuletzt fördern wir die Digitalisierung von Prozessen durch Workspace Collaboration und Lösungen für Hybrid Working.

Wie kommt das bei Kunden an, zumal es da um Eingriffe in deren interne Prozesse geht?

Wir gehen mit gutem Beispiel voran und drucken nicht nur selbst klimaneutral, sondern bieten dies auch unseren Kunden seit 2014 an. Nicht vermeidbare Emissionen kompensieren wir über goldzertifizierte Klimaschutzprojekte. In unseren eigenen Niederlassungen setzen wir auf Ökostrom. Aber zu Ihrer Frage: Die einen Kunden sind froh um Unterstützung, andere tun sich da etwas schwerer. Wir empfehlen ein schrittweises Vorgehen mit einem klaren Plan, da nicht alle in der Lage sind, schlagartig eine 180 Grad Wende zu vollziehen. Für mich zählt jeder Schritt in die richtige Richtung. Gegenwärtig beobachten wir eine breite Spanne zwischen Unternehmen, die noch analog unterwegs sind, und solchen, die schon voll digitalisiert sind. Wir müssen als Dienstleister für beide Seiten bereit sein. Zudem stecken auch wir als Unternehmen mitten in Veränderungen und sind auch noch kein voll digitalisiertes Unternehmen.

Was verstehen Sie persönlich, als CEO von Canon Schweiz, unter Nachhaltigkeit?

Früher ging es tatsächlich viel um Umwelt- und Naturschutz. Heute kommt auch die gesellschaftliche Verantwortung dazu. Ich sehe die Nachhaltigkeit deshalb als etwas Ganzheitliches. Sie ist für mich keine Modeerscheinung. Dies habe ich schon vor 20 Jahren festgestellt, als ich bei Canon angefangen habe. Seit damals haben wir – wie erwähnt – die CO2-Emissionen massiv verringern können. So grosse Sprünge sind heute aber kaum mehr möglich, aber wir gehen unseren Weg konsequent weiter. Denn auch mit vielen kleinen Schritten ist immer noch viel erreichbar. Ich bin persönlich kein «Fan» von Verpflichtungen mit Sanktionen; nachhaltigeres Verhalten muss von innen heraus kommen und allenfalls über Anreize zusätzlich gesteigert werden.

Gerade grossen Konzernen wird immer mal wieder auch «Greenwashing» zum Vorwurf gemacht. Wie kontern Sie bei Canon – abgesehen von den erwähnten konkreten Massnahmen – dies?

Man kann immer kritisieren, ob etwas nicht noch schneller oder noch konsequenter umgesetzt werden könnte. Positiv ist es in jedem Fall, wenn man etwas unternimmt. Auch wenn sich die Effekte erst später zeigen, wäre ein Stillstand sicher falsch. Nachhaltiger zu werden braucht einen langen Atem. Denn sobald die Quick Wins einmal eingefahren sind, wird es anspruchsvoll. Nachhaltigkeit sollte in einem Unternehmen fest verankert sein.

Canon

Gegründet 1937 in Japan, gehört Canon zu den führenden Technologieunternehmen. Mit Produkten wie Drucker, Kameras, Scanner, Projektoren, aber auch Verbrauchsmaterial ist Canon sowohl im B2C als auch im B2B tätig. Weltweit beschäftigt das Unternehmen über 182 000 Mitarbeiter in Marketing- und Produktionsstätten in Japan, Europa, Amerika, Asien und Ozeanien. Geprägt durch die Unternehmensphilosophie «Kyosei», spielt Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Canon Schweiz wird geführt von Markus Naegeli, der schon über 20 Jahre für das Unternehmen tätig ist.
> www.canon.ch

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