«Die Höhle der Löwen Schweiz» 3/1: Von Gin, Grass-FlipFlops und zu hohen Bewertungen
Am 26. Oktober startete die dritte Staffel der Gründershow «Die Höhle der Löwen Schweiz». Fünf junge Firmen stellten ihr Geschäftsmodell vor und hofften auf einen Deal mit den Investoren. Wir fassen die letzte Sendung zusammen.
Den Start in die dritte Staffel von «Die Höhle der Löwen Schweiz», die seit 26. Oktober 2021 jeweils dienstags auf 3+ ausgestrahlt wird, unternahmen als erste die Firma UMAMI aus Zürich. Ohne Chemikalien züchtet das Startup sog. «Microgreens». Das sind heranwachsende Gemüsekeimlinge, die vor allem durch ein weit stärkeres Aroma als die ausgewachsene Pflanze bestechen soll, wie es heisst. Der Clou: Für die Züchtung setzt Gründer Denis Weinberg und sein Team auf ein aquaponisches Ökosystem, das Fische, Garnelen, Pflanzen und viele weitere Organismen behaust. Das Ganze bildet einen vitalen Nährstoffkreislauf und ist das Herz der Produktion. In der Tat stiessen die Produkte von UMAMI bei den Löwen geschmacklich auf Begeisterung. 300’000 Franken bei einer Beteiligung von 3 Prozent an der Firma wollten sie von den Investoren. In die Waagschale warfen die Gründer die tiefen Produktionskosten und das grosse Marktpotenzial, das allgemein für die Foodbranche gelte. Löwe Lukas Speiser zeigte sich anfänglich sehr angetan, befand die Bewertung dann allerdings zu hoch und stieg aus. Auch Anja Graf und Jürg Schwarzenbach fanden das Geschäftsmodell spannend, während Bettina Hein sich skeptisch äusserte und ebenfalls ausstieg. Anja Graf und Jürg Schwarzenbach boten dann schliesslich die 300000 Franken, wollten aber 10 Prozent der Firma. Doch die beiden Gründer stiegen darauf nicht ein.
Ein Herzensprojekt und ein «Produkt, das die Welt nicht braucht»
Die Löwen würdigten den professionellen Eindruck, den die ersten Gründer bei ihnen hinterlassen hatte. Mehr um ein Herzensprojekt ging es dann bei «Edelwhite Gin» mit der kanadisch-stämmigen Inhaberin Barb Grossenbacher. Sie hatte das Unternehmen gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sandra gegründet, die vor zwei Jahren verstarb. In jedem Fall hat es das von ihr nun in Eigenregie weiter entwickelte Produkt, das mit 27 Kräutern («Botanicals» in der Gin-Fachsprache) die Entlebucher UNESCO Biosphäre widerspiegelt, in sich. Die Degustation fand bei den Löwen auch Anklang. 5000 Flaschen von ihrem Gin hat Barb Grossenbacher letztes Jahr verkauft. Sie wünscht sich nun ein Investment von 75’000 Franken, um nicht mehr auf sich allein gestellt sein zu müssen. Sowohl Jürg Schwarzenbach wie auch Roland Brack boten einen Deal. Den Zuschlag bekam schliesslich Roland Brack, weil er «nur» 10 Prozent Firmenbeteiligung forderte und nicht 15 Prozent wie Schwarzenbach.
Die «Grass FlipFlops» des Gründers Reto Schaufelberger bestehen aus Kunstrasen und sind mit Länderflaggen versehen. Die Löwinnen und Löwen setzten zwar Fragezeichen hinter der Nachhaltigkeit und der Sinnhaftigkeit dieses Produkts, fanden die Idee nach einem «Probegang» aber dennoch recht kreativ. Besonders Jürg Schwarzenbach zeigte sich offen für den Kunstrasen, setzte er sich doch einst für einen solchen beim lokalen Fussballverein ein. Er war es denn auch, der mit 30’000 Franken gegen eine Firmenbeteiligung von 20 Prozent einsteigen wollte. Nach kurzer telefonischer Rücksprache mit seiner Frau ging Reto Schaufelberger dann auf den Deal ein.
Wenn eine Löwin ihre Krallen ausfährt…
Bisher war von «harten» Fragen der Investoren an die Gründerinnen und Gründer noch wenig zu spüren bzw. sie konnten professionell beantwortet werden. Diesbezüglich schaltete Anja Graf dann bei der Beurteilung der Familienkalender-App «SHUBiDU» einen Gang höher. Mit dieser App will Gründerin Sonia Eterno gegen das Papier- und Terminchaos der Familienorganisation ankämpfen. Anja Graf, selbst Mutter von vier Kindern und damit eigentlich Teil der Kernzielgruppe war vom Produkt aber gar nicht begeistert. Sie kritisierte vor allem die mangelnde Synchronisierbarkeit mit schon bestehenden Apps, z.B. Whatsapp. «Ich weiss nicht, ob ich da nochmals etwas Zusätzliches haben möchte», meinte sie mit sichtbarem Stirnrunzeln. Und dass es allein an den Frauen resp. Müttern liegen soll, die Familientermine zu managen, dagegen wehrte sie sich wortreich. «Ich habe meinen Kindern schon früh gesagt: Schaut selbst, denn ich habe nicht für alles Zeit!» Dafür brauche sie eine Lösung wie SHUBiDU nicht. Sonia Eterno hingegen will ihre Lösung als Hub sehen, die die Informationen aus all den anderen Tools gewissermassen anziehe und auch die arbeitenden Ehemänner aktiv mit einbeziehe. Die weiteren Erklärungen der Funktionalitäten vermochten Anja Graf aber nicht zu überzeugen. Auch dem TV-Zuschauer war nicht immer ganz klar, wie und vom wem das Ganze bedient werden soll und ab wann es kostenpflichtig wird… Lukas Speiser spürte in der hitzig werdenden Diskussion einen zu grossen «mental overload» und verabschiedete sich. Da neben Anja Graf, die aus den genannten Gründen ebenfalls nicht einsteigen wollte, auch Jürg Schwarzenbach ausstieg, blieben noch Bettina Hein und Roland Brack. Sie sahen hinter SHUBiDU ein grosses Marktpotenzial und waren bereit, mit 300’000 Franken gegen eine Firmenbeteiligung von 20 Prozent einzusteigen. Dann wurde es spannend: Sonia Eterno rechnete nochmals das Potenzial vor und machte ein Gegenangebot bei der Firmenbeteiligung mit 12 Prozent. Am Schluss einigen sich die beiden Löwen mit ihr auf 15 Prozent.
War es Überheblichkeit?
Der Pitch des Start-Ups «Tilbago» begann mit einer beeindruckenden Performance. Eine Tanzeinlage mit Lichtshow sollte die Löwinnen und Löwen zum Investieren motivieren. «Tilbago» ist eine auf künstliche Intelligenz basierende Cloud-Lösung, die Unternehmen ein effizientes Inkasso ermöglicht – eines der vielen neuen FinTech-Startups also. Beim anschliessenden Gespräch mit den Gründern David Fuss, Oliver Wolf, Tom Studer und Harley Krohmer machte sich bei den Investorinnen und Investoren aber bald Unverständnis breit. Denn die Luzerner Unternehmer verbargen sich hinter sehr viel «Vertraulichkeit» und wollten partout keine Kennzahlen liefern. Hatte wohl ein bereits eingestiegener Grossinvestor hier die Zügel sehr eng angelegt? Oder waren die vier Herren überzeugt, mit viel Marketing-Sprech die Löwen zu überzeugen? Und nicht zuletzt war der Wunsch eines Investments von 500’000 Franken gegen eine Beteiligung von 3,5 Prozent ebenfalls nicht unbescheiden. Kurz: Die Investoren gaben kein Angebot ab. Löwe Tobias Reichmuth sagte es so: «Das ist für mich ein No-Fun-Thema. Ich investiere lieber in Firmen, die mir Spass machen.»
Den Startups eine Plattform gegeben
Und wie viel Spass hat es dem Zuschauer, der Zuschauerin gemacht? Feststellen lässt sich nach der ersten Folge der dritten Staffel dies: Das Format vermittelt einen Einblick in die Schweizer Unternehmens-Vielfalt, zeigt auch die Innovationskraft vieler unternehmerisch denkenden Menschen, die es gottseidank in unserem Land immer noch gibt. Vieles bleibt zwar etwas oberflächlich, man könnte sich die eine oder andere zusätzliche Nachfrage der Investoren an die Startups wünschen – aber letztlich geht es ja um die Show, härter verhandelt wird dann wohl noch hinter den Kulissen. Anhand der Konto-App «Neon» aus der ersten Staffel «Die Höhle der Löwen Schweiz» wurde denn auch gezeigt, dass hinter der Gründershow durchaus nachhaltige Unternehmenserfolge gefeiert werden dürfen. Wir bleiben dran und freuen uns auf die nächste Sendung.
Interviews mit zwei Investoren bei „Die Höhle der Löwen Schweiz“ finden Sie hier. Informationen zu den nächsten Sendungen: https://www.3plus.tv/die-hoehle-der-loewen-schweiz