Gegen den Bauboom ausserhalb der Bauzonen braucht es ein griffigeres Gesetz
Die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes des Bundesrats bringt wichtige Konkretisierungen. Diese reichen aber nicht, um die Ziele des Landschaftskonzepts, der Bodenstrategie und der Biodiversitätsstrategie des Bundes zu erreichen. Zu diesem Schluss kommen Expertinnen und Experten des Forums Landschaft, Alpen, Pärke der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz in ihrer Stellungnahme, die sie im Namen der Akademien der Wissenschaften Schweiz eingereicht haben.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begrüssen grundsätzlich, dass der Bundesrat sich für eine bessere Trennung von Bau- und Nichtbaugebieten einsetzt und Bestimmungen für die Begrenzung des Bauens in Nichtbaugebieten auf Verfassungsstufe in den Gesetzesvorschlag aufgenommen hat. Um den bestehenden Bauboom ausserhalb der Bauzonen wirklich zu stoppen, müsse das Raumplanungsgesetz aber deutlich geschärft werden, heisst es in der am 13.9.2021 veröffentlichten Medienmitteilung der Akademien der Wissenschaften Schweiz (Scnat). Die im Vorschlag aufgeführten Regelungen würden den Bau von Anlagen in Nichtbaugebieten nämlich sogar noch attraktiver als bisher machen. Insbesondere müssten die bereits heute viel zu zahlreichen Ausnahmen reduziert statt wie vorgesehen erweitert werden.
Landschaft als Ganzes verstehen und planen
Mit der Unterzeichnung der Europäischen Landschaftskonvention habe die Schweiz bereits vor mehr als 20 Jahren ein neues Landschaftsverständnis eingeführt. Diesem zufolge umfasse Landschaft den gesamten Raum inklusive Siedlungsgebiete. Dem neuen Raumplanungsgesetz müsse ein solches integrales Verständnis von Landschaft zugrunde liegen. Es brauche eine ganzheitliche Werthaltung und gemeinsame Regeln etwa bezüglich Landschaftsqualität oder Baukultur. Nicht immer gebe es bei Kantonen und Gemeinden ein baukulturelles Verständnis mit einem Blick auf die Landschaft als Ganzes.
Gemäss Scnat-Medienmitteilung führen mangelnde Koordination und Planungspflicht dazu, dass Bauvorhaben ohne Gesamtsicht realisiert werden. Mit dem Landschaftskonzept Schweiz, dem Vorrang der Innenentwicklung vor einer Aussenentwicklung, der Strategie Biodiversität, der Strategie Baukultur und der Bodenstrategie habe der Bund in den letzten Jahren jedoch kohärente Richtlinien geschaffen, an denen sich das neue Raumplanungsgesetz bei der Planung baulicher Tätigkeiten orientieren sollte.
Kompensations- und Aufwertungsansatz überdenken
Die Trennung von Bau- und Nichtbaugebieten soll nicht zuletzt die nachhaltige Nutzung der Kulturlandschaft sicherstellen. Hierzu würden die Erhaltung der Landschafts- und Bodenqualität und der Biodiversität gehören. Im Gesetzesvorschlag vorgesehene Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen für die Zulassung nicht standortgebundener Nutzungen können dieses Ziel jedoch ausser Kraft setzen, wie die Scnat schreibt. So sei es den Kantonen möglich, die bundesrechtlichen Vorgaben zur Erhaltung der Landschaft und schutzwürdiger Gebäude über die kantonalen Gesetzgebungen zu umgehen.
Die Akademien würden deshalb vorschlagen, die Artikel zu den Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen zu streichen und gemeinsam mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren einen neuen Vorschlag zu erarbeiten. Der gegenwärtige Ansatz würde sämtliche langjährige Bemühungen zur Erhaltung der Landschaftsqualität und schützenswerter Gebäude ausserhalb der Bauzone zunichtemache, heisst es abschliessend in der Medienmitteilung.
Quelle: Scnat