Preissteigerung bei Autos wegen Halbleiter-Knappheit?

Infolge der Knappheit bei Halbleitern könnte es zu einer Preissteigerung bei Autos kommen: Angebot und Nachfrage klaffen weit auseinander. Erst für 2022 rechnen die Autobauer mit einer Entspannung.

Die Knappheit an Materialien, z.B. von Halbleiter-Teilen, könnte demnächst zu einer Preissteigerung bei Autos führen. (Bild: Pixabay.com)

Droht uns eine Preissteigerung bei Autos? Ja, besagt z.B. eine Untersuchung des Kreditversicherers Euler Hermes. Der Grund dafür, dass europäische Autohersteller verstärkt an der Preisschraube drehen dürften, liegt in einer noch nie da gewesenen Materialknappheit, vor allem bei Halbleitern. Dies führt zu einem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage im europäischen Automobilsektor, das bis zum ersten Halbjahr 2022 anhalten könnte, so die Einschätzung von Euler Hermes. Damit biete sich den Automobilherstellern eine einmalige Gelegenheit, die Preise nach fast 20 Jahren anzuheben und ihre Margen deutlich zu verbessern.

Mögliche Preissteigerung bei Autos von bis zu 6 %

„Die europäischen Autobauer sitzen durch die Chip-Knappheit aktuell am längeren Hebel“, sagt Stefan Ruf, CEO von Euler Hermes Schweiz. „3-6% Preissteigerung sind europaweit deshalb aktuell drin, in Deutschland sogar zwischen 4 und über 10% – zumindest bis sich der Ausnahmezustand bei den Halbleitern wieder normalisiert. Dieser dürfte allerdings noch bis ins erste Halbjahr 2022 hinein andauern.“

Die Automobilbranche profitiert bereits von der steigenden Nachfrage nach der grossen Wiedereröffnung nach dem Lockdown in zahlreichen Ländern. Die Neuzulassungen in Europa stiegen im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um +25,2 % auf fast 5,4 Mio. Pkw (+1,354 Mio. Einheiten). Gemäss auto schweiz sind seit Anfang 2021 143’969 Neuwagen auf die Strassen der Schweiz und Liechtensteins gekommen, 14,4 Prozent mehr als in den ersten sieben Monaten des «Corona-Jahres» 2020 (125’842). Die Auswirkungen der Halbleiterkrise sorgen nun aber dafür, dass die weitere Markterholung ins Stocken gerät. Nachdem im Juni noch ein kleines Plus zum Vorjahresmonat registriert worden war, liegen die Juli-Zahlen nun unter dem Ergebnis von 2020 und noch deutlicher hinter dem Vorkrisenniveau zurück, so die vorläufige Bilanz von auto schweiz. So waren im Juli 2019 noch 25’518 neue Personenwagen erstmals in Verkehr gesetzt worden – das aktuelle Marktniveau von 19’422 Einlösungen liegt 23,9 Prozent tiefer.

Nachholbedarf erkennbar

„Der Nachhol-Boom ist im vollen Gange und die Branche gibt wieder Gas“, sagt derweil Stefan Ruf. „Zwar längst noch nicht auf Vorkrisenniveau, aber mit deutlich zweistelligen Zuwachsraten bei den Neuzulassungen in allen wichtigen europäischen Märkten, insbesondere in Italien (+51%) und Spanien (+34%). Diese Erholung sowie die steigende Preissetzungsmacht ist für die gesamte Branche ein Hoffnungsschimmer für die baldige Rückkehr in eine neue Normalität“.

„Wir erleben gerade die Talsohle der Halbleiterkrise, die uns härter trifft als ursprünglich erwartet“, fasst auch auto-schweiz-Direktor Andreas Burgener die aktuelle Lage zusammen. „Die Knappheit an elektronischen Bauteilen und Chips bei Herstellern und Zulieferern hat ein enormes Ausmass angenommen. Wir sehen aber Licht am Ende des Tunnels und hoffen, dass sich die Lage im vierten Quartal normalisiert.“ Im kommenden Jahr seien dann wahrscheinlich keine Einschränkungen mehr zu spüren, so Burgener abschliessend.

Die Branche muss Weichen für die Zukunft stellen

Die Veränderungen in der Automobilbranche habe auch auf die Schweizer Zuliefererindustrie Auswirkungen, so Stefan Ruf. Die Branche müsse jetzt allerdings auch dringend über den Tellerrand hinausschauen und wichtige Weichen stellen, um beim Thema Nachhaltigkeit und alternative Antriebstechniken nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten. „Mit höheren Preisen und Margen ist das nicht die schlechteste Ausgangssituation.“

Höhere Margen mögen wohl den Autobauern dienen, nicht aber deren Zulieferern, wie etwa das Beispiel der Firma Hatebur Umformmaschinen AG in Reinach BL zeigt. Dieses über 100-jährige Familienunternehmen musste kürzlich 30 Stellen streichen, weil die Nachfrage nach Maschinen und Servicedienstleistungen in den letzten Jahren rapide abgenommen habe, wie auch in der Tagespresse zu lesen war.

Quellen: Euler Hermes, auto schweiz 

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