Aussenwirtschaftsforum 2021: Die Exportwirtschaft in der neuen Normalität
Am Nachmittag des 22. April wurde das Aussenwirtschaftsforum 2021 der Exportförderungs-Organisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) als virtuelle Veranstaltung durchgeführt. Panel-Diskussionen, Keynotes und Breakout-Sessions widmeten sich dem Thema «Internationales Geschäft in der neuen Normalität».
Die «neue Normalität», so wie sie für das Ende der Pandemie prophezeit wird, ist für die meisten exportorientierten Unternehmen der Schweiz bereits Realität. Dies wurde aus den verschiedensten Voten am diesjährigen Aussenwirtschaftsforum deutlich. Die Krise zeige auf, welche internationalen Geschäftsmodelle funktionieren und welche nicht, bilanzierte etwa Ruth Metzler, Verwaltungsratspräsidentin von Switzerland Global Enterprise (S-GE) in ihrem Schlusswort zur Veranstaltung. Ein Ziel des diesjährigen Aussenwirtschaftsforums war es, Unternehmen Inspiration und praktisches Rüstzeug zu vermitteln, um im Export wieder oder weiterhin durchstarten zu können.
Bilateralen Weg mit der EU beibehalten
Es ist nicht nur die Corona-Krise, welche den Aussenhandel beeinflusst, sondern auch wirtschaftspolitische Verschiebungen: Welche Auswirkungen haben etwa die Differenzen zwischen den USA und China auf die Schweizer Exportwirtschaft? Welche Rahmenbedingungen braucht es, dass der Aussenhandel mit der EU weiterhin klappt? Und wie entwickeln sich die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich weiter nach dessen Austritt aus der EU? Diese Fragen, auf deren Beantwortung Unternehmen in der Regel nur wenig Einfluss haben, standen im Zentrum verschiedener Panel-Diskussionen. So fordert etwa Swissmem-Präsident Martin Hirzel mit Nachdruck, am bilateralen Weg mit der EU festzuhalten. Denn trotz aufstrebender Märkte in Asien oder Afrika sind es immer noch die europäischen Staaten, allen voran Deutschland, in welche die meisten Schweizer Waren ausgeführt werden. «Für die MEM-Industrie bietet der europäische Markt in den nächsten zehn Jahren immer noch die höchsten Wachstumsraten, so Martin Hirzel. Und was vielfach vergessen werde: «Die Schweiz ist der viertwichtigste Handelspartner der EU», wie SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck festhielt.
Nächste Krisen werden folgen
Die wichtigsten Erkenntnisse für die Export-Praxis fasste am Aussenwirtschaftsforum 2021 Simone Wyss Fedele, CEO von S-GE, wie folgt zusammen: Konzentration auf Nischen und dort die Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausschöpfen, Diversifikation, Anpassung der Wertschöpfungsketten und mit Unsicherheit umgehen können. Denn, wie auch Ruth Metzler in ihrer Schlussansprache betonte, die Regulierungen werden zunehmen und weitere unerwartete Krisen werden folgen. Aude Pugin, CEO von APCO Technologies SA und Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Waadt, bedauerte etwa in ihrer Keynote, dass immer noch zu wenig beachtet werde, dass Krisen auch als Chancen genutzt werden sollten. Resilienz sei ein Gebot der Stunde, hält sie fest. «Wir müssen lernen, auf der Welle zu surfen statt zu warten, bis die nächste anrollt», sagte sie mit Blick auf die Tatsache, dass wir derzeit sowohl von einer Gesundheits- als auch von einer Wirtschaftskrise betroffen sind.
Lieferketten nicht abreissen lassen
Gerade für KMU erweisen sich immer wieder unterbrochene Lieferketten als Problem. Davon betroffen war etwa auch die Firma Howag Kabel AG. Ihr CEO Eugen Peterhans schilderte, wie sein Unternehmen mit der Herausforderung umgegangen ist, innert Kürze die Lieferfähigkeit für einen Schlüsselkunden erhöhen zu müssen. Als entscheidend in solchen Situationen erwies sich eine straffe Führung mit dem Setzen von klaren Prioritäten. Um langfristig lieferfähig bleiben zu können, müsse man einerseits unbedingt auch bei den Zulieferern auf mehrere Quellen setzen und anderseits auch die – im Niedrigzins-Umfeld wenig attraktiv scheinende – Lagerhaltung in Erwägung ziehen. Das dies mit Mehrkosten verbunden ist, ist unbestritten. Doch Tomasz Gonsior von OptiBuy GmbH sagt dazu: «Es kommt unter Umständen teurer, nichts zu tun.» Das Risiko müsse deshalb auch von Kunden und Lieferanten mitgetragen werden.
Ignazio Cassis am Aussenwirtschaftsforum 2021: Bundesrat setzt sich weiter für gute Rahmenbedingungen ein
Nicht zu unterschätzen bleibt trotz der Digitalisierung, welche inzwischen sehr viele Kontakte in die virtuelle Welt verlagert hat, der Wert persönlicher Beziehungen. Physische Kontakte gelte es deshalb noch effektiver einzusetzen, hielt etwa Andreas Gerber von Credit Suisse, die zusammen mit S-GE regelmässig die Exportperspektiven von Schweizer Unternehmen untersucht, fest. Es sei trotz der widrigen Umstände wichtig, auf Normalität zu setzen, «auch finanziell», wie Gerber mit Blick auf die irgendwann auslaufenden staatlichen Hilfsgelder betonte. «Unternehmen müssen wieder auf selbst verdientes Geld setzen». Gefordert ist aber auch die Politik. Hier sicherte Aussenminister Ignazio Cassis den Unternehmen zu, dass sich der Bundesrat weiterhin für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen einsetzen wird. «Die Diplomatie wird daran gemessen, wie sie sich für die Wirtschaft einsetzt.» Die Bevölkerung scheine zuweilen zu vergessen, wie wichtig die Exportwirtschaft für unser Land ist, sagte Cassis – wohl auch gedacht als kleiner Seitenhieb auf die Diskussion rund um das Rahmenabkommen mit der EU.
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