Klimawandel belastet Mittelschicht

Eine neue Studie untersucht, welche Auswirkung der Klimawandel auf die Mittelschicht weltweit hat.

Immer mehr Personen leben in vom Klimawandel betroffenen Städten.
Immer mehr Personen leben in vom Klimawandel betroffenen Städten.

Die UBS hat in einer Studie untersucht, wie sich der Klimawandel finanziell auswirkt und welche Folgen dies für die globale Mittelschicht nach sich zieht. Dazu untersuchte die Studie das Konsumverhalten der Mittelklasse in 215 Städten weltweit. Dabei wurden die Konsumgewohnheiten den Risiken des Klimawandels für die betreffenden Städte gegenübergestellt. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Menschen in Städten, die vom Klimawandel am stärksten bedroht sind, etwa Los Angeles, Tokio und Shanghai, markant unterschiedliche Ausgabeprioritäten setzen. Im jeweiligen nationalen Vergleich gibt die Mittelschicht in diesen Städten zwischen 0,6% und 0,8% mehr fürs Wohnen aus. In den vom Klimawandel besonders betroffenen US-Städten belaufen sich die Mehrausgaben der Mittelschichtsbewohner auf jährlich USD 800 bis USD 1600. Sie kompensieren dies, indem sie verhältnismässig weniger für Luxusgüter, Unterhaltung und langlebige Haushaltsgüter aufwenden.

In den grossen Metropolen unserer Welt lebt nahezu ein Viertel der globalen Bevölkerung, welches rund die Hälfte des globalen BIP erwirtschaftet. Diese Konzentration von Menschen und Wohlstand in den urbanen Zentren ist nicht nur für die einheimische Wirtschaft von grosser Bedeutung, sondern auch für global agierende Unternehmen und Investoren. Der grösste Teil der globalen Mittelschicht lebt in Südostasien, der Region mit der am schnellsten wachsenden Stadtbevölkerung in den letzten Jahren.

Die Kosten des Klimawandels
Die finanziellen Kosten, welche die mit dem Klimawandel in Verbindung stehenden Ereignisse für Staat und Steuerzahler verursachen, sind bereits spürbar, denn trotz des zunehmenden Risikos von Naturkatastrophen ist die globale Mittelschicht ungenügend versichert. In den USA, wo die Versicherungsdichte in den von der Studie erfassten Gebieten am höchsten ist, sind immer noch 32% aller wetterbedingten Schäden nicht versichert. Menschen, die keinen Zugang zu Versicherungsdeckung haben, sind daher auf das von der US-Regierung eingerichtete Auffangnetz angewiesen, was wiederum ökonomische Folgen für den Steuerzahler hat: Zwischen 2011 und 2013 beliefen sich die Kosten in den USA für die staatliche Katastrophenhilfe für Schäden aus Hurrikanen, Überschwemmungen und Dürren auf USD 136 Milliarden, was knapp USD 400 pro Haushalt pro Jahr entspricht.

In den weniger entwickelten sowie den aufstrebenden Ländern ist die Mittelschicht in der Regel unterversichert. So ist die Versicherungsdurchdringung in den Schwellenländern verglichen mit den Sach- und Immobilienwerten äusserst gering (z.B. 0,12% in China und 0,07% in Indien).

Einschneidende Massnahmen notwendig
Im Jahr 2000 lebte nahezu die Hälfte der 6 Milliarden Erdbewohner in Städten, und die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass diese Zahl bis 2025 auf 60% ansteigt. Diese von der Klimaentwicklung ausgelöste Migrationsbewegung birgt enormes Konfliktpotenzial.

Das US-Verteidigungsministerium ist der Auffassung, dass die ohnehin schon volatile Risikosituation durch den Klimawandel weiter «angeheizt» wird und sich bestehende Feindschaften und Spannungen verschärfen könnten. Ein Beispiel: Während in den Medien ausführlich darüber berichtet wird, wie die Syrer vor dem Krieg und wirtschaftlichen Kollaps nach Europa fliehen, ist die extreme Dürreperiode von 2006 bis 2011 bestenfalls eine Randnotiz wert. In nur fünf Jahren verlor Syrien 85% seines Viehbestands und verzeichnete stark einbrechende Ernteerträge. In der Folge verschlechterte sich die Ernährungssituation bei den Kindern und suchten 1,5 Millionen Landbewohner ihr Heil in der Stadt. Diese Lebensumstände führten zu Protesten, die im heutigen Bürgerkrieg gipfelten.

Temperaturanstieg und Mortalität
Studien haben gezeigt, dass der Mensch bei einem Temperaturanstieg auf über 30 °C Mühe bekundet, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen und dass die Sterblichkeitsraten ansteigen. Im Jahr 2015 herrschte in knapp 25% der im Rahmen der Studie analysierten Städte eine mittlere Jahrestemperatur von über 20 °C. Einer über einen Zeitraum von zehn Jahren in 15 europäischen Städten durchgeführten Studie zufolge bewirkt nur schon eine Zunahme um 1 °C über die jeweilige mittlere Temperatur im Sommer einen Anstieg der Mortalität von schätzungsweise 2–3%.

Langfristig dürften die Temperaturen auf ein Niveau klettern, das nicht nur für die Gesundheit der Menschen problematisch sein wird, sondern auch die physische Infrastruktur belasten – und möglicherweise zu Schäden führen wird. Angesichts der globalen Vernetzung haben sogar lokale klimabedingte Vorfälle potenzielle Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.

Von der Erkenntnis zur Massnahme
Die Studie kommt aber auch zum Schluss, dass die globale Mittelschicht sich dieser Problematik immer mehr bewusst wird und sich an den Klimawandel anzupassen beginnt, auch wenn dieser Anpassungsprozess noch recht zögerlich und sporadisch verläuft. Aufgrund der politischen und sozialen Bedeutung der Mittelklasse könnte die zunehmende ökonomische Anfälligkeit die Entscheidungsträger zu einer innovativeren Politik zwingen. Doch ob Investitionen und Innovationen genügen, um Wohlstand und Status der Mittelschicht zu wahren, bleibt abzuwarten.

Die Studie ist in voller Länge verfügbar unter www.ubs.com/climatechange.

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