Grüner Wasserstoff wird 2030 wettbewerbsfähig

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, muss die globale Dekarbonisierung bis 2030 jährlich um 12% steigen. Der Aufbau einer kohlenstoffarmen Wasserstoffwirtschaft kann dabei ein entscheidender Eckpfeiler der Energiewende sein, wie die Studie «Laying the foundations of a low carbon hydrogen market in Europe» von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, zeigt.

Eine Wasserstofftankstelle. © Depositphotos, Mona Makela

Ausgehend von einem anhaltenden Nachhaltigkeitstrend, in dem Kohlenwasserstoffe in der Wirtschaft sukzessive ersetzt werden, wird sich die globale Wasserstoffnachfrage zwischen 2019 und 2040 von 71 Mt auf 137 Mt fast verdoppeln, wie PwC schreibt. Bis zum Jahr 2070 werde sogar eine Versiebenfachung auf 519 Mt erwartet. Diese Mengen würden 2070 vor allem im Transportwesen (30%), im Flugverkehr (20%), in der Industrie (15%) bzw. für die Energieerzeugung (15%) genutzt.

Via Subventionen ankurbeln

In der Schweiz gibt es bereits erste privatwirtschaftliche Projekte, die den Einsatz wasserstoffbetriebener Lastwagen fördern. Darüber hinaus besitze grüner Wasserstoff beispielsweise in der Stahlproduktion oder auch in der Herstellung synthetischen Kerosins das Potenzial, Emissionen in Bereichen zu reduzieren, in denen dies aus Energieeffizienzgründen bisher kaum möglich war.

«Die erste Herausforderung besteht darin, die Nachfrage nach kohlenstoffarmem Wasserstoff in Europa über Subventionen gezielt anzukurbeln. Bei der Planung entsprechender Förderprogramme sollten sich Staaten zunächst auf industrielle Cluster konzentrieren, die mit der eigenen Dekarbonisierung kämpfen, aber gewisse Skaleneffekte und im Idealfall eine wasserstoffkompatible Infrastruktur wie Pipelines mitbringen. Wichtig ist neben finanziellen Anreizen auch die Schaffung wegbereitender Plattformen, damit interessierte Unternehmen Investmentrisiken über strategische Kooperationen senken können», ordnet Matthias Witzemann, Co-Autor der Studie und Partner bei Strategy& Österreich, ein.

Damit grünem Wasserstoff der Durchbruch gelinge, müsse angebotsseitig auch der Aufpreis im Vergleich zu kohlenstoffreichen Technologien überwunden werden. Aktuell mache die im Herstellungsprozess aufzuwendende Elektrizität 60-70% der variablen Kosten von grünem Wasserstoff aus. Er könnte jedoch bereits 2030 in grossen Mengen wettbewerbsfähig werden, wenn die Stromgestehungskosten (LCOE – levelized cost of energy) bei erneuerbaren Energien auf unter 20 US-Dollar je Megawattstunde fallen und gleichzeitig die CO2-Abgaben ansteigen, wie PwC schreibt.

Schweiz könnte Erdgasnetz für Wasserstofftransport nutzen

Durch den massiv steigenden Energiebedarf für die Wasserstoffherstellung würden vor allem Länder mit grossem Potenzial für erneuerbare Energien, wie etwa Kanada oder Marokko, zu potenziellen Exporteuren grünen Stroms oder grünen Wasserstoffs. Industrienationen wie Deutschland, Frankreich oder auch Japan würden dagegen eher importieren. Neben der Verfügbarkeit günstiger, grüner Energie sei auch Wasser ein kritischer Standortfaktor. Da für die Gewinnung von einem Kilo Wasserstoff 22 Liter Wasser eingesetzt werden müssen, würden sich dicht besiedelte Industriegebiete nur begrenzt als Produktionsorte eignen.

«Für den Durchbruch von grünem Wasserstoff müssen Angebots- und Nachfrageseite über smarte Transportwege und Lagermöglichkeiten zusammengebracht werden. Die Schweiz beispielsweise hat ein sehr gut ausgebautes Erdgasnetz, das für den Transport von Wasserstoff mit wenigen Anpassungen genutzt werden könnte“, erläutert Marc Schmidli, Partner und Deals and Valuation Leader bei PwC Schweiz.

Mit steigendem Bedarf würden 2030 in Europa 6‘800 Kilometer Leitungen erforderlich sein, und schon 2040 brauche es 23‘000 Kilometer für den Transport von Wasserstoff. Der Wasserstoffmarkt der Zukunft müsse zudem global gedacht werden, um vom günstigen grünen Strom von Exportnationen profitieren zu können. „Über den Dialog mit Regulatoren und die gezielte Nutzung von Incentivierungsmassnahmen werden Unternehmen die Chance haben, den Markthochlauf mitzugestalten,“ fügt Marc Schmidli hinzu.

Die europäische Wasserstoffstrategie sehe vor allem die Entwicklung einer Investitionsagenda vor, die strategische Investments in umweltfreundliche Wasserstofftechnologien fördern sowie die Produktion und Nutzung des grünen Energieträgers stimulieren solle. Darüber hinaus sei die Einführung eines regulatorischen Rahmens für den europäischen Wasserstoffmarkt geplant. Komplettiert werde die Strategie durch die Unterstützung von Forschung und Innovationen sowie die Stärkung internationaler Kooperationen.

„Wasserstoff wird bei der Erreichung von ESG-Zielsetzungen eine zentrale Rolle einnehmen. Neben den Potentialen für Emissionssenkungen sind die Chancen für den Erhalt der technologischen Vorreiterrolle und des Wirtschaftsstandorts wichtige Kriterien der europäischen Wasserstoffstrategie. Um den Wandel zu finanzieren und den entstehenden Markt aufzubauen, muss Wasserstoff als grüne Anlagemöglichkeit nun noch verstärkt ins Bewusstsein von Investoren vordringen“, kommentiert Peter Gassmann, Europachef von Strategy& und globaler ESG-Leader bei PwC.

Quelle: PwC

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