Älteste KVA der Schweiz hat ausgedient
Nach über hundert Jahren Betrieb ist Schluss: Im Werk Josefstrasse in der Stadt Zürich wird Ende März die letzte Tonne Kehricht verbrannt. Damit muss ab nächstem Winter das Heisswasser für das Fernwärmegebiet Zürich-West in der KVA Hagenholz produziert werden.
Die Kehrichtverwertungsanlage (KVA) Josefstrasse hat das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, und ihre Betriebsbewilligung läuft aus. Sie wird deshalb Ende März 2021 letztmals für die Abfallverbrennung genutzt, anschliessend stillgelegt und teilweise abgerissen. Die Energieversorgung des Fernwärmegebiets Zürich-West wird ab diesem Zeitpunkt über die neue Energiezentrale Josefstrasse sichergestellt. Dort werden gegenwärtig zwei Gaskessel installiert und in Betrieb genommen. Die Energiezentrale wird bis Ende 2021 ausschliesslich fossil betrieben, ab 2022 soll das Heisswasser für das Fernwärmenetz Zürich-West vom Werk Hagenholz über die neugebaute, rund 6 km lange Verbindungsleitung geliefert werden. Fossile Energie wird ab Januar 2022 vor allem für die Spitzenabdeckung wie auch als Rückfallebene eingesetzt. Die Kessel können im Falle von Gasknappheit auch auf Öl umgestellt werden. Die Stadt Zürich will jedoch auch in Zukunft während der Spitzenlastzeiten so wenig fossile Energien wie möglich für die Fernwärmeproduktion einsetzen und arbeitet an entsprechenden Studien.
Bei der Eröffnung 1904 ein Novum für die Schweiz
Das Werk Josefstrasse liegt mitten im dicht bebauten Kreis 5 und beliefert rund 80 Prozent der Liegenschaften des Fernwärmegebiets Zürich-West mit Energie, darunter sind der Prime Tower und die Europaallee. Als jedoch an der Josefstrasse im Jahr 1904 mit der Verbrennung von Kehricht begonnen wurde, war das Werk noch umgeben von Wiesen und Feldern. Das Werk Josefstrasse war die erste KVA der Schweiz. Es war noch lange üblich, Abfall in Deponien zu entsorgen. Rund zwei Jahrzehnte nach der Inbetriebnahme, 1928, begann die Stadt Zürich damit, die Abwärme aus dem Werk Josefstrasse als Energiequelle zu nutzen und an Haushalte sowie Betriebe im Stadtzentrum zu liefern.
Sicherung der Fernwärmeversorgung von Zürich-West
Seit 2011 war die KVA Josefstrasse aufgrund von Überkapazitäten nicht mehr in der kantonalen Abfallplanung berücksichtigt. Um das Fernwärmegebiet Zürich-West weiterhin zu versorgen, wurde die Anlage dennoch weitergeführt. Während der letzten zehn Jahre wurde die KVA Josefstrasse von der Fernwärme Zürich AG, einem Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Zürich und des deutschen Energieversorgers EnBW Energie Baden-Württemberg AG, betrieben. Verwertet wurde hauptsächlich Abfall aus Süddeutschland. Die Vorlage zur Erweiterung der Fernwärmeversorgung, die auch den Bau der Energiezentrale, den Rückbau der KVA Josefstrasse und die ersten Schritte für den Ausbau der Fernwärmeversorgung beinhaltete, nahm die Stimmbevölkerung 2018 mit einem Ja-Anteil von 83 Prozent an.
Freigewordene Flächen werden neu genutzt
Die Areale des heutigen Werks Josefstrasse und der benachbarten, bereits stillgelegten Zentralwäscherei bilden zusammen das Josef-Areal, eine Fläche von insgesamt 20 000 m2. Die Energiezentrale wird 4000 m2 in Anspruch nehmen. Unter der Leitung des Amts für Städtebau wird zurzeit ein Entwicklungskonzept für die Bebauung und Nutzung der restlichen, frei verfügbaren Fläche ausgearbeitet. Der markante, rund 90 Meter hohe Kamin des Werks wird weiterhin für die Energiezentrale benötigt und darum nicht abgerissen. Dadurch bleibt auch der am Kamin angebrachte Falkenhorst erhalten, der häufig die Heimat von brütenden Greifvögeln ist und sich grosser Beliebtheit bei der Bevölkerung erfreut.
Quelle: Stadt Zürich, Tiefbau- und Entsorgungsdepartement