Vom Wursthersteller zum Marktführer für Fleischalternativen

Im Interview erzählt Godo Röben, wie er den Wursthersteller «Rügenwalder Mühle» zum Vorreiter für Fleischersatz-Produkte gemacht hat. Er spricht am diesjährigen Schweizer Markenkongress.

Godo Röben
Godo Röben spricht an einem Fachsymposium. (Bild: zVg.)

Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst für eine pflanzenbasierte Ernährung – aus ethischen, gesundheitlichen oder ökologischen Gründen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Lebensmittelindustrie.

Als langjähriger Geschäftsführer des Fleischverarbeiters «Rügenwalder Mühle» hat Godo Röben die Transformation zurück zur Marke umgesetzt. Heute gehört das Unternehmen gemäss eigenen Angaben zu den Marktführern für Fleischalternativen.

Beim Schweizer Markenkongress vom 14. Juni in Zürich ist Röben auf der Bühne zu Gast. Im Interview spricht er vorab über Gegenwind, Bauchgefühl und warum es sich keine Branche mehr leisten kann, nicht nachhaltig zu agieren.

 

Godo Röben, wann haben Sie den «Trend» hin zur pflanzenbasierten Ernährung erkannt und wie haben Sie darauf reagiert? 

Godo Röben: Seit etlichen Jahren sprechen sehr viele Punkte dafür, dass wir alle weniger tierische Produkte essen sollten. Die Gründe unterscheiden sich in altruistische Gründe – das Vermeiden von Tierleid – was viele Menschen davon abhält, tierische Produkte zu essen oder die Auswirkungen, welche die Zucht von 150 Milliarden Tiere auf das Klima haben. Aber auch egoistischere Gründe wie die eigene Gesundheit halten viele Menschen davon ab, weiter so viele Tiere zu essen.

 

Welche Widerstände – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens – gab es zu überwinden, um eine klimataugliche Transformation der Marke «Rügenwalder Mühle» zu erreichen?

Stellen Sie sich vor. Man hat fast 200 Jahre Fleisch und Wurst aus Tieren hergestellt und sich dort auch in einer Verteidigungshaltung eingerichtet: dass es den Tieren doch gut geht, dass das mit dem Klima nicht so schlimm ist und dass Fleisch doch ein Stück Lebenskraft ist. Und dann kommt da jemand – aus der Geschäftsleitung – der sagt, dass wir diese Dinge überdenken sollten, und dass vegane Wurst eventuell eine gute Idee ist. Dann gibt es schon eine Menge Gegenwind in einem Unternehmen. Diesen Gegenwind kann man nur mit umfangreicher und immer wiederkehrender Information besänftigen. Und vor allem – mit Erfolgen. Das ist wie beim Fussball. Für Siege gibt es keinen Ersatz. Und da hat es einfach geholfen, dass wir von Anfang an erfolgreich waren. Aber die drei Jahre bis zum Start waren schon herausfordernd.

 

Welche kritischen Marken- und Kommunikationsentscheidungen mussten Sie dabei treffen?

Viele Agenturen und auch die Marktforschung sprachen sich dafür aus, die vegetarischen Produkte unter einer eigenen Marke einzuführen. Mein Bauch sagte mir aber, dass es richtig ist, die Produkte unter der Rügenwalder Mühle zu launchen, weil ich dachte, dass die Mühle sonst eine «Bad Bank» werden wird – tierische Produkte unter der Mühle und die hippen, veganen Produkte unter einer anderen Marke. Das wäre das mittelfristig das Aus für die wundervolle Mühle gewesen. Besser war es in meinen Augen, dass wir durch diese modernen Produkte die traditionelle Marke weiterentwickeln.

 

Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit allgemein für die heutige Food-Marken? Trifft das aus Ihrer Sicht vor allem Anbieter klassisch tierischer Produkte oder am Ende doch alle?

Welche Rolle Nachhaltigkeit für Marken oder Unternehmen spielt, ist zu vergleichen mit der Frage, welche Rolle Atmung fürs Leben spielt. Ich bin mir sicher, dass es sich kein Marktteilnehmer mehr leisten kann, die global gültigen, nachhaltigen Spielregeln nicht zu beachten. Es geht jetzt eher darum, wie nachhaltig man ist und wie authentisch man diese Ziele umsetzt.

 

Wie können sich Unternehmen geplant transformieren, anstatt von einer erzwungenen Disruption überrascht zu werden? Was sind die Vorteile einer solchen Vorgehensweise?

Jede Branche, jedes Unternehmen kennt seine «schwarzen Flecken» selbst am besten. Diese «schwarze Flecken» nicht mehr zu verstecken, sondern offen und ehrlich anzusprechen und dann dafür Lösungen zu finden, das ist der eigentliche Weg. Auch wie wir es in der tierischen Branche gerade tun: Wir sprechen an, dass wir weit zu viele Tiere töten und essen, wir sprechen die Probleme an, die dieses Geschäftsmodell hat – Klimawandel, Tierleid, Krankheiten für den Konsumenten – und wir bieten dann bessere Lebensmittel ohne tierischen Ursprung an.


Godo Röben ist zu Gast am Schweizer Markenkongress, dem grössten Branchentreff für Markenentscheider, Dienstleister sowie Medienvertreter. Am 14. Juni 2023 trifft sich die Branche im The Dolder Grand Hotel Zürich unter dem Motto «Markenmanagement im Challenge». Inhaltlich wurde der Kongress um die Tech und Digital Stage erweitert. 75 Speaker, 23 Stunden Programm und zahlreiche namhafte Brands erwartet das Publikum. Infos unter: Marken-kongress.ch

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