Was bedeutet eigentlich… «Clan»?
Mit dem Tod der Queen und dem ganzen Royal Brimborium der Windsors ist allen Nicht-Blaublütern und Nicht-Briten wieder mal bewusst geworden, wie wichtig Zugehörigkeit für uns Menschen ist. Vielleicht schwappt darum ein Wort, das die letzten Jahre hauptsächlich in der Gaming-Community benutzt wurde, neuerdings über in die Marketing-Abteilungen und Agenturen. Clans nennen sich die Teams […]
Mit dem Tod der Queen und dem ganzen Royal Brimborium der Windsors ist allen Nicht-Blaublütern und Nicht-Briten wieder mal bewusst geworden, wie wichtig Zugehörigkeit für uns Menschen ist. Vielleicht schwappt darum ein Wort, das die letzten Jahre hauptsächlich in der Gaming-Community benutzt wurde, neuerdings über in die Marketing-Abteilungen und Agenturen. Clans nennen sich die Teams hier plötzlich.
Der Begriff wurde einst aus dem Ego-Shooter-Computerspiel Quake entwendet und in die E-Sport-Community eingeführt. Clan steht für den Verbund von Spielenden, die sich zusammen registrieren lassen, um gemeinsam zu spielen. Über eine halbe Million Personen bezeichnen sich in der Schweiz – laut einer Studie aus 2021 des Instituts für Marketing Management der ZHAW – selbst als E-Sportler:in und viele davon sind in solchen Clans organisiert. Der Einfluss der Gaming-Industrie im Allgemeinen und des E-Sports im Besonderen auf unsere Arbeitswelt ist gross. Das wissen wir aber nicht erst, seit wir Slack benutzen, sondern seit der Begriff Gamification herumgeistert.
Nur Stämme werden überleben
Trotzdem erstaunt es, dass wir jetzt, wo wir eben erst gelernt haben, uns als Teams zu verstehen, uns bereits wieder neu orientieren müssen. Aber auch das ist nicht neu. «Nur Stämme werden überleben» lautete ein berühmtes Graffiti der Zürcher Jugendbewegung 1980. Gemeint war, dass man nur gemeinsam stark sein und das Establishment stürzen kann. Das scheint geklappt zu haben, denn 40 Jahre später sind viele aus dieser Zeit selbst das Establishment und manch eine oder einer fühlt sich bedroht, wenn Mitarbeitende ihre Arbeitsstelle künden, weil sie sich nicht mehr zugehörig fühlen. Sie scheren aus, weil sie sich eher nach einem Clan sehnen, der ihren Bedürfnissen entspricht. Nach einem Buckingham Palace statt einem leeren Büro.
Je komplexer nämlich die Aufgaben und turbulenter die Zeiten, desto grösser der Drang nach Strukturen und Gemeinsamkeiten. Das können Clans eben bieten. Mehr als Teams. So war es im alten Schottland, wo sich unter härtesten Lebensbedingungen grössere Familiengruppen voneinander abgrenzten und sich auf eine gemeinsame genetische Herkunft bezogen, um zu überleben. So ist es heute, wo in den Echoräumen der Sozialen Medien akademische, geografische oder sportliche Zusammengehörigkeit zelebriert wird, um sich abzugrenzen.
In Schottland hat das Wort eine alte Tradition. Im E-Sport eine eher junge. Aber cool sind die Clans im Moment überall. Eben auch in England, wo Tony Blairs «Cool Britannia» zwar schon in die Jahre gekommen ist, aber in Anbetracht von Brexit und dem Tod der Queen das Bedürfnis nach Nähe und Zugehörigkeit wieder stark gestiegen ist. So ist es auch hier nachvollziehbar, dass lieber von Clans die Rede ist als von Teams. Zumal Letzteres aufgrund der gleichnamigen Plattform von Microsoft alles andere als das ist, wonach wir uns im Büroalltag wirklich sehnen.
* Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.