Kapitalstruktur: Wie sind Schweizer Unternehmen finanziert?

Die Covid-19-Krise hat bei den börsenkotierten Schweizer Unternehmen im Vergleich zu den Vorjahren keine deutliche Änderung der Kapitalstruktur bewirkt, wie die Finanzierungsstudie 2021 der Hochschule Luzern zeigt.

Die Kapitalstruktur von Schweizer börsenkotierten Unternehmen hat sich im letzten Jahr nur wenig verändert. (Bild: Pixabay.com)

Die gesamten Ausschüttungen, bestehend aus Dividendenzahlungen, Ausschüttungen aus Agio und Nennwertreduktionen, aller am Swiss Performance Index (SPI) kotierten Unternehmen summierten sich für das Geschäftsjahr 2020 auf 47.6 Milliarden Franken. Dies ist gemäss der Finanzierungsstudie der Hochschule Luzern nur fünf Prozent weniger als für das Geschäftsjahr 2019. Dass die Dividenden der SPI-Unternehmen trotz COVID-19-Krise in der Summe stabil blieben, sei so nicht zu erwarten gewesen, so die Einschätzung der Studienautoren. Thomas K. Birrer, Herausgeber der Studie und Dozent an der Hochschule Luzern, zeigt sich denn auch erfreut über den tendenziell geringen Einfluss der COVID-19-Krise: «Zwar haben Unternehmen ihre Aktienrückkäufe um 30 Prozent zurückgefahren, dennoch blieben die Ausschüttungen überraschend stabil und es kam auch nicht zu einem breiten Anstieg der Verschuldung. Das sind überaus positive Nachrichten und die Daten zeigen, dass kotierte Schweizer Unternehmen zumeist sehr solide finanziert sind.» Ein ähnliches stabiles Bild zeigte sich bei den SMI-Unternehmen. Nur bei den mittelgrossen Unternehmen (SMIM) fand eine deutliche Reduktion der Dividenden statt.

Kein klassischer IPO

2020 geht als ein Jahr ohne «klassischen» Schweizer IPO in die Geschichtsbücher ein, obwohl international die IPO-Aktivität unerwartet hoch war. Mit den Spin-offs Ina Invest (aus Implenia) und V-Zug (aus der Metall Zug Gruppe) fanden jedoch Spin-Offs und somit Neukotierungen statt. Insgesamt wurden im Jahr 2020 Kapitalerhöhungen im Gesamtbetrag von über 4.0 Milliarden Franken durchgeführt.

Mehr verzinsliches Fremdkapital

Die 199 untersuchten Nicht-Finanzunternehmen weisen per Ende des Jahres 2020 folgende Kapitalstruktur der kumulierten Bilanzsumme von 819 Milliarden Franken auf: 44.1 Prozent Eigenkapital und 55.9 Prozent Fremdkapital (FK).

Die aktuelle Zinssituation in der Schweiz ist auch in der Zunahme der kurz- und langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten der Unternehmen spürbar. So nahmen die verzinslichen Verbindlichkeiten in den Jahren 2011 bis 2020 um 40 Prozent auf total 224 Milliarden Franken zu, was einer Zunahme von 87 Milliarden Franken entspricht. Durchschnittlich sind das mehr als 3.5 Prozent pro Jahr. In der untersuchten Periode bewirkten mitunter die geänderten Bilanzierungsvorschriften von Leasingverbindlichkeiten eine Zunahme des verzinslichen Fremdkapitals um mehr als 30 Milliarden Franken in den Jahren 2018 bis 2020.

Die effektiven Fremdkapitalkosten der untersuchten Unternehmen sind seit dem Jahr 2011 teilweise deutlich gesunken. Der Median der Fremdkapitalkosten (berechnet als Zinsaufwand / verzinsliches Fremdkapital) beläuft sich für das Jahr 2020 auf 2.04 Prozent, wobei die einzelnen Unternehmen stark divergierende Fremdkapitalkosten aufweisen.

Grundsätzlich gesunde Verschuldung

Mit der Zunahme an verzinslichem Fremdkapital nahm auch die Nettoverschuldung seit dem Jahr 2014 um rund 83 Prozent zu. Ebenfalls stieg der Median des Nettoverschuldungsgrads (NetDebt/EBITDA) von 0.39x im Jahr 2011 auf 0.70x im Jahr 2020. Der Median des Nettoverschuldungsgrades beträgt bei den Large-Caps 1.60x und ist damit deutlich höher als bei den Mid-Caps (0.53x) und Small-Caps (0.92x).

Einfluss von Covid-19 auf die Kapitalstruktur

Die COVID-19-Krise hat bezogen auf die Kapitalstruktur der untersuchten Unternehmen keine deutliche Änderung zu den Vorjahren bewirkt. Die Zusammensetzung der kumulierten Bilanzen der untersuchten Unternehmen blieb in letzten drei Jahren relativ konstant, bei einem leichten Rückgang des Eigenkapitals um einige Prozentpunkte und gleichzeitigem Ausbau des langfristigen Fremdkapitals. Im Vergleich mit dem Jahr 2019 konnte im Jahr 2020 eine höhere Nettoemissionstätigkeit festgestellt werden. Diese liegt auf dem zweithöchsten Wert in den letzten zehn Jahren.

Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch

Nachhaltiges Wirtschaften und die daraus resultierenden ESG-Richtlinien (Environmental, Social und Governance) befinden sich auf stetigem Vormarsch. Der globale Green-Bond-Markt weist eine hohe Wachstumsdynamik auf. So nahm das globale Marktvolumen in den letzten sechs Jahren von weniger als 30 Milliarden Dollar auf rund 1’000 Milliarden Dollar zu. In der Schweiz stieg das ausstehende Green Bond-Volumen in den letzten vier Jahren von null Franken auf über sechs Milliarden Franken. Dies erscheint auf den ersten Blick und im Vergleich zum gesamten ausstehenden Bondvolumen als wenig, doch der Wachstumstrend dürfte auch in Zukunft anhalten. So erstaunt es nicht, dass das Volumen ausstehender Green Bonds von Schweizer Emittenten im ersten Halbjahr 2021 um 23 Prozent anstieg, wie die Finanzierungsstudie weiter festhält.

Quelle: Hochschule Luzern

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