Schweizer Standort unattraktiv
Der Schweizer Standort wird unattraktiv, so lässt sich der der European Investment Monitor des Beratungsunternehmens EY zusammenfassen. In der Schweiz ist die Zahl der Investitionsprojekte aus dem Ausland von 90 auf 88 Projekte leicht zurückgegangen. Was sind die Konsequenzen?

Der Schweizer Standort ist laut einer EY Studie unattraktiv. Europa zeige sich hingegen überraschend attraktiv. Der Grund: Noch nie wurde in Unternehmen aus der ganzen Welt so viel investiert wie heute: Die Anzahl ausländischer Direktinvestitionen in Europa stieg um 16 Prozent auf 5‘873, wie die aktuelle Auswertung des European Investment Monitor des Beratungsunternehmens EY zeigt.
Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort: Seit 2012 kann Europa eine kontinuierlich steigende Anzahl an Direktinvestitionen verzeichnen – in den letzten drei Jahren bewegte sich das Wachstum sogar im zweistelligen Bereich. Diese Investitionstätigkeit schlägt sich auch auf dem Arbeitsmarkt nieder. Vergangenes Jahr kündigten Firmen mit ihren ausländischen Direktinvestitionen die Schaffung von über einer Viertelmillion Arbeitsplätze in Europa an.
Schweiz verliert an Boden
Anders sieht die Lage in der Schweiz aus, hier ist der Schweizer Standort unattraktiv: Hier ging die Zahl der Investitionsprojekte aus dem Ausland von 90 auf 88 Projekte leicht zurück. Bereits 2015 lag der Zuwachs deutlich unter dem Wachstum Gesamteuropas. Und auch bei der längerfristigen Entwicklung läuft die Schweiz Europa hinterher: Die Zahl der Investitionsprojekte liegt immer noch rund 50 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
„Die Resultate für Europa sind sehr erfreulich, die Schweizer Zahlen machen mich hingegen weniger glücklich. Obwohl die Schweiz als Standort in Sachen Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit, Wachstum und Infrastruktur seit Jahrzehnten vorne dabei ist, hat der starke Franken dazu geführt, dass die Zahl der Investitionen aus dem Ausland schon sehr lange tief ist und nicht mehr das Niveau von vor der globalen Finanzkrise erreicht“, sagt Marcel Stalder, CEO von EY Schweiz.
Standortkonsens unter Druck
Philip Robinson, Tax Partner und Mitglied des Verwaltungsrats von EY Schweiz, ergänzt: „Verglichen mit der Zeit vor der Finanzkrise hat der Standort Schweiz ausserdem wegen der schon mehrere Jahre andauernden Unsicherheit über die zukünftige Ausgestaltung der Unternehmenssteuerreform an Attraktivität eingebüsst. Die Annahme der Minder-Initiative und der Masseneinwanderungsinitiative sind weitere Elemente, die Unternehmen davon abgehalten haben, in der Schweiz zu investieren. Die Ablehnung der ersten Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III hat zudem gezeigt, dass der jahrzehntelang bestehende Standortkonsens in der Schweiz nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann.“
Trotz der Stagnation der Direktinvestitionsprojekte konnte die Zahl neuer Arbeitsplätze durch ausländische Investitionen in der Schweiz sprungartig von knapp 1‘400 im vergangenen Jahr auf mehr als 3‘400 gesteigert werden. Dieser Rekordwert ist aber auf einige wenige grosse Projekte zurückzuführen; die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze liegt grundsätzlich noch immer unter dem Niveau von 2007 und 2008.
Schweiz weiterhin einer der grössten Investoren
Die Schweiz hat letztes Jahr 289 Investitionsprojekte in anderen europäischen Ländern durchgeführt und liegt damit vor G-7-Ländern wie Japan und Italien auf Rang 6. Im Pro-Kopf-Vergleich führt die Schweiz europaweit bei weitem die meisten Investitionsprojekte im Ausland durch. Die Zahl hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise 2009 mehr als verdoppelt und in den letzten vier Jahren stetig zugenommen. Schweizer Unternehmen schaffen auch viele Jobs: Die EY-Studie zählt über 7’100 Stellen, die im Rahmen von Direktinvestitionen im europäischen Ausland geschaffen wurden.
Jedes vierte Direktinvestitionsprojekt von Schweizer Unternehmen innerhalb Europas diente dem Auf- oder Ausbau von Produktionskapazitäten; dabei wurden knapp 3‘200 neue Stellen geschaffen. Typische Projekte sind Anlagen für die Fertigung von Komponenten für Fahrzeuge, Betriebe zur Verarbeitung von Nahrungsmitteln oder Fabriken zur Herstellung von Baumaterialen. Oft ist Osteuropa das Ziel solcher Investitionen – beinahe jede zweite durch Schweizer Firmen geschaffene Stelle in der Fertigung entfällt auf diese Region. Polen profitierte am stärksten von den insgesamt 13 Zielländern.
Am meisten Investitionsprojekte – allerdings meist mit kleinerem Umfang – initiieren Schweizer Firmen innerhalb Europas im Bereich Vertrieb und Marketing. Sie erschliessen sich damit neue Märkte.
Mehr Details aus dem European Investment Monitor des Beratungsunternehmens EY finden sie hier