Schweizer Unternehmen agieren vorsichtiger als internationale Konkurrenz

Geringe Investitionen, wenig Know-how und kaum konkrete Anwendungen: Schweizer Unternehmen gehen das Thema generative künstliche Intelligenz erst zögerlich an. Firmen aus Europa und den USA sind bei der Integration dieser Technologie um einiges weiter. Das zeigt die Studie State of Generative AI in the Enterprise von Deloitte.

Schweizer Unternehmen sind bei der Einführung generativer KI zurückhaltend. Europa und die USA sind deutlich weiter. (Bild: KI-generiert / DALL-E)

KI-Programme wie ChatGPT sind von heute auf morgen zu unverzichtbaren Begleitern im Alltag geworden. Ein Grossteil der Menschen nutzt mittlerweile generative künstliche Intelligenz (KI), um Aufgaben zu vereinfachen. Unternehmen benötigen für die Einbindung der Technologie in ihre Prozesse jedoch mehr Zeit. Die aktuelle Ausgabe der KI-Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte zeigt, dass die Einführung länger dauert als anfangs erwartet. Die Euphorie, die in früheren Befragungen zum Ausdruck kam, ist einem gesunden Realismus gewichen.

Schweizer Unternehmen beurteilen die Entwicklung im internationalen Vergleich mit besonderer Zurückhaltung. Die Hälfte der befragten Geschäftsleitungsmitglieder rechnet damit, dass grundlegende Veränderungen ihrer Branche durch generative KI noch ein bis drei Jahre benötigen werden. Ein knappes Drittel (30%) geht gar von mehr als drei Jahren aus. Nur 8 Prozent gehen davon aus, dass generative KI das Marktumfeld bereits transformiert hat. In den USA sind hingegen 22 Prozent dieser Meinung.

In welchen Bereichen Schweizer Unternehmen generative KI einsetzen – und wie weit sie sind. (Bild: www.deloitte.com)

Schweiz ist Schlusslicht

US-Unternehmen treiben die KI-Integration denn auch schneller voran als Schweizer Firmen: Fast die Hälfte (45%) hat ihre technische Infrastruktur bereits gut oder sehr gut auf die Einführung vorbereitet. In der Schweiz ist dies nur bei knapp einem Drittel der Fall (32%). Noch weiter sind europäische Unternehmen. Bei der Vorbereitung der Strategie, der Entwicklung der Fähigkeiten der Mitarbeitenden und beim Management der Daten liegen sie klar vor den USA und der Schweiz.

«Schweizer Unternehmen sind bei der Einführung von generativer KI noch zurückhaltend. Das beobachten wir auch in unserer Arbeit mit der Kundschaft. Bei der Informatik oder im Marketing sehen wir jedoch bereits einen vielversprechenden Einsatz von generativer KI», sagt Marc Beierschoder, Leiter KI & Data bei Deloitte Schweiz. Wie die Befragung unterstreicht, sind Projekte in den Bereichen IT und Cybersicherheit sowie im Marketing, Verkauf und Kundenservice am weitesten fortgeschritten. Bei KI-Tools für die Rechtsabteilung oder das Personal- und Finanzwesen befinden sich die meisten Firmen hingegen erst in der Evaluationsphase.

Geringe Investitionen und wenig Know-how

Die Umfrage liefert einige Erklärungsansätze für den Rückstand gegenüber dem Ausland. Zum einen investieren Schweizer Unternehmen relativ wenig in generative KI: Die Hälfte der Befragten verwendet nicht einmal 20 Prozent des gesamten KI-Budgets für die Technologie. In den USA und in Europa sind die Investitionen deutlich höher. Zum anderen mangelt es Schweizer Unternehmen an Fachwissen. Fast ein Viertel (24%) der Firmen gibt zu, dass man nur über wenig Expertise im Umgang mit der Technologie verfügt. In Europa ist dies lediglich bei 13 Prozent der Fall und in den USA bei 7 Prozent. Auch ist das Interesse des Managements an generativer KI in der Schweiz eher gering. Die Mehrheit der Befragten ist sich einig, dass das Thema intern mehr Aufmerksamkeit erhalten muss.

: Interner und externer Druck auf Schweizer Unternehmen zur Implementierung von generativen KI-Tools (Jahresvergleich). (Bild: www.deloitte.com)

Druck auf Schweizer Unternehmen wächst

Der Mangel an Kompetenzen und Fachkräften gehört für Schweizer Unternehmen somit auch zu den drei grössten Hürden bei der Integration der Technologie, neben dem Management der Risiken und den komplexen gesetzlichen Anforderungen. Im internationalen Vergleich fällt zudem auf, dass Schweizer Firmen stärkere kulturelle Widerstände unter den Mitarbeitenden beobachten.

«Um das grosse Potenzial der Technologie breit zu nutzen, gilt es interne Widerstände zu überwinden und mehr zu investieren. Die Zeit drängt, denn der Druck auf die Unternehmen nimmt zu», stellt Marc Beierschoder von Deloitte fest. Im Vergleich mit der Befragung vor einem Jahr spüren fast doppelt so viele Schweizer Unternehmen intern einen starken Handlungsbedarf, was die Einführung generativer KI-Tools anbelangt: Waren es im Vorjahr erst 18 Prozent, sind es mittlerweile bereits 34 Prozent. Noch höher ist der Druck von externer Seite, etwa durch Mitbewerbende oder Aktionärinnen und Aktionäre. Innert Jahresfrist ist dieser Wert markant angestiegen – von 18 auf 46 Prozent.

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