Fermentierte Getränke, smarte Laufschuhe und ergonomische Ständer: Die Highlights der Folge 6/5 von «Die Höhle der Löwen Schweiz»
In der fünften Folge von die Höhle der Löwen Schweiz trafen kreative und durchdachte Geschäftsideen auf die kritischen Augen der Investoren. Vom Kombucha-Getränk über ergonomische Laufschuhe bis hin zur innovativen Hallux-Manschette präsentierten die Gründer ihre Lösungen, um den Alltag gesünder und schmerzfreier zu gestalten. Einige Ideen stiessen auf Begeisterung, andere auf Zweifel, aber jeder Pitch brachte die Löwen ins Grübeln.
Perfekt designt, aber zu teuer?
Den Anfang der Sendung macht Julien Gallina aus Biel (BE), der mit seinem Startup Smart Stand einen ergonomischen Laptop-Ständer präsentiert. Seine Mission: mehr Komfort am Arbeitsplatz zu schaffen und gleichzeitig Rücken- und Nackenproblemen entgegenzuwirken. Besonders praktisch ist die «Travel»-Version, die Julien für das Arbeiten unterwegs entwickelt hat. Sie ist nicht nur extrem leicht, sondern lässt sich auch flach zusammenfalten und in der Tasche transportieren – ideal für mobile Berufstätige, die oft zwischen verschiedenen Arbeitsorten pendeln. Dank der Unterstützung der Wirtschaftsförderung Kanton Bern in der Höhe von 100’000 Franken konnte Julien seine Idee weiter vorantreiben und die Smart Stand Kollektion in einem eigenen Onlineshop sowie auf Verkaufsplattformen lancieren.
Für die nächste Wachstumsphase sucht er nun 100’000 Franken Kapital und bietet den Löwen dafür 16 % der Anteile an der neu gegründeten Smart Stand AG. Doch die Löwen sind kritisch. Tobias Reichmuth ist der erste, der Zweifel äussert: «Ich sehe hier nicht wahnsinnig viel Innovation», und steigt aus. Auch Felix Bertram ist skeptisch, ob die Halterung im Alltag wirklich praktikabel ist, da man zusätzlich eine externe Tastatur benötigt. Julien entgegnet, dass dies für Händler wie Brack.ch sogar ein zusätzlicher Verkaufsimpuls sein könnte, da die Kunden sich gleich mit einer Tastatur ausstatten könnten.
Während Tobias und Felix keine Investitionsmöglichkeit sehen, loben Lukas Speiser und Roland Brack das Design, insbesondere die leichte und faltbare Variante des «Travel»-Ständers. Lukas betont, dass er schon ähnliche Produkte getestet hat, aber noch keines, das so flach und leicht ist. Dennoch sind sich beide einig, dass der Preis von 129 Franken zu hoch ist. Julien erklärt, dass die Kosten aufgrund der derzeit geringen Produktionsmengen noch relativ hoch sind.
Trotz der technischen Finesse und des positiven Feedbacks zum Produkt blieben die Löwen letztlich bei ihrer Einschätzung, dass die Skalierbarkeit und Internationalisierbarkeit schwierig sei. Roland Brack sieht das Produkt zwar nicht als geeignetes Investment, stellt aber in Aussicht, dass der Smart Stand auf Brack.ch verkauft werden könnte.
Autos kaufen genauso einfach wie Schuhe
Mit Farie wollen Johannes Weirather, Tobias Peschke und Pascal Kappeler aus Bannwil (BE) den Gebrauchtwagenkauf revolutionieren. Ihr Ziel: den Kaufprozess komplett online abzuwickeln, inklusive Lieferung vor die Haustür, Garantie und Rückgabemöglichkeit innerhalb von 14 Tagen. Das Geschäftsmodell verspricht eine kundenfreundliche und unkomplizierte Lösung für den Occasionsmarkt. Für 150’000 Franken boten die Gründer den Löwen 1 % des Unternehmens an.
Johannes erklärt, wie aufwendig und nervenaufreibend der Kauf von Gebrauchtwagen bislang ist – von der Probefahrt über Verhandlungen bis hin zum Weiterverkauf des alten Fahrzeugs. Mit Farie sollen Kunden Zeit und Stress sparen. Jedes Fahrzeug durchläuft einen strengen 310-Punkte-Check, erhält eine Garantie und wird innerhalb von drei Tagen nach dem Kauf geliefert. Sollte der Wagen doch nicht passen, wird er kostenlos abgeholt – solange er weniger als 250 Kilometer gefahren wurde. «Autos kaufen so einfach wie Schuhe», lautet das Motto.
Der Schweizer Markt scheint bereit für das Konzept: Seit dem Start vor zweieinhalb Jahren hat Farie bereits 1’800 Fahrzeuge verkauft und 2022 einen Umsatz von 19,9 Millionen Franken erzielt. Auch 2023 waren es 20,5 Millionen Franken. Die Bruttomarge lag 2022 bei 1,2 Millionen Franken, 2023 aufgrund eines schwächeren Marktes bei 50’000 Franken.
Felix Bertram lobt das Konzept, sieht sich jedoch ausserstande, in den Automobilmarkt zu investieren. Auch Nicole Büttner steigt aus, da sie als überzeugte Nicht-Autofahrerin keinen passenden Bezug zum Geschäftsmodell hat. Lukas Speiser hingegen ist begeistert: «Ihr seid der Online-Marktplatz für Autos auf Steroiden.» Für ihn ist klar: Das Geschäftsmodell hat Potenzial. Die Farie-Gründer freuen sich über den Deal und sichern sich mit Lukas Speiser einen der führenden E-Commerce-Experten der Schweiz.
Mit einem Klick zum Erfolg?
Matthias Schmid aus Altdorf (UR) betritt die Höhle der Löwen mit einer Erfindung, die vor allem Hundeliebhaber anspricht: dem Clicino, einem Hundeklicker in Ringform. Der Klicker dient dazu, erwünschtes Verhalten bei Hunden zu verstärken – und Matthias hat es geschafft, daraus ein international erfolgreiches Geschäft zu machen. Der Vorteil seines Klickers gegenüber herkömmlichen Modellen liegt in der einfachen Handhabung: Der Clicino wird am Finger getragen, so dass der Hundebesitzer beide Hände frei hat, um den Hund zu führen oder ein Spielzeug zu halten. Durch die verbesserte Ergonomie sei das Timing, das beim Training entscheidend ist, deutlich präziser.
Matthias sucht ein Investment von 200’000 Franken für 15 % seiner Firma. Die Löwen sind beeindruckt von seinem internationalen Erfolg: Seit 2019 hat Matthias bereits knapp 60’000 Clicinos in rund 20 Ländern verkauft, darunter die USA, Kanada, Australien und viele europäische Länder. Der Verkaufspreis des Clicino beträgt 13.90 Franken. Die Produktionskosten belaufen sich auf 3.50 Franken pro Stück. «Ich hätte nicht erwartet, dass du so viele verkauft hast», staunt Roland Brack.
Auch Lukas Speiser zeigt sich von den Verkaufszahlen beeindruckt, äusserte jedoch Bedenken bezüglich der Bewertung des Unternehmens. «Du hast in vier Jahren etwa 500’000 Franken Umsatz gemacht. Wie kommst du auf die Bewertung von 1,4 Millionen?» Matthias erklärte, dass er mit professioneller Anleitung und der Unterstützung eines Investors das Potenzial sehe, deutlich mehr zu erreichen. Doch die hohe Bewertung und der fehlende Schutz vor möglichen Nachahmern machen die Löwen skeptisch.
Felix Bertram äussert Bedenken, dass das Produkt leicht kopierbar sei. Auch Lukas Speiser und Jürg Schwarzenbach sehen in der Bewertung von 1,4 Millionen Franken ein Problem und steigen aus. Roland Brack schliesst sich den anderen Löwen an, spricht jedoch ein grosses Lob aus: «Ich habe allergrössten Respekt vor dem, was du geleistet hast. Es hat heute als Investor nicht bei mir Klick gemacht, aber ich hoffe, dass ich den Clicino bald in unserem Sortiment sehe.»
Ein erfrischender Erfolg – aber mit Aktionärsproblem
Patrick Switzer, ehemaliger Skateboard-Downhill-Weltmeister aus Kanada, ist der Liebe wegen in die Schweiz gezogen und präsentiert den Löwen sein fermentiertes Grüntee-Getränk Nÿcha. Der von ihm auf den Markt gebrachte Kombucha begeistert die Löwen mit seinem erfrischenden Geschmack, aber nicht nur das. Patrick hat das Getränk im Alleingang und ohne grossen Vertrieb in den Schweizer Einzelhandel gebracht und beeindruckt damit die Investoren.
Switzer erklärt: «Nÿcha basiert auf Tee, ist kalorienarm, leicht koffeinhaltig und hat dank des natürlichen Fermentationsprozesses einen komplexen Geschmack bei geringem Alkoholgehalt. Es ist probiotisch, antioxidativ und vegan.» Der europäische Markt für Kombucha wächst und Switzer möchte in weitere Länder expandieren. Für diese Expansion sucht er 175’000 Franken und bietet dafür 10% Firmenanteile.
Nicole Büttner möchte wissen, was Nÿcha von anderen Produkten unterscheidet. Patrick erklärt, dass es sich um ein sehr natürliches Produkt mit hochwertigen Zutaten handelt, das preislich dennoch erschwinglich bleibt. Eine Flasche kostet im Detailhandel 3.45 Franken, in der Gastronomie bis zu 8 Franken, während die Produktionskosten pro Flasche bei 1.10 Franken liegen.
Die Aktionärsstruktur von Nÿcha bereitet den Löwen jedoch Sorgen. Patrick hält nur 33 Prozent am Unternehmen, obwohl er das operative Geschäft alleine leitet. Lukas Speiser sieht darin ein Problem: «Für uns als Investoren ist es wichtig, dass die treibende Kraft auch signifikant beteiligt ist.» Eine weitere Hürde für die Löwen ist der noch junge Markt in der Schweiz. Tom Zimmermann sieht das Wachstumspotenzial eher in der internationalen Expansion und steigt deshalb aus. Auch Bettina Hein und Nicole Büttner ziehen sich zurück, da sie ihre Expertise in anderen Bereichen sehen.
Felix Bertram hingegen ist beeindruckt von Patricks Werdegang und hat eine Schwäche für seine Geschichte. Als jemand, der jetzt auf Alkohol verzichtet, sieht er grosses Potenzial in Nÿcha. Felix macht ein Angebot: «Ich gebe dir die 175’000 Franken, möchte aber dafür 15 % der Firma.» Patrick nimmt das Angebot mit Freude an und sichert sich damit Felix Bertram als starken Partner, der das Getränk sogar in seinen eigenen Restaurants anbieten möchte.
Gute Schuhe, aber riskantes Geschäft
Michael Sommer aus Obfelden (ZH) präsentiert den Löwen einen neuartigen Laufschuh, der speziell auf die Laufgeschwindigkeit des Trägers abgestimmt ist. Mit den Vimazi-Schuhen, die es je nach Geschwindigkeit in verschiedenen Modellen gibt, spricht er vor allem Hobbyläufer an. Die Löwen probieren die Schuhe aus und finden die Idee gut, doch es gibt Bedenken.
Als exklusiver Distributor von Vimazi in Europa sucht er 250’000 Franken für 20 % der Firma, um das Geschäft weiter auszubauen. In der Schweiz hat er bereits erste Erfolge erzielt: Ein Warenlager und ein Online-Shop sind eingerichtet, und er konnte erste Händler und Zentralregulierungsverträge mit grossen Einzelhändlern abschliessen. Nun möchte er auf den europäischen Markt expandieren.
Bettina Hein fragt, wie die Vertriebsrechte genau aussehen. Michael erklärt, dass er einen Exklusivvertrag für 20 Jahre hat. Er betont, dass die gesamte Markenführung und die Finanzen in seiner Hand liegen. Die Löwen bezweifeln jedoch, wie viel Kontrolle er tatsächlich über die Marke hat.
Die Schuhe, die er für 240 Franken verkauft, kauft Michael für rund 25 % des Verkaufspreises beim Hersteller ein. Doch Roland Brack und Felix Bertram zeigen sich besorgt über die Abhängigkeit von einem Vertrag mit dem Hersteller. Brack erklärt, dass solche Verträge oft keine langfristige Sicherheit bieten: «Solche Verträge sind nicht mal das Papier wert, auf dem sie stehen, wenn der Hersteller die Bedingungen plötzlich ändert.» Felix Bertram stimmt zu und warnt: «Sie können dich auseinandernehmen, wenn sie wollen. Die 20 Jahre Garantie hast du einfach nicht.»
Obwohl die Löwen das Produkt für innovativ und gut halten, sehen sie zu viele Risiken im Geschäftsmodell. Bettina Hein und Jürg Schwarzenbach steigen aus, da sie das Potenzial der Marke nicht richtig einschätzen können und die Bewertung von 1,25 Millionen Franken zu hoch finden. Lukas Speiser erkennt zwar das Potenzial im wachsenden Markt für Laufschuhe, sieht jedoch keinen klaren Exit für einen Investor und ist daher ebenfalls raus.
Die ältesten Gründer der Höhle präsentieren ihr Produkt
Mit Halluxus betritt das älteste Gründerteam der Schweiz die Höhle der Löwen: Fernand Rohner, ein ehemaliger Lehrer, und seine ehemaligen Schüler Hans Peter Rohner, Jean-Marcel Rohner und sein Sohn Markus Tanner haben eine Manschette entwickelt, die Menschen mit Hallux valgus schmerzfreies Gehen ermöglicht. Fernand Rohner, heute 86 Jahre alt, begann aufgrund eigener Probleme mit seinem Hallux an einer Lösung zu arbeiten. Das Produkt besteht aus einer weichen Baumwollmanschette mit einer Kunststoffeinlage, die den Druck vom Hallux wegleitet und so Entzündungen vorbeugt. Die Manschette wird in Handarbeit im Appenzellerland hergestellt.
Für die Weiterentwicklung und den Ausbau des Geschäfts suchen die Gründer 200’000 Franken für 20 % der Halluxus GmbH. In den ersten drei Monaten haben sie dank starker Medienpräsenz einen Umsatz von rund 70’000 Franken erzielt, die Bruttomarge liegt bei 75-80%. Hauptabsatzkanal ist derzeit der eigene Webshop, ergänzt durch den Verkauf in einigen Drogerien und Fachgeschäften.
Die Löwen sind beeindruckt von der Energie und dem Unternehmergeist der älteren Gründer, aber es gibt auch Bedenken. Felix Bertram, der den medizinischen Nutzen des Produkts schätzt, ist der Meinung, dass der Preis gesenkt werden sollte, um mehr Kunden zu erreichen. Er schlägt einen Preis von 20 Franken vor. Lukas Speiser und Jürg Schwarzenbach hingegen finden den aktuellen Preis von knapp 40 bis 45 Franken angemessen, da die Menschen bereit seien, für die Linderung von Schmerzen mehr zu bezahlen.
Trotz des positiven Feedbacks und der überzeugenden Idee steigen die Löwen aufgrund der hohen Bewertung von einer Million Franken aus. Lukas Speiser ist beeindruckt von der Gründung im fortgeschrittenen Alter, findet aber, dass 70’000 Franken Umsatz eine so hohe Bewertung nicht rechtfertigen. Auch Roland Brack und Tobias Reichmuth erkennen das Potenzial des Produktes, empfehlen aber eine Zusammenarbeit mit etablierten Firmen im medizinischen Bereich, um das Produkt in Drogerien und Apotheken zu etablieren. Am Ende steigen alle Löwen aus, bewundern jedoch den unternehmerischen Geist und die Entschlossenheit des Teams.
Hier lässt sich die Sendung anschauen: https://www.oneplus.ch/catalog/1000604