59. Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft
Das 59. Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft (SMG) in Zürich mit rund 200 Teilnehmenden stand dieses Jahr unter dem Motto «Forward». Zukunftsfähige Lösungen für die Probleme unserer Zeit – die Auswahl der Möglichkeiten ist vielfältig.
Das Jahr 2023 war gezeichnet von tiefgreifenden geopolitischen Umwälzungen und globalen Herausforderungen. Wirtschaftliche Instabilität, steigende Inflationsraten, wachsender Kosten- und Innovationsdruck sowie zunehmende Cyberbedrohungen prägten das Umfeld. In diesem Kontext betont das SMG-Forum unter dem Leitmotiv «Forward» die Bedeutung des Voranschreitens. Sarah Kreienbühl, Präsidentin SMG und Mitglied der Geschäftsführung von Kühne + Nagel erläutert: «Sowohl der Natur als auch dem Menschen ist es gegeben, sich weiterzuentwickeln und mit neuen Lösungsansätzen auf Herausforderungen zu reagieren.»
Den Herausforderungen durch Partnerschaften und neuen Geschäftsmodellen begegnen
«Wir müssen das Unternehmen an die Bedingungen in dieser Welt anpassen. Dabei sprechen wir nicht von Change oder Transformation, sondern quasi von einer Neugründung. Wir müssen praktisch alles verändern.» Als Kerstin Hochmüller 2013 die Rolle des CEO bei der Marantec Group, einem bis dahin klassischen Familienunternehmen, übernahm, sah sie nicht nur sich, sondern die gesamte Branche mit massiven Herausforderungen konfrontiert: Kostendruck, Mobilitätswende, Arbeitskräftemangel und die Notwendigkeit, nachhaltig zu Wirtschaften.
Um diesen zu begegnen, braucht es ein komplett neues Unternehmensmodell, ist die Ansicht von Kerstin Hochmüller: «Der Satz ‘das haben wir schon immer so gemacht’ ist bei uns verboten». Eines der Kernelemente der neuen Geschäftsstrategie ist Co-Creation. Co-Creation beinhaltet nicht nur eine Auflösung interner Hierarchien zugunsten einer agilen, projektbezogenen Struktur, sondern auch Partnerschaften mit Wettbewerbern. Die Idee ist, dass man dem Innovationsdruck nicht länger durch Forschung und Entwicklung hinter verschlossenen Türen begegnen kann, sondern nur durch Zusammenarbeit mit Wettbewerbern und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Um diesen Prozess voranzubringen, gründete Kerstin Hochmüller die Initiative «Open Champion» bei dem Unternehmen gemeinsam neue Ideen entwickeln und validieren.
Fokusthema Future Banking
Bei einer Diskussion unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Bütler sprachen hochrangige Vertreter aus dem Banking über die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen. Fabian Schär betonte den enormen technologischen Druck und die Unsicherheiten, die er im Tagesgeschäft verursacht. Er plädierte für „Open Finance“, bei dem Kunden sich dezentral in das Bankgeschäft einbinden können. Marianne Wildi betonte, dass Banking ein Mittel zum Zweck ist, um Geschäfte abzuwickeln, und dass Vertrauen nicht allein durch Technologie geschaffen werden kann. Adriel Jost erwartet massive Veränderungen im Bankensektor aufgrund von Fintechs, die mehr Wettbewerb bringen werden. Die Einführung zentraler Digitalwährungen durch Notenbanken wird diese Entwicklung beschleunigen. Anke Bridge Haux sieht den Druck als Chance und betont die Bedeutung von Ökologie in der Bankenstrategie und die Möglichkeit, eine neue Kultur zu schaffen.
«Die Vogelwelt – idealer Sparringpartner für die Wirtschaft?»
Vögel begeistern nicht nur durch ihre Vielfalt. Es gibt 11‘000 verschiedene Vogelarten, die in Farbe, Verhalten oder Entwicklung unterschiedlich sind. Matthias Kestenholz weiss als Ornithologe und Vorsitzender der Institutsleitung der Schweizerischen Vogelwarte: «Vogelstimmen sind nachweislich positiv für das menschliche Wohlbefinden. Vögel sind die besten Sänger aus der Tierwelt.» Vorbildlich für die Wirtschaft war und ist der Flug der Vögel: «Vögel sind technische Vorbilder – sie waren ein Musterbeispiel für Leonardo da Vinci und die weitere Entwicklung.» Vögel sind auch wichtige Bioindikatoren – ein Frühwarnsystem, ein Gradmesser für unsere Nachhaltigkeit.
«Geht nicht, gibt’s nicht»
Von der Leidenschaft für die Fliegerei beflügelt, bildete sich Helene Niedhart zur Privat- und Linienpilotin aus und war in den 1980er Jahren eine der wenigen Berufspilotinnen der Schweiz. In Ermangelung einer Anstellung bei einer Schweizer Fluggesellschaft, gründete sie ihre eigene Airline. Die CAT Aviation AG umfasst heute 70 Mitarbeitende. «Wichtig waren die Ausdauer und vor allem immer finanzielle Unabhängigkeit zu bewahren. Obwohl wir gerne in der Luft sind, müssen wir mit dem Business auf dem Boden bleiben.» Das geflügelte Wort «Geht nicht, gibt’s nicht» setzte sie als Unternehmerin um. Aber «in der Luftfahrt muss man auch mal Nein sagen können.» Die Entwicklung zum volldigitalisierten Cockpit hat ihr keine Mühe bereitet: «Das war für mich hochspannend. Ich war immer neugierig und das Fliegen wurde dadurch einfacher.»
KI – eine Frage des «to be or not to be»?
Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein fernes Zukunftskonzept mehr, sondern eine aktuelle Realität, die unseren Alltag und die Geschäftswelt prägt – das war einer der Key-Take-aways des Beitrages von Sean Kask, Chief AI Strategy Officer von SAP. Mit dem Zitat «KI wird Menschen nicht ersetzen – aber Menschen mit KI werden jene ohne ersetzen», betonte Sean die Notwendigkeit, KI als unverzichtbares Werkzeug zu begreifen und zu nutzen. Für Unternehmen besteht eine Gefahr darin, die transformative Kraft der KI zu unterschätzen. Die generative KI wird nicht nur einzelne Branchen, sondern unsere gesamte Wirtschafts- und Arbeitswelt tiefgreifend verändern. «Diese Entwicklung ist real und sie vollzieht sich jetzt», so Sean Kask.
Für KMUs ist es deswegen entscheidend, die richtigen Fähigkeiten für den effizienten Einsatz von KI zu entwickeln. In einem ersten Schritt sollte man sich über die Anwendungsmöglichkeiten von KI in der jeweiligen Branche informieren. Bezüglich der Frage, welche Expertise man im Unternehmen haben muss, um KI effizient zu nutzen, verwies Sean auf «Prompting Skills» – also die Fähigkeit, KI-Systeme zielgerichtet und effektiv zu steuern – kombiniert mit einem soliden Geschäftssinn. Diese Skills ermöglichen es KMUs, KI-Technologien an ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen und sich durch die Technologie eröffnende Geschäftspotentiale zu begreifen.
«Dekarbonisierung: Probleme lösen sich nicht in Luft auf. Aber in Wasserstoff?»
Für Sopna Sury, COO Hydrogen bei RWE Generation SE, ist klar: «Ohne Wasserstoff gibt es keine Energiewende. Das Molekül ist Teil einer zukunftsgerichteten, klimaneutralen Lösung für die Industrie und die Versorgungssicherheit. Doch für den ‘Forward’-Erfolg braucht es schon heute Pragmatismus und Geschwindigkeit.» RWE ist heute noch einer der grössten CO2-Verursacher in Europa, hat aber seinen Ausstoss seit 2012 um 55 Prozent reduziert. Sury: «Klimaneutralität, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit lösen sich teilweise in grünem Wasserstoff auf.»
Fokusthema Wasserstoff
Wasserstoff-Pionier Patrick Huber, Verwaltungsratspräsident der H2 Energy Holding AG, streicht heraus, dass die Schweiz als einziges Land ein Ökosystem für Wasserstoff aufgebaut hat, das ohne Subventionen funktioniert. Neue Technologien und ihre Wirtschaftlichkeit stehen immer auf dem Prüfstand. Auf dem Weg zu einer H2-Wirtschaft begegnen wir noch verschiedenen Herausforderungen und Unbekanntem. Es braucht aber Unternehmen, die darüber nachdenken und es wagen, in die Richtung von Wasserstoff Energie zu gehen. Sopna Sury ergänzt: «Für die Infrastruktur von Wasserstoff können die Erdgasleitungen genutzt werden.» Der Umbau würde noch 15 bis 20 Prozent der Kosten benötigen, die für einen Neubau nötig wären. Die grosse Herausforderung stellt sich aktuell über ausreichend erneuerbare Energie zu verfügen. Auch bei der Produktion von grünem Wasserstoff.
«Immer vorwärts – selbst wenn man den Horizont nicht sehen kann»
Im Flachland aufgewachsen, hat Anja Blacha dem Ruf der Berge als Extremsportlerin gefolgt. 2020 wurde sie Weltrekordhalterin. Sie sagt: «Unsere Vergangenheit muss nicht bestimmen, was wir in Zukunft sind. Wenn wir uns trauen, den ersten Schritt zu gehen, können wir grössere Herausforderungen schaffen, als wir uns am Anfang hätten vorstellen können.» Und: «Fortschritt beginnt, wo das Vertraute endet.»
Quelle: www.smg.ch