IT-Branche als grösster Treiber von M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU
Nach einer starken Zunahme der M&A-Aktivitäten im Jahr 2021 – sowohl global als auch in der Schweiz – und den bereits 2021 verzeichneten neuen Rekordhöhen stieg die Anzahl Transaktionen von Schweizer KMU auch 2022 erneut. Kleine und mittlere Schweizer Unternehmen traten in insgesamt 244 Fällen entweder als Käufer auf oder wurden übernommen. Das sind rund 5 Prozent mehr Abschlüsse als im Vorjahr (233). Am stärksten wuchs die Anzahl Zukäufe von Schweizer KMU im Ausland. Dies zeigt eine Analyse von Deloitte.
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Die M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU erreichten gemäss einer Analyse des des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte 2022 einen neuen Höchststand. Die Anzahl M&A-Transaktionen mit Beteiligung von Schweizer KMU belief sich auf 244. Das sind 4,7% mehr als im Vorjahr. Grund dafür ist vor allem die hohe Zahl an grenzüberschreitenden Transaktionen, die über 70% aller Abschlüsse ausmachten. Von den 173 internationalen Transaktionen gingen 75 von Schweizer KMU aus, die eine Akquisition im Ausland tätigten – 25% mehr als 2021. Seit der Erstpublikation der Deloitte MidCap-M&A-Studie im Jahr 2013 haben noch nie so viele Schweizer KMU Unternehmen im Ausland gekauft. Die Anzahl inländischer Transaktionen sank um 7 Prozent auf 71. Die Studie zu M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU untersucht jeweils Fusions- und Übernahmetransaktionen (Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen) von kleinen und mittleren Schweizer Unternehmen zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember. Schon im ersten Halbjahr 2022 zeichnete sich eine hohe Zahl an KMU-Firmentransaktionen ab.
Schweizer KMU sind für Investoren immer noch attraktiv
Die Gesamtzahl der übernommenen Schweizer KMU fiel 2022 mit 169 lediglich um 2 Prozent geringer aus als im Vorjahr. Die Zahl der durch ausländische Unternehmen getätigten Übernahmen blieb mit 98 auf hohem Niveau beinahe stabil, nachdem sie 2021 um über einen Drittel angestiegen war. 65% der Käufer von Schweizer KMU waren Unternehmen aus Europa, die anderen Käufer stammten zum grössten Teil aus den USA (23%). Während die Gesamtzahl der M&A-Abschlüsse von Schweizer KMU im ersten Halbjahr 2022 mit 133 Transaktionen noch sehr hoch war, ging sie im zweiten Halbjahr aufgrund von Inflations- und Rezessionsängsten deutlich zurück (111 Transaktionen). Somit wurden nur 45% aller Transaktionen 2022 im zweiten Halbjahr aufgegleist. Das ist der tiefste Halbjahresanteil seit Beginn dieser Studienreihe im Jahr 2013. «Die weiter gestiegenen Übernahmeaktivitäten von Schweizer KMU sind ein Zeichen der robusten Schweizer Wirtschaft und der Innovationskraft unseres Standorts. Der starke Schweizer Franken und die im Ausland wesentlich stärker steigende Inflation haben zudem viele Schweizer KMU zu Akquisitionen veranlasst. Und Schweizer KMU waren für Investoren trotz der hohen Preise nach wie vor attraktiv», erklärt Anthony West, Partner und Leiter Corporate Finance Schweiz bei Deloitte.
IT-Branche mit Höchstwert an M&A-Aktivitäten
Die M&A-Aktivität der Schweizer TMT-Industrie (Technologie, Medien und Telekommunikation) erzielte 2022 einen neuen Höchstwert. Sie umfasste 62 Abschlüsse, die für 26% aller Transaktionen mit Schweizer KMU standen. 2021 lag der Anteil noch bei 23%. Bemerkenswert ist der Anteil des IT-Subsektors, dem mit 48 der Grossteil der TMT-Transaktionen zugewiesen werden kann. In der IT wurden anteilsmässig viel mehr Schweizer KMU von ausländischen Unternehmen gekauft (56%) als über alle Sektoren hinweg (40%). Das zeigt, dass die Schweizer IT-Branche in den letzten Jahren viele attraktive Unternehmen hervorgebracht hat. Ein Grund für das hohe Interesse an Schweizer IT-Dienstleistern dürften die grossen Fortschritte der Digitalisierung während der letzten Jahre und der Corona-Schub gewesen sein, die das Wachstum der IT-Dienstleister befeuert und auch zu vielen Neugründungen in der Schweiz geführt haben. Viele dieser Unternehmen bieten Dienstleistungen wie Cloudlösungen, Software as a Service (SaaS) oder Cyber-Security-Software an.
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«Um das Wachstum in der IT- und Tech-Branche voranzutreiben, sind talentierte IT-Spezialistinnen und -Spezialisten gefragt. Sie zählen zu den wichtigsten Ressourcen. In Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels sind KMU, die über solche Fachkräfte verfügen, äusserst attraktive Übernahmeziele. Auch Skalierbarkeit, hohes Wachstum sowie auf wiederkehrenden Einnahmen basierende Geschäftsmodelle machen Unternehmen äusserst attraktiv. Die aktive Start-up-Community in der Schweiz, die stark von der ETH und der EPFL gespeist wird, hat die Attraktivität von Schweizer IT-Unternehmen ebenfalls gestärkt», sagt Stephan Brücher, Partner Financial Advisory bei Deloitte Schweiz.
Private Equity stabil auf hohem Niveau
Die Fusions- und Übernahmetätigkeiten unter Beteiligung eines Private-Equity-Fonds blieben im Jahr 2022 auf einem hohen Niveau stabil, nachdem sie in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen waren. Bei 94 der gesamthaft 244 abgeschlossenen Transaktionen waren private Beteiligungsgesellschaften als Käuferin oder Verkäuferin involviert.
Weltweit gesehen war 2022 ein verhaltenes M&A-Jahr: Die weltweite Zahl der Transaktionen sank wegen eines starken Einbruchs im zweiten Semester von 62’193 auf 54’914. Der Appetit auf Verkäufe und Übernahmen liess aufgrund des widrigen globalen Wirtschaftsumfelds – mit Inflation, steigenden Zinsen und dem Krieg in der Ukraine – nach.
«Die Verlangsamung der M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU in der zweiten Jahreshälfte 2022 spiegelt den globalen Trend wider, der bereits Anfang des Jahres begann. Viele Ökonominnen und Ökonomen prognostizieren für 2023 aufgrund steigender Zinsen und einer weiterhin hohen Inflation eine wirtschaftliche Verlangsamung in den westlichen Volkswirtschaften. Diese Elemente schaffen ein Umfeld der Unsicherheit, das für M&A nicht förderlich ist. Abgesehen davon haben sich die Wirtschaftsdaten und die allgemeine Marktstimmung seit Beginn des Kalenderjahres besser als erwartet entwickelt. Dies könnte zu einem fruchtbaren Boden für anhaltende M&A-Aktivitäten führen», so Jean-François Lagassé, Partner Financial Advisory und Leiter Finanzindustrie bei Deloitte Schweiz.
Quelle: Deloitte