KMU-Tag 2018: Gross und klar denken – sicher entscheiden

Über 1200 Gäste fanden am 26. Oktober den Weg nach St.Gallen an den Schweizer KMU-Tag 2018. Das Thema lautete „KMU und Entscheidungen – was im Alltag (wirklich) zählt“. Sechs Gastreferenten näherten sich dem Thema aus unterschiedlicher Perspektive an. Moderiert wurde der Anlass durch Bernard Thurnheer.

Tobi Wolf durfte 1200 Besucher am KMU-Tag 2018 begrüssen. (Alle Bilder: Thomas Berner)

Tobi Wolf eröffnete als Gastgeber den KMU-Tag 2018. Er stellte auch die KMU-Tag-Studie, die zum Tagungsthema durchgeführt wurde, vor. Sie zeigt, dass Entscheidungen heute immer schneller und ohne vollständige Informationen getroffen werden müssen. Der Aspekt der Intuition – Bauchgefühl vs. Ratio – hat an Bedeutung gewonnen, so ein weiteres Fazit der Befragung unter aktuellen und ehemaligen Teilnehmenden des KMU-Tags. Allgemein zeigten sich KMU zufrieden mit der Entscheidungskultur in ihren Unternehmen. Doch womöglich würde sich mancher Unternehmer so etwas wie einen „Video-Beweis“ wie im Fussball wünschen, wo eine strittige Szene nochmals beurteilt und allenfalls neu entschieden werden kann. „Die Pflege einer Fehlerkultur ist ein Ansatz“, empfahl Tobi Wolf in seiner Eröffnungsansprache und riet zu mehr Mut, auch Fehlentscheide zuzulassen.

Auch am KMU-Tag 2018 ein Thema: Die Digitalisierung

Entscheide, vor allem rationale und faktenbasierte, werden inskünftig mehr und mehr von künstlicher Intelligenz abgenommen. Darüber sprach Prof. Dr. Elgar Fleisch, Professor für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen, in seinem Referat „Der digitale Bauch“. Dieser Titel implizierte, dass womöglich auch Maschinen dereinst emotional entscheiden können. Doch davon kann derzeit keine Rede sein: Maschinen sollen in erster Linie bestimmte Tätigkeit besser und perfekter ausführen können, als Menschen. Als Beispiel nannte Elgar Fleisch etwa die Bilderkennung. Diese sei eine Schlüsseltechnologie, etwa für die Entwicklung selbstfahrender Fahrzeuge. Doch überall bei der Digitalisierung gehe es auch in Zukunft nicht ohne den Menschen. „Digital und physisch wachsen zusammen zu hybriden Lösungen“, so Elgar Fleisch. Der Mensch übernehme weiterhin den „Hausverstand“, den eine Maschine nicht haben kann, es brauche Regelungen, welche Ethik eine Maschine haben muss.

Digitalisierung spielt auch für ein Traditionsprodukt wie das „Basler Läckerli“ eine Rolle. Das wurde aus dem Vortrag von Miriam Baumann-Blocher, Inhaberin, Geschäftsführerin und VR-Präsidentin der Läckerli Huus AG, deutlich. Insbesondere der Verkauf finde immer mehr über Online-Kanäle statt, doch trotzdem habe der traditionelle direkte Kundenkontakt an den Verkaufsstellen immer noch einen höheren Stellenwert. Mit neuen Produkten, etwa Schokolade, sollen auch neue Kundensegmente angesprochen werden, wie die Referentin erläuterte. „Wir entscheiden uns für Tradition und Innovation“, so Miriam Baumann, die sich im anschliessenden Gespräch als „Nicht-Risiko-Typ“ bezeichnete.

Maschinen nicht dämonisieren – Natur nicht überhöhen

Einen eigentlichen „Weckruf“ ans Publikum richtete Myriam Locher, Gründerin und CEO von Bettermind, und zeigte, wie künstliche Intelligenz und beibringt, grösser zu denken. „Die Rhetorik um den digitalen Wandel ist noch zu friedlich“, sagte sie gleich zu Beginn. „Ich glaube nicht an die Ruhe, die hier noch herrscht“. Denn: Künstliche Intelligenz wird bis 2030 für einen Wachstumsschub im Volumen von 15,7 Billionen (sic!) US-Dollars sorgen. Bedauerlich sei aber, dass Maschinen immer noch zu stark dämonisiert würden, führte Myriam Locher aus. Sie beschönigte nicht, dass Automatisierung und Digitalisierung Arbeitsplätze kosten wird. Weitsicht sei deshalb nötig, um vorbereitet zu sein, wenn dann der grosse Schub wirklich kommt. An die Unternehmer, die aktiv den digitalen Wandel mitgestalten wollen, appellierte sie: „Change ist keine tolle Sache. Aber halten Sie durch, bis der Durchbruch kommt. Denn wenn etwas gleich am Anfang funktioniert, dann haben Sie womöglich zu wenig gross gedacht.“

Myriam Locher appellierte ans Publikum, die Chancen der künstlichen Intelligenz noch besser zu nutzen.

Einen Kontrapunkt dazu bildete der Multivisions-Vortrag von Hansjörg Hinrichs. „Wie entscheidet man in der Südsee?“ war das Thema seiner Ausführungen. Einige seiner Erfahrungen aus seinen vielen Reisen zu den Naturvölkern des Pazifikraums teilte er mit dem Publikum. Die Quintessenz: Entscheide werden bei Naturvölkern im Gespräch unter den Stammesältesten gefällt. Über Entscheidungen wird nachgedacht, aber irgendwann muss eine Aktion erfolgen – ganz im Sinne einer Intuition für den richtigen Moment. Dem Publikum auf den Weg gab Hansjörg Hinrichs: „Wenn wir es schaffen, unser Tempo in Rhythmus umzubauen, dann stimmt das Mass wieder.“

„Privileg, entscheiden zu dürfen“

Den letzten Referateteil bestritten Buchautor Rolf Dobelli und der ehemalige Spitzenschiedsrichter Markus Merk. Ersterer erläuterte locker, aber einleuchtend die «Kunst des klaren Denkens», indem er typische Fehler im Alltag entlarvte. „Wenn Sie die Fehler nicht haarklein analysieren, werden Sie sie immer wieder machen“, gab der Erfolgsautor zu bedenken. Markus Merk wiederum gab enthusiastisch und mit vielen Beispielen aus seiner internationalen Karriere wichtige Hinweise dafür, wie man auch in Unternehmen «sich(er) entscheiden» kann. Analog zu seiner Tätigkeit als Schiedsrichter gelte es, permanent in Spannungsfeldern zu sein, aber Spielräume als Chancen zu nutzen. Und letztlich sei es ein Privileg, entscheiden zu dürfen.

Podiumsgespräch am KMU-Tag 2018: Moderator Bernard Thurnheer (Mitte) unterhält sich mit Markus Merk (links) und Rolf Dobelli (rechts).

Ganz in diesem Sinne verstanden werden kann auch der aktuelle KMU-Ratgeber, den Organisatoren des KMU-Tag 2018 den Besucherinnen und Besuchern auf den Weg gaben: Die Autoren Urs Fueglistaller, Roger Tinner, Walter Weber und Tobias Wolf geben zu 7 x 3 Fragen konkrete Antworten und pragmatische Tipps und Hinweise zum «Startup-Spirit in KMU». Der Ratgeber geht der Frage nach, in welchen Bereichen klassische Klein- und Mittelunternehmen von ganz jungen Startups, deren Strategien und Grundlagen profitieren können. Handlich und lesbar in kleinen Häppchen als Bett- oder Pausenlektüre. Zu bestellen über info@kmu-tag.ch.

Der nächste KMU-Tag findet am 25. Oktober 2019 statt. Weitere Informationen: www.kmu-tag.ch

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