Business Day: Der Schlagabtausch und die Einigkeit – ohne Digitalisierung geht es nicht
Am 14. September fand in Luzern der 2. Business Day der Swissmechanic statt. Mehr als dreimal so viele Besucher kamen, um sich über die Gefahren und Chancen der Digitalisierung und der Industrie 4.0 zu informieren. Aufeinander trafen KMU, Banken, Politiker, Grossunternehmen, Forschung und Interessensvertreter, alle engagiert, passioniert und auch kritisch.
Der Auftakt am diesjährigen Business Day war kritisch und politisch: Der Swissmechanic Präsident Roland Goethe forderte: 1) Die Mobilisierung der Geschäftsbanken für KMU. 2) Die Liberalisierung des Finanzmarktes durch die Gleichberechtigung der FinTech als Alternative zu den Geschäftsbanken. 3) Eine realistische und faire Chance für diejenigen KMU, welche durch einen Kredit als Anschubinvestition die Hürde Digitalisierung und Automation überwinden können. „Auf der einen Seite ist das Geld in der Schweiz reichlich vorhanden. Auch private Investoren und Institutionen würden gerne zu guten Zinsen anlegen. Auf der anderen Seite gibt es KMU, die dieses Geld nötig brauchen und gewillt sind, dafür Zinsen zu zahlen. Dafür brauchen unsere Familienunternehmen neue, digitale, wirtschaftliche Lösungen, denn es ist ein Strukturproblem des Kapitalmarktes. Das Geld kommt nicht mehr zu denjenigen, welche es brauchen, und die Anleger bekommen zu wenig Zinsen. Nicht nur in der Industrie muss ein Strukturwandel stattfinden“. Nach diesem politischem Auftakt gliederte sich die Veranstaltung in drei Podien: Innovation, Umsetzung und Finanzierung, mit mehr als unterschiedlichen Vertretern.
Marketing 4.0 am Business Day
Das erste Forum des Business Days eröffnete die Studie und das Praxisprojekt von Herrn Prof. Peter Jaeschke von der Fachhochschule St. Gallen mit der Swissmechanic. Er betonte, dass KMU klar definierte und kommunizierte Ziele brauchen, um erfolgreich zu sein, sowohl bei der Implementierung als auch bei der Finanzierung. Ausserdem stellte er das gemeinsame Projekt DigiNav vor, welches KMU mithilfe von Umfragen und Studien bei dem neuen Sprung ins kalte Wasser der Industrie 4.0 helfen soll. Zusammengefasst muss die Firmenkultur auf Veränderung eingestellt sein. „Ideen bekommen kann nicht verordnet werden, nur gefördert“. Um eben diese Firmenkultur drehte es sich auch dem Vortrag von Otto Hofstetter, CEO der Hofstetter AG. Er beschrieb den Einfluss von Werbung auf die Gesellschaft und wie die Digitalisierung auch das Marketing beeinflusst. In diesem Zusammenhang beschrieb er Marketing 4.0 und stellte klar, dass sein Unternehmen 0,6 – 0,7 % des Umsatzes wieder in die Werbung für neue Geschäfte direkt reinvestiert. Ein Praxisbeispiel angewandter Werbung bot Smovie. Eine Firma die Imagefilme per Natel anbietet, die ein jeder selber drehen kann. Diese Podiumsdiskussion bot zusammengefasst folgende Statements: Patrick Berhalter, CEO Berhalter AG, Digital Expert der Swissmechanic: „Man muss Plattformen ganzheitlich optimieren. Wenn man da nicht mitmacht, dann bleibt man liegen.“ Andreas Rauch, von GF Fischer betonte: „Die ganze Organisation muss funktionieren, wenn man das Kundenvertrauen aus der realen in die digitale Welt transformieren will.“ Diese beiden Aussagen fassen die allgemeine Auffassung zur Firmenkultur zusammen: Der Mensch ist und muss Basis der digitalen Transformation sein- ohne diese Verbindung bleibt die Digitalisierung sinn- und nutzlos.
„Ohne Daten sind wir nix“
Das anschliessende Forum wurde von CVP-Präsident Gerhard Pfister eingeleitet. In seiner Rede sprach er parteiübergreifend über die Probleme der Kreditklemme und der Verbindung von Wissen, Tradition und Beruf. Bei der Kreditklemme stellte er klar, dass zwar genügend Geld in der Schweiz vorhanden sei, jedoch nicht bei den richtigen, nämlich den KMU, ankäme. In diesem Sinne stellte er auch die Idee eines KMU-Fonds vor und plädierte für eine Finanzhilfe für gewerbeorientierte Bürgschaftsgenossenschaften.
Herr Wisard von der Tectris AG berichtete, wie die Fabrik seines Unternehmens im Juli komplett abbrannte und die Digitalisierung respektive das Speichern von Daten den Wiederaufbau nicht nur extrem vereinfachte, sondern Bedingung für dessen Fortbestand an sich war. Er ist der Überzeugung, dass Daten mehr wert sind, als Maschinen, weil sie nur dadurch einen Recoveryplan entwerfen konnten und so auch ohne ihren Maschinenpark überleben bzw. die Maschinen nachkaufen konnten – die Daten nicht. Schön zusammengefasst von Herrn Wisard: „Ohne Daten sind wir nix!“
Einig ist man, dass die Unternehmenskultur eine enorm wichtige Rolle spielt und damit einhergehend Teamarbeit und Zusammenhalt. Dies vor allem, weil sich Anforderungen an Mitarbeitende immer schneller und rasanter entwickeln.
Gegen die Kreditklemme
Die abschliessende Runde am Business Day eröffnete FDP-Ständerat Ruedi Noser. Er stellte zunächst die Finanzierung von Digitalisierung als riesiges Problem dar, auch weil er durch die digitale Verfügbarkeit von Daten Raubkopie befürchtete. Des Weiteren betonte er, dass er bei den Finanzierungsproblemen eher die KMU in die Pflicht nehmen wolle. Viele hätten keinen vernünftigen Business Plan oder wollten Finanzierung für Projekte, die sie selber nicht finanzieren würden. Er hob jedoch hervor, dass er die Regulierung der Banken als eine der Hauptursache sieht für die mangelnde Kreditvergabe an KMU. Er führte Probleme wie die Standortfrage auf und stellte klar, dass Lösungen mit den Mitteln des Marktes zu suchen seien. In diesem Sinn nannte er die Idee eines Fonds auch idiotisch.
Daraufhin kam Alwin Meyer von swisspeers. Er stellte das Prinzip des Crowdsourcing und den daraus entstandenen Crowdlending etc. vor. Er erklärte wie diese Methoden mittels Plattformen wie swisspeers genutzt werden können, um die KMU-Finanzierung anzukurbeln oder in seinen Worten: „Wir wollen den illiquiden KMU-Kreditmarkt wieder liquide kriegen“. Des Weiteren sah er auch den sog. Investitionsimperativ, den er so beschrieb: „Bei Digitalisierung habe ich einmal die Chance. Entweder ich bin dabei oder nicht.“ Er erklärte auch, wie swisspeers aufgrund des Losgrössenproblems der Banken so erfolgreich sein kann und weswegen das gut für Investoren ist: Rendite und Diversifikation.
Zu der abschliessenden Podiumsrunde kam noch Attilio Zanetti von der SNB dazu. Es entwickelte sich ein interessanter Schlagabtausch zwischen den Herren Zanetti, Noser und Meyer. Hauptthema war dabei die Regulierung der Banken und die Sinnhaftigkeit von Banken. Während Ruedi Noser am liebsten keine Regulierung mehr hätte, bestand Alwin Meyer eher auf eine moderatere Lösung und einen Ausbau der FinTech. Attilio Zanetti nahm auch in der Diskussion häufig die neutrale Position der Notenbank ein und betonte die Wichtigkeit von Regularien zum Erhalt unserer Wirtschaft nach der Finanzkrise.