Lohngleichheit: Es ist eben doch nicht „alles in Ordnung“

Eine im Auftrag des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes durchgeführte Studie liess durchblicken, dass ein Grossteil der Schweizer Unternehmen die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern einhalten würden. Allerdings vermittelte diese Studie ein verzerrtes Bild. Denn in der Realität sieht es noch ganz anders aus, wie eine Stellungnahme von Lisa Rubli, CEO der Organisation Equal Salary, zeigt.

Die Lohngleichheit sei in vielen Unternehmen gewährleistet, aber längst nicht in allen… (Bild: Pixabay.com)

Im Vorfeld des diesjährigen Frauenstreiktags vom 14. Juni 2023 hatte der Schweizerische Arbeitgeberverband eine Studie veröffentlicht, die aufzeigen sollte, dass die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern inzwischen sozusagen „Normalfall“ ist. Auch wir berichteten an dieser Stelle darüber. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die Studie nur einen Ausschnitt der Realität zeigt und nicht als Nachweis dienen kann, dass in Sachen Lohngleichheit „alles in Ordnung“ sei. In diese Richtung geht auch die Stellungnahme von Lisa Rubli, CEO der Stiftung Equal Salary. Diese Organisation zertifiziert Unternehmen, die nachweislich Frauen und Männer gerecht bezahlen.

Lisa Rubli kritisiert sowohl Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie wie auch deren Aussagekraft: „Ja, 99,3% der untersuchten Unternehmen halten das Gleichstellungsgesetz ein. So weit, so gut. Aber genau hier muss man etwas genauer hinschauen. Ein ‚kleines‘ Detail fällt schnell auf: Die Stichprobe ist verzerrt! Erstens: Es haben nur 615 der 2144 angeschriebenen Unternehmen auf diese freiwillige Umfrage geantwortet, 461 davon wurden für die Studie ausgewählt. Es stellt sich unweigerlich die Frage, wer die Unternehmen sind, die ihre Ergebnisse auf freiwilliger Basis melden. Zweitens: Nur Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitende in der Schweiz sind dem Gesetz unterworfen. Sie machen gerade 1% der Schweizer Unternehmen aus. Die 461 untersuchten Unternehmen machen 0,08% aus. Ist diese Stichprobe wirklich repräsentativ? Ein letzter Punkt: Die Datenerhebung beruht auf Selbstdeklaration und wird nicht überprüft. Laut der
Universität St. Gallen kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Berechnungsmethode nicht korrekt angewendet wurde oder dass die übermittelten Informationen (absichtlich oder unabsichtlich) falsch oder lückenhaft waren. Sind die Ergebnisse zuverlässig?“ Über diese Fragen gelte es kritisch nachzudenken. Und weiter: „Letztendlich ist die von der SAV in Auftrag gegebene Studie nicht nur voreingenommen, sondern sie wurde vor allem instrumentalisiert. Die zahlreichen Auszüge wie ‚In überwältigender Mehrheit haben die grossen Schweizer Unternehmen ein faires Lohnsystem‘ und die am Vorabend des 14. Juni von den Kritiker/-innen der Gleichstellung lautstark vorgebrachten Resultate, zielen darauf ab, die Lohnungleichheit zu leugnen und die feministischen Kämpfe herabzusetzen. Laut dem BFS, welches auch Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitende berücksichtigt, liegt der Lohnunterschied im Jahr 2020 immer noch bei 18%. Von diesen 18% sind 47,8% geschlechtsspezifisch. In der Schweiz verdient eine Frau bei gleicher Arbeit, gleichem Arbeitspensum, gleicher Ausbildung, gleichem Pflichtenheft und gleicher Leistung 717 Franken weniger pro Monat als ein Mann. Dies aus dem einfachen Grund, dass sie eine Frau ist.“

Es ist also längst nicht alles in Ordnung, und kritisches Hinschauen auch durch die Presse ist angebracht…

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