Erhebung zeigt: Lohngleichheit ist vielerorts Realität

Eine vom Schweizerischen Arbeitgeberverband in Auftrag gegebene Erhebung der Universität St. Gallen zeigt, dass 99,3 Prozent der ausgewerteten Unternehmen das Gleichstellungsgesetz einhalten. Gleichwohl sind weitere Anstrengungen angezeigt, um die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern weiter zu verringern.

Die Lohngleichheit ist in vielen Unternehmen gewährleistet, wie eine neue Erhebung zeigt. (Bild: Pixabay.com)

Einen Tag vor dem sog. „Feministischen Streik 2023“, der am 14. Juni mit landesweiten Aktionen auf eine nach wie vor vorhandene Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern hinweisen soll, zeigt die aktuelle Lohngleichheitserhebung, dass zumindest bei den Gehältern nicht mehr pauschal von einer Diskriminierung von Frauen gesprochen werden kann. Das Competence Centre for Diversity and Inclusion (CCDI) der Universität St. Gallen hat nämlich im Auftrag des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV) eine Umfrage bei Unternehmen mit 100 und mehr Mitarbeitenden durchgeführt. Dabei konnten die Ergebnisse der betrieblichen Lohngleichheitsanalysen von insgesamt 615 Unternehmen mit rund 550’000 Mitarbeitenden zusammengetragen werden. Mit der Erhebung werden rund 10 Prozent der Unternehmen, die eine Lohngleichheitsanalyse durchführen mussten, abgedeckt. Die Auswertung des CCDI hat sich auf jene Unternehmen fokussiert, welche Logib, das Lohngleichheitsinstrument des Bundes, verwenden. Diese Methode wurde von 461 der befragten Unternehmen angewandt. Aber auch bei jenen Unternehmen, die nicht Logib für die Lohngleichheitsanalyse verwenden, zeige sich, dass die Vorgaben des Bundes weitgehend eingehalten würden. Gemäss der Auswertung weisen 89 Prozent der Unternehmen, die nicht Logib verwendet haben, keinen Geschlechtereffekt auf.

Unerklärte Lohndifferenz von 3,3 Prozent

Unter Berücksichtigung der berufsspezifischen und persönlichen Merkmale zeigt die Datensammlung eine durchschnittliche unerklärte Lohndifferenz von 3,3 Prozent. Von jenen 461 Unternehmen, die Logib verwendeten, halten 458 Unternehmen die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes ein – dies entspricht einem Wert von 99,3 Prozent. Nur 3 Unternehmen haben die vom Bund festgelegte Toleranzschwelle von 5 Prozent überschritten.

Die Erhebung zeigt also, dass die Vorgaben des Bundes sowohl über die Branchen als auch über die Regionen hinweg in den allermeisten Fällen eingehalten werden. Zwar gibt es Unterschiede, diese bewegen sich jedoch in einem sehr engen Band und innerhalb der Toleranzschwelle. Indes gilt es zu relativieren: Die Erhebung deckt nur einen Bruchteil aller Unternehmen ab, nicht erfasst sind zudem auch Arbeitnehmende in der öffentlichen Verwaltung, also bei Bund, Kantonen und Gemeinden.

Arbeitgeber halten sich an ihre Pflichten

Auch wenn die Erhebung nur Unternehmen aus dem privaten Sektor berücksichtigt, sehen sich die Arbeitgeber durch diese positiven Resultate in mehrerlei Hinsicht bestätigt. Die Erhebung beweise, dass die Zahlen zur unerklärten Lohndifferenz, welche die Gewerkschaftsseite in der politischen Debatte verwenden, überrissen sind, so der Schweizerische Arbeitgeberverband. Gleichzeitig zeige sich, dass die betriebliche Realität in Sachen Lohngleichheit deutlich positiver aussieht, als es die Zahlen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung LSE des Bundesamtes für Statistik erahnen lassen. Der SAV erwartet, dass diese positiven Zahlen aus der betrieblichen Realität auch in die politische Debatte einfliessen. “Die Unternehmen haben in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts zu verhindern”, erklärt SAV-Präsident Valentin Vogt.

Weiter an der Lohngleichheit arbeiten

Gleichwohl räumen auch die Arbeitgeber ein, dass weitere Anstrengungen angezeigt seien, um die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern weiter zu verringern. Dabei gelte es bei den Ursachen anzusetzen, so der SAV in seiner Stellungnahme zu den Ergebnissen der Auswertung. Dazu gehöre im Wesentlichen, dass Frauen im Vergleich zu den Männern deutlich häufiger Erwerbsunterbrüche aufweisen. In Anbetracht dessen gelte es Rahmenbedingen zu schaffen, die es Frauen ermöglichen, auf gleiche Weise wie die Männer am Erwerbsleben teilzunehmen – die Vereinbarkeit von Privatem und Beruf sei hierbei wichtig. “Wenn zudem Frauen vermehrt auch in bisher von Männern dominierten Berufen vordringen, um dort eine berufliche Karriere anzustreben, werden sich die Lohnunterschiede in den nächsten Jahren weiter verringern”, erklärt Daniella Lützelschwab, Leiterin Ressort Arbeitsmarkt des SAV.

Quelle und weitere Informationen: Schweizerischer Arbeitgeberverband

 

Erklärbare und unerklärbare Lohndifferenz
Bestehen Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern, heisst dies nicht, dass eine Diskriminierung vorliegt. So führen berufsspezifische und persönliche Merkmale, zu einem Unterschied bei den Löhnen. Dieser sogenannte erklärbare Lohnunterschied berücksichtigt Merkmale wie die Hierarchiestufe, die Ausbildung oder die potenzielle Berufserfahrung. Wenn nach Abzug dieser zugelassenen, erklärbaren Kriterien noch eine Lohndifferenz übrigbleibt, spricht man von der unerklärbaren Lohndifferenz. Eine unerklärbare Lohndifferenz lässt nicht automatisch auf eine Lohndiskriminierung schliessen, weil es noch weitere lohnrelevante Kriterien gibt, die nicht berücksichtigt werden.

Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE) und betriebliche Lohnanalysen
Die LSE des Bundesamtes für Statistik wird als nationale Analyse von Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern geführt. Hier werden Arbeitnehmende mit ähnlichen Merkmalen über alle Unternehmen hinweg verglichen. Demgegenüber werden die Arbeitnehmenden bei der betrieblichen Lohngleichheitsanalyse nur mit Arbeitnehmenden im selben Betrieb und mit ähnlichen Merkmalen verglichen. Dadurch wird die unternehmensinterne Analyse nicht durch allfällige Unterschiede der Lohnniveaus zwischen den Unternehmen beeinflusst. Die Unterschiede in der Methodik führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Die unternehmensinternen Lohngleichheitsanalysen geben somit ein deutlich besseres Abbild zur betrieblichen Realität.

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